706
Veterinäre und Techniker. Es ist eine ledig—
lich beratende und begutachtende, sachverstän-
dige Behörde und hat die Aufgabe, den R#K.
in Ausübung des ihm zustehenden Aufsichts-
rechts über die Ausführung der in den Kreis
der Medizinal-= und Veterinärpolizei fallenden
Waßregeln, sowie in der Vorbereitung der auf
diesem Gebiet in Aussicht zu nehmenden Ge-
setzggebung zu unterstützen; zu diesem Zwecke
soll es von den in den einzelnen Bundes-
staaten hierfür bestehenden Einrichtungen Kennt-
nis nehmen, die Wirkungen der im Interesse
der öffentlichen Gesundheitspflege ergriffenen
Maßnahmen beobachten und in geeigneten
Fällen den Staats= und Gemeindebehörden
Auskunft erteilen, die Entwicklung der Medi-
zinalgesetzgebung im Auslande verfolgen, so-
wie eine genügende medizinische Statistik für
das Deutsche Reich herstellen.
Gesundheitsbeirat s. Bergbehörden II.
Gesundheitskommissionen als beratende
Organe der Polizeibehörde müssen auf Grund
des G. vom 16. Sept. 1899, betr. die Dienst-
stellung des Kreisarztes und die Besoldung von
Gesundheitskommissionen (GS. 172) §§ 10 ff.,
für alle Gemeinden mit mehr als 5000 Einw.
gebildet werden. Uber die Zusammensetzung
und Bildung beschließen in Städten die nach
der St O. für die Bildung von Kommissionen
(Deputationen) zuständigen Organe; in größe-
ren Städten können solche Kommissionen für
einzelne Stadtbezirke gebildet werden; der
Mdg A. ist auch E- 10 Abs. 3 a. a. O.) ermäch-
tigt, es bei der bisherigen Einrichtung der
Sanitätskommissionen, welche nach Maßgabe
des Regul. vom 8. Aug. 1835 (GS. 240) ge-
bildet waren, zu belassen. In ländlichen Ge-
meinden bestimmt der Landrat über Zusammen-
setzung, Mitgliederzahl und Geschäftsgang der
G. In Gemeinden mit 5000 Seelen und
weniger ist die Bildung nur fakultativ; in
Städten muß sie erfolgen, wenn der Regie-
rungspräsident, in Landgemeinden, wenn der
Landrat mit Zustimmung des KrA. es an-
ordnet. Die Mitglieder der Kommissionen ver-
walten ihr Amt als Ehrenamt; für die Ver-
pflichtung zur Annahme und für die Ablehnung
gelten dieselben Vorschriften wie betreffs der
Gemeindeämter, ausgenommen daß ärztliche
Praris nicht als Ablehnungsgrund gilt. Der
reisarzt Kann an allen Sitzungen teilnehmen
und die Zusammenberufung jederzeit verlangen.
Die G. hat die Aufgabe (§ 11 a. a. O.): von
den gesundheitlichen Verhältnissen des Ortes
sich Kenntnis zu verschaffen und die Maß-=
nahmen der Polizeibehörde, insbesondere bei
Verhütung des Ausbruchs oder der Verbrei-
tung gemeingefährlicher Krankheiten zu unter-
stützen; über alle vom Landrat, von der
Polizeibehörde oder dem Gemeindevorstande
ihr vorgelegten Fragen des Gesundheitswesens
sich gutachtlich zu äußern; diesen Behörden
Vorschläge auf dem Gebiete des Gesundheits-
wesens zu machen. In Ausführung des Ge-
setzes ist durch Erl. vom 13. März 1901 5
Bl. 379) eine Geschäftsanweisung für die G.
erlassen, welche Bildung, Zusammensetzung,
Aufgaben, Verhältnisse zum Kreisarzt und
Geschäftsgang des nähern regelt.
Gesundheitsbeirat — Getreide (Verzollung, Ein= und Ausfuhr).
