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hiervon auf Zeit zu entbinden, beschränkt
worden. Für die Redaktion der GS. besteht
unter dieser Bezeichnung eine besondere Be-
hörde und für den Debit der GS. das mit dem
ais. Postzeitungsamte zu Berlin verbundene
Gesetzsammlungsamt. Letzteres untersteht dem
Ministerpräsidenten, erstere dem St M. (s. im
übrigen Veröffentlichung der Gesetze).
Gesinde. I. Der Begriff des G. oder der
Dienstboten ist reichsrechtlich nicht geordnet.
Vielmehr hat, sofern nicht mittelbar reichs-
rechtliche Vorschriften entgegenstehen, wie es
bei einer Behandlung der Handlungs= und
Gewerbegehilfen als G. der Fall sein würde
([. Gesindeordnungen), oder die Grenzen
überschritten werden würden, welche nach
dem allgemeinen Sprachgebrauche für den Be-
griff des G. zur Zeit des Inkrafttretens
des B?GB. maßgebend waren, die Landes-
gesetzgebung freien Spielraum, den Begriff
selbst festzustellen und ferner zu bestimmen,
was für das G. überhaupt oder für einzelne
Arten desselben gelten soll. Bei der Mannig-
faltigkeit der in Preußen geltenden Gesinde-
ordnungen ist auch innerhalb Preußens der
Begriff des G. kein einheitlicher, sondern nach
jeder einzelnen Gesindeordnung besonders fest-
zustellen. Die Unterschiede sind indessen nicht
sehr erheblich. Im allgemeinen ist zum G.
zu rechnen, wer in die häusliche Gemeinschaft
ausgenommen ist und untergeordnete, un-
gemessene, d. h. der näheren Bestimmung des
Berechtigten unterliegende, Dienste von häus-
licher Art auf bestimmte Zeit, d. i. nicht bloß
zur Aushilfe, gegen Vergütung in Geld oder
Naturalien leistet. Das Vorhandensein eines
Dienstbuchs (s. Gesindedienstbücher) be-
gründet noch nicht die Eigenschaft als G.
Als Verschiedenheiten seien hervorgehoben, daß
durch ausdrückliche Vorschrift der Dienstboten-
ordnung für Harlingerland und Ostfriesland vom
10. Juli 1859 die Ammen von der Zugehörig-
keit zum G. ausgenommen sind, und daß die
Gesindeordnung vom 8. Nov. 1810 den häus-
lichen Diensten ganz allgemein die land= und
forstwirtschaftlichen Dienste gleichstellt, danach
also z. B. Knechte, Mägde, Hirten, Schäfer, Jäger
und Gärtner auf ländlichen Grundstücken zum
G. gehören, nicht aber Portiers eines Aiiet-
hauses oder einer Fabrik, ferner nicht Tage-
löhner, selbst wenn sie zu solchen Dienstlei-
stungen angenommen sind, welche gewöhnlich
von Knechten oder Mägden verrichtet werden.
Auch die Instleute in den Provinzen Ost= und
Westpreußen, denen ein Gutsbesitzer Wohnung
und Land gegen die Verpflichtung, sich den für
das Gut geforderten Tagelöhnerdiensten gegen
Vergütung zu unterziehen, gewährt, sind nicht
als G. zu betrachten. Dasselbe gilt von den
sog. Dienstfamilien, Dienstgärtnern, Dresch-
gärtnern und Arbeitsgärtnern in der Mark,
Pommern und Schlesien, und von den sog.
