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Wasserläufen (s. o.) durch die Einführung des
Privatflußgesetzes nach der Fassung von dessen
8 1 nicht berührt worden ist. Neben diesen
Einteilungen der Wasserläufe einher geht die
in natürliche und künstliche Wasserläufe.
Die künstlichen Wasserläufe stehen der Regel
nach im Eigentume desjenigen, auf dessen
Grund und Boden sie angelegt sind. Sie sind
Privatwasserläufe, mit Ausnahme der Schiff-
fahrtskanäle, d. h. der dem öffentlichen
Schiffsverkehr dienenden künstlichen Wasser-
läufe (s. im übrigen die betreffenden Spezial-
artikel).
Gewässer (Reinhaltung der) s. Abwässer-
abführung.
Gewässerkunde s. Landesanstalt für G.
Gewerbe. Unter dem Begriff G. wird jede
gleichmäßig fortgesetzte, auf Gewinn gerichtete
selbständige Tätigkeit verstanden, d. h. eine
Tätigkeit, welche den Entschluß erkennen läßt,
dieselben Gewerbshandlungen zum Zweche der
Gewinnerzielung zu wiederholen (vgl. K#.
3, 281; 10, 188; 11, 244; 12, 193; 16, 316;
17, 351 sowie R Z. 39, 137). Nicht erforderlich
ist, daß die Absicht besteht, dauernd den
Lebensunterhalt zu gewinnen, denn der Be-
griff der gewerblichen Tätigkeit ist in den
Gesetzen nirgends durch das Merkmal be—
stimmt, daß der Unternehmer die Abcsicht hat,
nachhaltig den Unterhalt seines Lebens zu
finden; es Rkann daher eine gewerbsmäßige
Tätigkeit auch angenommen werden, wenn
der Betrieb nur an Festtagen stattfindet (OTr.
vom 2. März 1871 — MVBl. 151). Als ein
G. kommt zwar nur eine nach den Gesetzen
erlaubte Erwerbsart in Betracht. Ein an sich
erlaubter Gewerbebetrieb hört aber dadurch,
daß bei jeder einzelnen Betriebshandlung ein
Strafgesetz verletzt wird, nicht auf, Gewerbe—
betrieb zu sein (OVG. 35, 335). Bei der Be-
griffsbestimmung G. kommt es nicht darauf
an, ob der Unternehmer der gewerblichen
Tätigkeit seinen eigenen persönlichen Zweckh
fördern will. Wie der Unternehmer über den
Ertrag verfügt, ist eine Angelegenheit seines
Ermessens und kann an der Tatsache, daß ein
G. betrieben wird, nichts ändern (OV. vom
17. Dez. 1901 — Pr VWBl. 24, 168; 0 J. 22,
C 29). Entscheidend ist die Absicht, nicht die
Tatsache der Gewinnerzielung. Arbeitgeber-
verbände, gemeinnützige Vereine usw. üben
so lange eine gewerbsmäßige Tätigkeit nicht
aus, als ihnen die Absicht der Gewinnerzie-
lung fehlt. Hieran ändert auch die Tatsache
der Gebührenerhebung für Gewährung be-
stimmter Leistungen nichts, sofern die Ge-
bühren lediglich zur Dechung der Unkosten
erhoben werden. Soll aber durch die Ge-
bühren ein regelmäßiger Uberschuß erzielt
werden, so liegt selbst dann ein gewerbliches
Unternehmen vor, wenn der erzielte Gewinn
bestimmungsmäßig zu gemeinnützigen Zwecken
verwendet wird. Dadurch, daß in einem ein-
zelnen Jahre Uberschüsse erzielt werden, wird
der Betrieb noch hein Gewerbebetrieb, ebenso-
wenig wie ein gewerbsmäßiger Betrieb auf-
bört ein solcher zu sein, wenn sich statt der
berschüsse Verluste ergeben. Auch daraus,
daß beim Beginne des Geschäftsjahres über
Gewässer (Reinhaltung der) — Gewerbeaussicht, Gewerbeaussichtsbeamte.