Gesundheitspolizei umfaßt die polizeiliche
Fürsorge für alle Maßnahmen, welche auf
gesundheitlichem Gebiet im Allgemeininteresse
erforderlich werden, insbesondere die Verhütung
bzw. Unterdrüchung gemeingefährlicher oder
übertragbarer Krankheiten. Die Handhabung
der G. liegt den Ortspolizeibehörden ob (ogl.
G. über die Polizeiverwaltung vom 11. März
1850 — GS. 265 — 86 litt. j). Bei Be-
kämpfung der gemeingefährlichen oder über-
tragbaren Krankheiten kann der Landrat auf
dem Lande und in Städten, welche Reinen
eignen Stadtkreis bilden, die Amtsverrich-
tungen der Ortspolizeibehörde an deren Stelle
übernehmen (G. vom 28. Aug. 1905 — GS.
373 — § 12). Die gesundbeitspolizeilichen
Müaßnahmen khönnen getroffen werden durch
Polizeiverordnung zur Mbstellung allgemeiner
Wißstände bzw. zur allgemeinen Regelung auf
dem Gebiete der Gesundheitspflege auftreten-
der Fragen oder durch polizelliche Verfügung
im Einzelfalle, wo ein gesundheitspolizeiliches
Einschreiten geboten erscheint. Zur Durch-
setzung ihrer Anordnungen auf gesundheits-
polizeilichem Gebiete stehen der Polizei die-
selben Strafen und Zwangsmittel zu Gebote
wie auf den anderen Gebieten der polizeilichen
Wirksamkeit. Die Kosten der G. fallen, soweit
nicht in einzelnen Fällen die Gesetze etwas
anderes bestimmen, dem Träger der örtlichen
Polizeiverwaltung zur Last, im Geltungsbe-
reich des G. vom 11. März 1850 (GS. 265).
den Gemeinden (§ 3 das.). S. auch Veteri-
närpolizei.
Getränkezwang s. Branntweinzwang,
Brauzwan "
Getreide (Verzollung, Ein= und Ausfuhr).
Nach einer im allgemeinen sehr geringen Zoll-
belastung des G. seit dem preuß. Zolltarif
von 1818 (GS. S. 70, 87) erklärte die V. vom
17. Juni 1865 (GS.-559) G. für zollfrei. Die
Zollfreiheit erhielt sich während der bis zum
Jahre 1879 andauernden freihändlerischen Rich-
tung der deutschen Zolltarifpolitik. Der Tarif
vom 15. Juli 1879 (Röl. 212) nahm ent-
sprechend seinem Grundsatze des Schutzes der
heimischen Erzeugnisse den Zoll für G. wieder
auf, und zwar setzte er ihn für Weizen, Roggen
und Hafer auf 1 M., für Gerste auf 0,50 M.
für den Doppelzentner fest. Diese Zollsätze
wurden erhöht durch die Novelle vom 22. Mai
1885 (Röl. 93) für Weizen und BRoggen auf
3 M., für Hafer und Gerste auf 1,50 Ml., durch
die Novelle vom 21. Dez. 1887 (REGl. 533)
für Weizen und Roggen auf 5 M., für Hafer
auf 4 M. und für Gerste auf 2,25 Al. Die
sog. Caprivischen Handelsverträge aus den
Jahren 1891—1894 erkauften Zugeständnisse
des Auslandes für deutsche Industrieerzeug-
nisse zum großen Teil mit Zugeständnissen
Deutschlands für ausländische landwirtschaft-
liche Erzeugnisse; dadurch sanken die Zollsätze
für Weizen und Boggen auf 3,50 M., für
Hafer auf 2,80 M., für Gerste auf 2 M. Die
Vertreter der deutschen Landwirtschaft erklär-
ten, bei einer derartigen Bemessung der Ge-
treidezölle den Wettbewerb mit dem unter
günstigeren Bedingungen produzierenden Aus-
lande — Rußland, Osterreich-Ungarn, Rumä-