Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht — Genossenschaftsregister. 
Teil der G. steht noch heute auf diesem Stand— 
punkte, die Mehrheit aber hat anerkannt, daß 
unbeschadet des festzuhaltenden Grundcharak= 
ters der G. für eine fördernde Tätigkeit des 
Staates in gewissen Grenzen Raum und Be- 
dürfnis vorhanden ist. So ist die Ausbreitung 
des landwirtschaftlichen Genossen- 
schaftswesens großenteils der staatlichen 
Anregung und Unterstützung zu verdanken. 
Für ländliche sowohl wie für Handwerker- 
genossenschaften (s. V) werden im Bedürfnis- 
falle kleinere staatliche Beihilfen gegeben, um 
ihnen die erste Einrichtung zu erleichtern, bei 
kleineren ländlichen G. auch für die Kosten 
der Revision. Bedeutsamer ist die finanzielle 
Hilfe des Staates für die Förderung des 
genossenschaftlichen Kredits gewesen 
durch die Einrichtung der preuß. Zentral- 
genossenschaftskasse (s. d.) und die Unterstützung 
der Kornhausanlagen (s. Getreidelager- 
häuser). Die G. selbst haben durch Zusam- 
menschluß in Verbänden und Einrichtung ge- 
meinsamer Geldausgleichungsstellen ihren Kre- 
dit zu befestigen gewußt ([. Genossenschafts- 
verbände). Vielfach haben auch die Spar- 
kassen ihren Kredit den G. eröffnet (vgl. über 
die hierbei zu beobachtenden Grundsätze die 
V. des Md J. vom 31. Okt. 1901 (MBl. 240). 
IV. Das Gesamtergebnis der Entwicklung 
des Genossenschaftswesens läßt sich ziffern- 
mäßig nicht darstellen, weil es an einer zu- 
sammenhängenden wirtschaftsstatistischen Er- 
hebung fehlt (s. Genossenschaftsstatistih). 
Einen Anhaltspunkt geben aber die Zahlen 
der überhaupt vorhandenen G. Im Jahre 
1888 wurde die Zahl der überhaupt vorhan- 
denen G. in Deutschland auf über 4000 ge- 
schätzt Begründung des dem T. vorgelegten 
Gesetzentwurfs, betr. die Erwerbs= und Wirt- 
schaftogenossenschaften). Am 1. Jan. 1903 be- 
trug dagegen die Zahl rund 22000 (nach dem im 
Artikel Genossenschaftsstatistik angeführ- 
ten Genossenschaftskataster, das eine Summie- 
rung nicht enthält). Die Mehrzahl dieser G. 
sind ländliche. Der Reichsverband ländlicher G. 
umfaßt nach dem Zutritt von Aeuwied (s. Ge- 
nossenschaftsverbände) außer 68 Zentral- 
genossenschaften 15650 Einzelgenossenschaften 
mit 1200000 Mitgliedern (Landw. Genossen- 
schaftsbl. vom 28. Febr. 1905 S. 26, Neuwied). 
Am 1. Mai 1905 betrug die Zahl dieser G. 
bereits 16163 (Jahrb. des Reichsverbandes 
der deutschen landw. Genossenschaften für 1904, 
Darmstadt 1905). Um die Bedeutung dieser 
Zahlen richtig zu würdigen, muß man berück- 
sichtigen, daß diese Mitglieder fast durchweg 
selbständige Landwirte und Haushaltungs- 
vorstände sind. Die große Mehrheit der G. 
ist an Genossenschaftsverbände (s. d.) und 
an Revisionsverbände ((s. d.) angeschlossen. 