die Verwendung eines etwaigen Uberschusses
Bestimmung getroffen ist, wird am Charakter
des Unternehmens nichts geändert (Erl. vom
5. Aug. 1904 — HMBl. 453). Eine gewerb-
liche Tätigkeit liegt auch vor, wenn das Reich,
der Staat oder die Kommunalverbände mit
dem Zwecke der Gewinnerzielung ein Unter-
nehmen betreiben, nicht aber, wenn diese
Tätigkeit öffentlichrechtlichen Zwecken dient,
9 B. Geschützfabriken, Bäckhereien für die
edürfnisse des Heeres. Eine Tätigkeit für
eigene private Wirtschaftszweche ist kein G.,
ebensowenig die Tätigkeit eines Konsum-
vereins, der zur Erzielung billiger Preise
Waren auf eigene Rechnung bezieht und an
die Mitglieder liefert. Dabei ist es gleich-
gültig, ob die Mitglieder die Waren zum
Selbstkostenpreis oder mit Preisaufschlag er-
halten, wenn sie nur in diesem Falle ihre Er-
sparnis in Form der Dividende beziehen. Ein
Konsumverein, der auch an Nichtmitglieder
verkauft, betreibt ein G. (Erl. vom 27. Juli
1881 — MBl. 210 — und vom 21. Jan. 1891,
OVS. 9, 275). Der Begriff G. im Sinne der
EGeO. fällt keineswegs mit der vorstehen-
den Begriffsbestimmung zusammen (s. Ge-
werbeordnung).
Gewerbeaufsicht, Gewerbeaufsichtsbeamte.
Unter Gewerbeaufsicht wird die Uberwachung
der gewerblichen Anlagen, insbesondere der
Fabriken, hinsichtlich der Befolgung der für
die Beschäftigung von Arbeitern bestehenden Be-
schränkungen und der für die Einrichtung und
den Betrieb von gewerblichen Anlagen bestehen-
den Vorschriften (Arbeiterschutz) verstanden. Zur
Wahrnehmung der Gewerbeaufsicht sind neben
den Ortspolizeibehörden besondere Beamte, die
Gewerbeaufsichtsbeamten, berufen (s. a. Ge-
werbepolizei). Die Organisation der Ge-
werbeaufsicht und die Anstellung der Beamten
erfolgt nach Maßgabe des AE. vom 27. April
1891 (GS. 165). Die gewerbetechnischen Räte
bei den Regierungen werden vom Könige
ernannt und führen den Titel „Regierungs-
und Gewerberat“ mit dem Range der Bäte
IV. Klasse. Zu ihrer Vertretung und Unter-
stützung stellt der HPM. bei den Regierungen
Gewerbeinspektoren mit der amtlichen Stellung
der Regierungsassessoren an. Zur Unter-
stützung der Regierungs= und Gewerberäte in
der Wahrnehmung der Gewerbeaufsicht werden
für bestimmte Bezirke Gewerbeinspektoren mit
dem Range in der V. Klasse der Provinzial-
beamten vom #M. angestellt. Der Hälfte
aller Gewerbeinspektoren Rkann nach mindestens
zwölfjähriger Dienstzeit seit der Ernennung
zum Regierungsbaumeister oder Bergassessor
oder Gewerbeassessor der Charakter als Ge-
werberat mit dem persönlichen Range der
Räte IV. Klasse verliehen werden (AE. vom
27. Jan. 1898 — GS. 5). Die Amtsbezirke
aller Gewerbeaufsichtsbeamten bestimmt der
OM. Die Ausbildung der Gewerbeaussichts-
beamten ist durch die Vorbildungs= und Prü-
fungsordnung vom 7. Sept. 1897 nebst Anw.
vom 13. AVov. 1897 (Amtliche Ausgabe in Carl
Heymanns Verlag) geregelt. Die Annahme
um Gewerbeaussichtsdienst erfolgt durch den
M. nach Maßgabe des Bedürfnisses. Vor-