Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

664 Gemeinheitsteilungen und Grundstückszusammenlegungen in der Provinz Hannover. 
solcher Gelegenheit auch eine Zusammenlegung 
der in vermengter Lage befindlichen Grund- 
stüche bewirken können, hat kaum noch prak- 
tische Bedeutung, weil die Reallastenablösung 
als beendigt angesehen werden Rkann. Es 
kommt daher ausschließlich das G. vom 23. Mai 
1885 (GS. 143) in Betracht, nach dessen Vor- 
schriften stattfindet: a) die wirtschaftliche Zu- 
sammenlegung der Grundstücke; b) die Ab- 
lösung der als Dienstbarkeit (Servitut) auf 
dem Grundeigentum lastenden Berechtigungen 
zur Weide, zur Mast, zum Mitgenuß von 
Holz und zum Streuholen, zur Torfnutzung; 
c) die Teilung von Grundstüchken, welche 
von mehreren Gesamteigentümern oder von 
Genossenschaften ungeteilt besessen und zu 
einem der vorstehend genannten Zwecke ge- 
meinschaftlich benutzt werden. Der durch dieses 
Gesetz hergestellte Rechtszustand entspricht in 
der Hauptsache dem im Gebiete des rheinischen 
Rechts geltenden. 
Gemeinheitsteilungen und Grundstücks- 
zusammenle gungen in der Provinz Hannover. 
egen des Begriffs und der Gesetzgebung im 
allgemeinen vgl. Gemeinheitsteilungen 
und Grundstückhszusammenlegungen in 
den landrechtlichen Provinzen. 
A. Gem T. und Servitutablösungen. 
Die Gem T. sind geregelt durch die Gem TO. für 
das Fürstentum Lüneburg vom 25. Juni 1802 
(Spangenberg, Sammlung der Gesetze für 
Hannover Teil IV. Abt. 1 S. 270), der die 
Gem TO. für die Fürstentümer Kalenberg, 
Göttingen, Grubenhagen, das Fürstentum 
Hildesheim und die Grasschaften Hoya und 
Diepholz vom 30. April 1824 (Hann GS. Abt. I 
S. 111), sowie die Gem TDO. für die Herzog- 
tümer Bremen und Verden vom 26. Juli 1825 
(a. a. O. Abt. III S. 125) fast wörtlich nach- 
gebildet sind; ferner durch die Gem TO. für 
das Fürstentum Osnabrück vom 25. Juni 1822 
(a. a. O. Abt. I S. 219), die durch V. vom 
12. Aug. 1835 (a. a. O. Abt. III S. 66) auf das 
Herzogtum Arenberg-Meppen, auf die Graf- 
schaft Bentheim und auf die Vogtei Ems- 
bühren, sowie durch die V. vom 27. Okt. 1838 
(a. a. O. Abt. III S. 218) auf die Niedergraf- 
schaft Lingen erstrecht wurde. Beide Gem TO. 
stimmen in ihren Hauptgrundsätzen überein. 
Danach hat jeder Grundeigentümer eines 
Bodens, der von anderen nach bestimmten Be- 
rechtigungen benutzt wird, das Recht, eine 
Untersuchung darüber zu verlangen, ob nach 
Abfindung des oder der Berechtigten noch ein 
Uberschuß für ihn bleiben werde, solche Be- 
rechtigten in diesem Falle abzufinden und 
jenen Uberschuß alsdann in einem abzuson- 
dernden Teile des Grund und Bodens zu 
leinem eigenen uneingeschränkten fernern Ge- 
brauche zu fordern und zu sich zu nehmen; er 
bet aber nicht das Recht, die abgefundenen 
erechtigten zu einer weitern Teilung unter 
sich zu zwingen. Eine sede Korporation oder 
eine jede Gemeinde (Stifter, Klöster, Städte 
und Dorfschaften), sede landesherrliche Domäne 
und jedes adlige oder freie Gut hat das Becht, 
wenn sie Autzungen auf einem Boden mit 
andern gemeinschaftlich besitzen, für sich aus 
der Gemeinschaft zu treten und den ihm zu- 
  
