Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

662 Gemeinheitsteilungen usw. in den nichtlandrechtl. Prov. mit Ausschl. d. Prov. Hannover. 
dem Untausche Ackerländereien betroffen, so 
ist Voraussetzung, daß der Antrag auf Servitut— 
befreiung, sofern er von Besitzern der in der 
beteiligten Gemarbung kiegenden Grundstücke 
gestellt wird, von den Besitzern mindestens des 
vierten Teiles — der Fläche nach berechnet — 
dieser Ackherländereien ausgeht. Werden von 
der als selbständige Maßregel durchgeführten 
Zusammenlegung Grundstücke betroffen, welche 
einer gemeinschaftlichen, nach der V. vom 
13. Aa# 1867 aufhebbaren gemeinschaftlichen 
Benutzung unterliegen, so muß die Servitut- 
ablösung oder Teilung gleichzeitig mit der Zu- 
sammenlegung bewirkt werden. Im übrigen 
gelten auch hier ungefähr dieselben Grund- 
sätze wie im Gebiete des rheinischen Rechts. 
C. Reg.-Bez. Wiesbaden mit Aus- 
schluß des Kreises Biedenkopf. In diesem 
Bezirke besteht eine gesonderte Gesetzgebung 
für die Servitutablösung und Gem T. einer- 
seits und die wirtschaftliche Zusammenlegung 
andererseits. Für erstere ist maßgebend die 
Gem TO. vom 5. April 1869 (GS. 526), die 
wegen der Ahnlichkeit der land= und forst- 
wirtschaftlichen Verhältnisse im Reg.-Bez. Wies- 
baden mit denen in dem angrenzenden ost- 
rheinischen Teile des Reg.-Bez. Koblenz der in 
letzterem geltenden Gem TO. vom 19. Mai 1851 
in den wesentlichen Punkten nachgebildet ist. 
Vach ihren Vorschriften findet gemäß §1 statt: 
a) die Ablösung der als Dienstbarkeit (Ser- 
vitut) auf dem Grundeigentum bestehenden 
Auutzungsberechtigungen zur Weide, zur Mast, 
zum Bezuge oder Mitgenuß von Holz, Lohe 
und Streu, zum Plaggen-, Rasen= und Bülten- 
hieb, zum Grasschnitt und zur Autzung von 
Schilf, Binsen oder Rohr auf Ländereien und 
Privatgewässern aller Art, zum Pflücken des 
Grases (Grasrupfen) und des Unkrauts, letz- 
teres in den bestellten Feldern (zum Krauten), 
zum Pferch, zur Fischerei in stehenden oder 
fließenden Privatgewässern; b) die Teilung 
von Grundstücken, welche von mehreren Mit- 
eigentümern ungeteilt besessen und durch ge- 
meinsame Ausübung einer oder mehrerer der 
nachbenannten Autzungen: Weide, Grasschnitt, 
Waldmast, Holz= oder Streunutzungen, Plag- 
gen-, Rasen= und Bültenhieb, Torfnutzung be- 
nutzt werden. Die oben (A 1) wiedergegebenen, 
im Gebiete des rheinischen Rechts hinsichtlich 
des Gemeindevermögens, des Antragsrechts, 
der Feststellung der Teilnahmerechte, der Tei- 
lungsgrundsätze, der Wirkung der Auseinander- 
setzung und der Einführung neuer Nutzungsrechte 
geltenden Bestimmungen finden mit der Maß- 
abe Anwendung= daß den Interessenten einer 
blösung oder Teilung gestattet ist, in Ver- 
bindung mit einer solchen auch ihre dabei 
nicht beteiligten Grundstücke dem Umtausch 
zur Herstellung einer wirtschaftlichen Lage zu 
unterwerfen. Mit einer solchen beiläufigen 
Umlegung ist aber nur dann vorzugehen, 
wenn ein Viertel der Interessenten darüber 
einverstanden ist. Ferner findet die Abweichung 
statt, daß Geldrente nicht nur für Dienstbar- 
beitsrechte zur Mast, zum Pferch und zur 
Fischerei, sondern auch für urkundlich verliehene 
feste Bau-, Autz= und Brennholzabgaben zu 
geben und anzunehmen ist. Die Zusammen- 
  
