Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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Veterinäre und Techniker. Es ist eine ledig— 
lich beratende und begutachtende, sachverstän- 
dige Behörde und hat die Aufgabe, den R#K. 
in Ausübung des ihm zustehenden Aufsichts- 
rechts über die Ausführung der in den Kreis 
der Medizinal-= und Veterinärpolizei fallenden 
Waßregeln, sowie in der Vorbereitung der auf 
diesem Gebiet in Aussicht zu nehmenden Ge- 
setzggebung zu unterstützen; zu diesem Zwecke 
soll es von den in den einzelnen Bundes- 
staaten hierfür bestehenden Einrichtungen Kennt- 
nis nehmen, die Wirkungen der im Interesse 
der öffentlichen Gesundheitspflege ergriffenen 
Maßnahmen beobachten und in geeigneten 
Fällen den Staats= und Gemeindebehörden 
Auskunft erteilen, die Entwicklung der Medi- 
zinalgesetzgebung im Auslande verfolgen, so- 
wie eine genügende medizinische Statistik für 
das Deutsche Reich herstellen. 
Gesundheitsbeirat s. Bergbehörden II. 
Gesundheitskommissionen als beratende 
Organe der Polizeibehörde müssen auf Grund 
des G. vom 16. Sept. 1899, betr. die Dienst- 
stellung des Kreisarztes und die Besoldung von 
Gesundheitskommissionen (GS. 172) §§ 10 ff., 
für alle Gemeinden mit mehr als 5000 Einw. 
gebildet werden. Uber die Zusammensetzung 
und Bildung beschließen in Städten die nach 
der St O. für die Bildung von Kommissionen 
(Deputationen) zuständigen Organe; in größe- 
ren Städten können solche Kommissionen für 
einzelne Stadtbezirke gebildet werden; der 
Mdg A. ist auch E- 10 Abs. 3 a. a. O.) ermäch- 
tigt, es bei der bisherigen Einrichtung der 
Sanitätskommissionen, welche nach Maßgabe 
des Regul. vom 8. Aug. 1835 (GS. 240) ge- 
bildet waren, zu belassen. In ländlichen Ge- 
meinden bestimmt der Landrat über Zusammen- 
setzung, Mitgliederzahl und Geschäftsgang der 
G. In Gemeinden mit 5000 Seelen und 
weniger ist die Bildung nur fakultativ; in 
Städten muß sie erfolgen, wenn der Regie- 
rungspräsident, in Landgemeinden, wenn der 
Landrat mit Zustimmung des KrA. es an- 
ordnet. Die Mitglieder der Kommissionen ver- 
walten ihr Amt als Ehrenamt; für die Ver- 
pflichtung zur Annahme und für die Ablehnung 
gelten dieselben Vorschriften wie betreffs der 
Gemeindeämter, ausgenommen daß ärztliche 
Praris nicht als Ablehnungsgrund gilt. Der 
reisarzt Kann an allen Sitzungen teilnehmen 
und die Zusammenberufung jederzeit verlangen. 
Die G. hat die Aufgabe (§ 11 a. a. O.): von 
den gesundheitlichen Verhältnissen des Ortes 
sich Kenntnis zu verschaffen und die Maß-= 
nahmen der Polizeibehörde, insbesondere bei 
Verhütung des Ausbruchs oder der Verbrei- 
tung gemeingefährlicher Krankheiten zu unter- 
stützen; über alle vom Landrat, von der 
Polizeibehörde oder dem Gemeindevorstande 
ihr vorgelegten Fragen des Gesundheitswesens 
sich gutachtlich zu äußern; diesen Behörden 
Vorschläge auf dem Gebiete des Gesundheits- 
wesens zu machen. In Ausführung des Ge- 
setzes ist durch Erl. vom 13. März 1901 5 
Bl. 379) eine Geschäftsanweisung für die G. 
erlassen, welche Bildung, Zusammensetzung, 
Aufgaben, Verhältnisse zum Kreisarzt und 
Geschäftsgang des nähern regelt. 
  
Gesundheitsbeirat — Getreide (Verzollung, Ein= und Ausfuhr). 