V. In den Kreisen des Handwerkes und 
Kleingewerbes hat das Genossenschaftswesen 
bei weitem nicht die Verbreitung wie in der 
Landwirtschaft gefunden. Um das Verständnis 
für die Bedeutung und Vorteile genossenschaft- 
licher Vereinigung zu fördern, ist im Staats- 
haushaltsetat Kap. 7 Tit. 26 ein Betrag von 
45000 Ml. eingestellt, aus dem die KRosten für 
Wanderunterricht im Genossenschaftswesen be- 
  
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stritten worden sind. Sodann werden aus 
ihm Beihilfen zu den Kosten der ersten Einrich- 
tung von G. gegeben und in einzelnen Fällen 
Darlehne auf zehn Jahre gewährt, im ersten 
Sühr zinofrei, dann langsam bis zu einem 
insfuße von 3½% steigend mit der Verpflich- 
tung der jährlichen Amortisation in Höhe von 
10% . Jede G. gehört einem Revisionsver-= 
band an, um mit der preuß. Zentralgenossen- 
schaftskasse in Verkehr treten zu können. Die 
meisten Revisionsverbände haben sich zu einem 
Hauptverbande vereinigt, der gleichfalls staat- 
liche Unterstützung insbesondere zur Abhaltung 
genossenschaftlicher Lehrkurse erhält (Denkschrift 
über den Stand der Gewerbeförderung in 
Preußen — Druchs. des Abg H. 1903 Nr. 92). 
Die freien Innungen hönnen zur Förderung 
des Gewerbebetriebs gemeinschaftliche Ge- 
schäftsbetriebe einrichten (GewO. 8§ 81 b), 
Zwangsinnungen dürfen dies nicht, wohl aber 
G. aus dem angesammelten Vermögen unter- 
stützen (SewO. § 100 Abs. 2). Die Hand- 
werkskammern dürfen Aufwendungen für die 
Förderung des Genossenschaftswesens machen, 
sofern sich diese auf Anregungen beziehen. 
Bare Geldunterstützungen an G. sind nicht 
zulässig (Gew. 8 103e Abs. 3: AusfAnw. zur 
GewoO. vom 1. Mai 1904 — HMl. 123 — 
Ziff. 117 Abs. 4). Die Grundsätze, nach denen 
bei Gründung von G. im Handwertke verfahren 
werden soll, sind im Erl. vom 25. Juni 1902 
(HMl. 262) zusammengestellt. 
Genossenschaften mit beschränkter Haft- 
pflicht (m. b. H.) s. Genossenschaften (ein- 
getragene) I. . 
Genofsenschaften (Wasser-) s. Wasser— 
genossenschaften. 
Genossenschaftlicher Personalkredit s. 
Zentralgenossenschaftskasse. 
Genossenschaftsbrennereien s. Brenne- 
reien II., sowie Brennsteuer. 
Genossenschaftsmühlen s. Vermahlungs- 
teuer. 
Genofsenschafteregister. Das G. dient für 
die in dem Genossenschaftsgesetz vom 1. Mai 
1889/20. Mai 1898 für Erwerbs= und Wirt- 
schaftsgenossenschaften vorgeschriebenen Ein- 
tragungen. Es wird nach 8§ 10 dieses Ge— 
setzes bei dem zur Führung des Handels- 
registers zuständigen Gerichte geführt. Nach 
§ 156 finden auf das G. die Vorschriften in 
88 9—11 HGB. Anwendung, die Eintragungen 
sind durch den deutschen Reichsan zeiger bekannt- 
zumachen, die anderen Blätter hat das Gericht 
zu bestimmen, für kleinere Genossenschaften nur 
ein anderes Blatt. Diese Vorschrift des § 156 
ist obligatorisch, für kleinere Genossenschaften 
darf also nur ein Blatt neben dem Reichs- 
anzeiger bestimmt werden, unnütz ausgewendete 
Mehrkosten dürfen den Genossenschaften nicht 
zur Last gelegt werden (&6#Beschl. vom 1. April 
1895 H#l. 1896, 346). Die Anmeldungen 
zum G. sind nach § 157 von den dazu Ver- 
pflichteten persönlich zu bewirken oder in be- 
glaubigter Form einzureichen. Gemäß § 171 
(etzt 8 161) Abs. 1 sind die näheren Bestim- 
mungen über die Führung des G. und die 
Anmeldungen dazu vom B. erlassen, R#Bek. 
vom 11. Juli 1889 (Rel. 150). Für die Ein-
	        
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