  
kommenden Entschädigungsanteil von der Ge- 
meinheit abgesondert und privativ zu ver- 
langen. Ein einzelnes Mitglied einer Kom- 
mune Rkann die Verausgabe des ihm gebüh- 
renden Anteils (Partikularabfindung) nur unter 
bestimmten Voraussetzungen, namentlich dann 
verlangen, wenn der Anteil durch verbesserte 
Kultur seinen andern wesentlichen Wirtschafts- 
bedürfnissen vorteilhaft wird aufhelfen Rönnen 
und wenn ferner die hünftig fortdauernde Be- 
nutzung der übrigen Berechtigten durch die 
Ausscheidung nicht benachteiligt wird. Scheiden 
nur einzelne Kommunen oder andere ihnen 
gleichstehende Einzelberechtigte aus der im 
übrigen bestehen bleibenden Gemeinschaft aus, 
so nennt man das eine Generalteilung; 
wird aber eine Gemeinschaft unter den daran 
beteiligten Mitgliedern vollständig aufgehoben, 
so ist das eine Spezialteilung. Sowohl 
das Ausscheiden von Städten, Flechen und 
Dörfern aus einer Gemeinschaft, als auch eine 
Spezialteilung erfolgt nur, wenn die Hälfte 
aller Stimmen (nach Teilnahmerechten berech- 
net) sich dafür erklärt. Die Abfindung der 
Teilnehmer geschieht in der Regel durch ein 
dem Teilhaber zu einseitigem und privativen 
Gebrauch abzutretendes Stüch Grund und 
Boden aus der zu teilenden Gemeinheit selbst. 
Die Gem TO. trafen auch bereits Bestim- 
mungen über die Abstellung der auf Gemein- 
heitsgrundstücken lastenden Weide= und andern 
(Mast-, Plaggen= und Heidhiebs-, Holz-) Be- 
rechtigungen, sowie über die Torfmoorteilungen. 
Erst später wurde die Ablösung von Weide- 
berechtigungen — mit Ausnahme der auf 
Forsten haftenden — allgemein und zwar dur 
die G. vom 8. Nov. 1856 (Hann#. Abt. 
S. 423) und vom 8. Juni 1873 (GS. 357) ge- 
regelt (uvgl. auch G. vom 13. Febr. 1850 — 
Hann GSS. Abt. I S. 13 — und vom 15. Juli 
1848 — a. a. O. Abt. I S. 201). Nach ihren 
Bestimmungen richtet sich jetzt auch die Ab- 
findung der auf Gemeinheiten haftenden ser- 
vitutarischen Weideberechtigungen. Danach ist 
zu dem Antrage auf Aufhebung der Weide- 
rechte sowohl der Eigentümer des verpflichteten. 
Grundstückhs als der Weideberechtigte befugt. 
Bei Verkoppelungen (s. weiter unten) muß die 
Aufhebung des Weiderechts auf den zu ver- 
koppelnden Grundstücken ohne weiteres be- 
wirkt werden. Der Betrag der Entschädigung 
und das Entschädigungsmittel ist zwar zu- 
nächst der Vereinbarung der Beteiligten über- 
lassen, in Ermangelung einer solchen ist sie 
aber durch die Auseinandersetzungsbehörde zu 
bestimmen, und zwar hat sie der BRegel nach 
durch Abtretung von verhältnismäßigen Teilen 
des belasteten Grundstücks oder durch anderes 
dazu geeignetes Land, wenn solches vom Ver- 
pflichteten angeboten wird, zu erfolgen; wo 
aber eine solche Landentschädigung zwech- 
mäßig nicht gewährt werden kann, durch 
Kapital oder feste Geldrente. Die Ablösung 
von Berechtigungen zum Hauen oder Stechen 
von Plaggen, Heide, Rasen oder Bülten, 
welche auf Grundstüchen haften, die weder 
Forsten noch Gemeinheiten sind, unterliegt 
dem G. vom 13. April 1885 (GS. 109), das 
im wesentlichen die vorstehend für die Ab-
	        
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