Gesundheitspolizei umfaßt die polizeiliche 
Fürsorge für alle Maßnahmen, welche auf 
gesundheitlichem Gebiet im Allgemeininteresse 
erforderlich werden, insbesondere die Verhütung 
bzw. Unterdrüchung gemeingefährlicher oder 
übertragbarer Krankheiten. Die Handhabung 
der G. liegt den Ortspolizeibehörden ob (ogl. 
G. über die Polizeiverwaltung vom 11. März 
1850 — GS. 265 — 86 litt. j). Bei Be- 
kämpfung der gemeingefährlichen oder über- 
tragbaren Krankheiten kann der Landrat auf 
dem Lande und in Städten, welche Reinen 
eignen Stadtkreis bilden, die Amtsverrich- 
tungen der Ortspolizeibehörde an deren Stelle 
übernehmen (G. vom 28. Aug. 1905 — GS. 
373 — § 12). Die gesundbeitspolizeilichen 
Müaßnahmen khönnen getroffen werden durch 
Polizeiverordnung zur Mbstellung allgemeiner 
Wißstände bzw. zur allgemeinen Regelung auf 
dem Gebiete der Gesundheitspflege auftreten- 
der Fragen oder durch polizelliche Verfügung 
im Einzelfalle, wo ein gesundheitspolizeiliches 
Einschreiten geboten erscheint. Zur Durch- 
setzung ihrer Anordnungen auf gesundheits- 
polizeilichem Gebiete stehen der Polizei die- 
selben Strafen und Zwangsmittel zu Gebote 
wie auf den anderen Gebieten der polizeilichen 
Wirksamkeit. Die Kosten der G. fallen, soweit 
nicht in einzelnen Fällen die Gesetze etwas 
anderes bestimmen, dem Träger der örtlichen 
Polizeiverwaltung zur Last, im Geltungsbe- 
reich des G. vom 11. März 1850 (GS. 265). 
den Gemeinden (§ 3 das.). S. auch Veteri- 
närpolizei. 
Getränkezwang s. Branntweinzwang, 
Brauzwan " 
Getreide (Verzollung, Ein= und Ausfuhr). 
Nach einer im allgemeinen sehr geringen Zoll- 
belastung des G. seit dem preuß. Zolltarif 
von 1818 (GS. S. 70, 87) erklärte die V. vom 
17. Juni 1865 (GS.-559) G. für zollfrei. Die 
Zollfreiheit erhielt sich während der bis zum 
Jahre 1879 andauernden freihändlerischen Rich- 
tung der deutschen Zolltarifpolitik. Der Tarif 
vom 15. Juli 1879 (Röl. 212) nahm ent- 
sprechend seinem Grundsatze des Schutzes der 
heimischen Erzeugnisse den Zoll für G. wieder 
auf, und zwar setzte er ihn für Weizen, Roggen 
und Hafer auf 1 M., für Gerste auf 0,50 M. 
für den Doppelzentner fest. Diese Zollsätze 
wurden erhöht durch die Novelle vom 22. Mai 
1885 (Röl. 93) für Weizen und BRoggen auf 
3 M., für Hafer und Gerste auf 1,50 Ml., durch 
die Novelle vom 21. Dez. 1887 (REGl. 533) 
für Weizen und Roggen auf 5 M., für Hafer 
auf 4 M. und für Gerste auf 2,25 Al. Die 
sog. Caprivischen Handelsverträge aus den 
Jahren 1891—1894 erkauften Zugeständnisse 
des Auslandes für deutsche Industrieerzeug- 
nisse zum großen Teil mit Zugeständnissen 
Deutschlands für ausländische landwirtschaft- 
liche Erzeugnisse; dadurch sanken die Zollsätze 
für Weizen und Boggen auf 3,50 M., für 
Hafer auf 2,80 M., für Gerste auf 2 M. Die 
Vertreter der deutschen Landwirtschaft erklär- 
ten, bei einer derartigen Bemessung der Ge- 
treidezölle den Wettbewerb mit dem unter 
günstigeren Bedingungen produzierenden Aus- 
lande — Rußland, Osterreich-Ungarn, Rumä-
	        
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