Sachsengängern. Die Streitigkeiten der Inst-
leute in den Prov. Ost= und Westpreußen
mit der Gutsherrschaft über An= und Abzug
und über Erfüllung der vertragsmäßigen Ver-
bindlichkeiten während des Dienstverhältnisses
sind aber, bevor deswegen bei den Zivil-
gerichten geklagt werden kann, nach der noch
Gesinde.
geltenden (GVG#. 8§ 13) besonderen Vorschrift
der AKabO. vom 8. Aug. 1837 — v. Kamptz
21, 710) der Vermittlung und vorläufigen
Regelung der Polizeibehörde in derselben
Weise unterstellt, wie es für das G. vor-
geschrieben ist (ogl. OVG. 42, 395; 43, 428;
46, 410). Stromschiffsknechte (Bootsleute)
wurden früher nach der AKabO. vom 23. Sept.
1835 (GS. 222) und Art. 61 Ziff. 1 Pr E. z.
HGB. vom 24. Juni 1861 (GS. 449) in jeder
Beziehung als G. behandelt. Jetzt untersteht
die Schiffsmannschaft der GewO. (G. vom
15. Juni 1895/20. Mai 1898, betr. die privat-
rechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt
— BRN69. 1895, 301; 1898, 868 — Art. 21). Die
Gesindeordnung vom 8. Aov. 1810 spricht vom
gemeinen G. im Gegensatze zu den Hausoffi-
zianten und scheidet ferner städtisches und Land-
gesinde (s. Dienstzeit des Gesindeg).
II. Die Frage, wer sich als G. vermieten
Raonmn, ist jetzt allgemein nach den §§ 104—115,
131, 1358 Be. zu beantworten (EGB.
Art. 95 Abs. 2; vgl. hierzu OV#. 43, 424).
Daneben gilt noch fort die von den Be-
stimmungen der Vll. und des G. vom 3. Juli
1869 (GS. 292) über die Gleichberechtigung der
Konfessionen nicht berührte (OTr. 82, 299)
öffentlichrechtliche Vorschrift des § 71 des G.
vom 23. Juli 1847 (GS. 278), wonach aus-
ländische Juden nicht ohne Genehmigung des
Ad J. als Dienstboten angenommen werden
dürfen (ogl. hierzu Erl. vom 11. Juni 1861
— A. 132).
III. Dem Krankenversicherungszwang
unterliegen die Dienstboten nicht, dürfen ihm
auch nicht statutarisch unterworfen werden.
Sie sind aber berechtigt, der Gemeindekranken-=
versicherung der Gemeinde, in deren Bezirke
sie beschäftigt sind, freiwillig beizutreten (KB.G.
§§ 2, 4). Jedoch findet nach herrschender An-
sicht das & VG. auf solche Dienstboten An-
wendung, welche neben den eigentlichen Dienst-
boten arbeiten in einem versicherungspflichtigen
Betriebe, insbesondere Handelsgewerbe, Gast-
und Schanbwirtschaft, nicht aber in Forst= und
Landwirtschaft, dauernd und in nicht ganz uner-
heblichem Umfange für die Herrschaft Dienste
leisten (s. Versicherungspflicht 0. Wegen
der Unfall= und der Invalidenversiche-
rung s. Versicherungspflicht II, III und
wegen der Geltung des § 617 BEB. für
Dienstboten s. Gesindeordnungen.
IV. In manchen Orten bestehen Be-
lohnungs= und Unterstützungsfonds
für das G., die von den Gemeindebehörden
verwaltet werden. Wegen Verleihung des
goldenen Kreuzes (s. d.). Wer dem Haus-
stande eines Verstorbenen angehört und darin.
in einem Dienstverhältnisse gestanden hat,
zahlt an Erbschaftssteuer für Pensionen, Ren-
ten oder andere auf die Lebenszeit beschränkte
Autzungen, die ihm mit Rüchsicht auf dem
Erblasser geleistete Dienste zugewendet wor-
den sind, nur 1% und ist überhaupt stempel-
frei, wenn der Anfall den Betrag von 900 M.
nicht übersteigt (Erb StE. Tarif A und Befr.
Ziff. 20.
V. GE., welches hartnächigen Ungehorsam
oder Widerspenstigkeit gegen die Befehle