  
  
  
  
  
  
legung wird als Konsolidation ausgeführt. 
Sie ist geregelt durch die V. vom 2. Sept. 1867 
(GS. 1462). Diese hat die V. des herzogl. 
nass. St M. vom 12. Sept. 1829 (Nass VBl. 
von 1829 S. 65) und die dazu ergangenen 
ergänzenden und abändernden Vorschriften für 
maßgebend erklärt, aber in einigen Punkten 
abgeändert. Weitere Anderungen sind in dem 
G. vom 21. März 1887 (GS. 61) und vom 
4. Aug. 1904 (GS. 191) enthalten. Danach 
findet die Konsolidation einer Gemarkung 
oder einer Gemarkungsabteilung statt, wenn 
sie von den Besitzern von mehr als der Hälfte 
der nach dem Stochbuche, oder soweit das 
Grundbuch bereits angelegt ist, nach dem 
Grundsteuerkataster berechneten Fläche der be- 
teiligten Grundstücke beantragt wird. Aus- 
geschlossen bleiben alle Waldungen und Hau- 
berge, sofern nicht die Regierung ihre Zu- 
ziehung genehmigt, sowie die Weinberge, 
insoweit sie der Gewannenanlegung nicht 
hinderlich sind, endlich Städte, Flecken und 
Dörfer, jedoch können der Dorfbering oder 
die Hofraiten mit ihren Gärten und Baum- 
stüchen für sich besonders konsolidiert werden. 
Die Konsolidation bezweckht: 1. eine allge- 
meine Feldverbesserung, die „Feldregu- 
lierung", und zwar durch eine zwechmäßige 
Umgestaltung der bereits vorhandenen Kultur- 
arten und Abgrenzung der neu herzustellenden 
Kulturabschnitte, ferner durch Vornahme der 
erforderlichen oder doch wünschenswerten Me- 
liorationen — Wege, Brücken, Dämme, Ent- 
wässerungszüge, Bewässerungsanlagen, Um- 
wandlung von Acker in Wiese und umgekehrt, 
Abholzungen unwirtschaftlich einspringender 
Waldechken u. dgl. m. —, endlich durch eine 
neue Gewannenbildung, d. h. Herstellung solcher 
Abteilungen, daß die darin befindlichen ein- 
zelnen Parzellen eine regelmäßige wirtschaft- 
liche Form erhalten; 2. eine neue Vertei- 
teilung des Grund und Bodens. Bei 
der Feldregulierung wird die umzulegende 
Fläche behandelt, als ob sie in der Hand 
eines Besitzers wäre, der sie in jeder Be- 
ziehung so einrichten will, wie das wirtschaft- 
lich am zwechmäßigsten ist; bei der neuen Ver- 
teilung wird dagegen die Fläche nicht — wie 
in den andern Landesteilen — als eine ge- 
meinschaftliche Masse behandelt, innerhalb 
welcher ein jeder Teilnehmer zwar seinem 
alten Besitz entsprechend, im übrigen aber an 
jeder beliebigen Stelle abgefunden werden 
kann; sie wird vielmehr in eine größere An- 
zahl „Zuteilungsbezirke“ zerlegt, welche alle 
über ein oder mehrere Gewanne sich erstrecken- 
den Grundstücke (in ebenen Gegenden bis 60, 
in gebirgigen bis 40 Morgen Umfang), die 
durch Gleichartigkeit der Bodenbeschaffenheit, 
der Produktion und der Entfernung zusammen- 
gehören, umfassen, und nur innerhalb dieser 
ist eine Umlegung gestattet. Jeder in einem 
solchen Zuteilungsbezirk begüterte Eigentümer 
hat daher für seinen Grundbesitz in demselben 
Bezirk gleichwertige Abfindung zu erhalten; 
diese Abfindung wird in Aormalparzellen, 
d. h. in Grundstücken von einer bestimmten, 
fortan unveränderlichen Form und von einer 
gesetzlich für jede Kulturart geregelten Minimal=
	        
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