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machen und seinen ablehnenden Bescheid mit
Gründen versehen. Auf Antrag beteiligter
Arbeitgeber und Arbeiter kann die Errichtung
durch Anordnung des HM. und Md J. erfolgen
(§8 1, 2). Ein Musterstatut ist durch Erl. vom
25. Dez. 1901, 22. Jan. 1902 (SÖMl. 1902
S. 10, 46) mitgeteilt.
Die G. sind Glieder des Gemeindeorganis=
mus, so daß die Bestimmungen über die Auf-
sicht in Gemeindeangelegenheiten auf sie An-
wendung finden. Aufsichtsbehörde ist in Stadt-
gemeinden der Regierungspräsident, in Land-
emeinden, Bürgermeistereien und Amtern der
andrat als Vorsitzender des Kr A. (Erl. vom
18. Aug. 1898 — MBl. 188 — und vom 30. Wai
1899 — UM.l. 1900, 93). Das Siegel enthält
den preuß. Adler mit dem Namen des G. als
Umschrift (Erl. vom 1. Aug. 1891 — MVBl.
134). Die BRechtsprechung erfolgt „im êAamen
des Königs“, doch dürfen sich die G. nicht als
„Königliche" bezeichnen (Erl. vom 31. Okt. 1892).
Die Kosten der G. tragen die Gemeinden
oder weiteren Kommunalverbände (8 9).
III. Zuständigkeit. Die G. sind ohne
Bücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes
zuständig für Streitigkeiten zwischen gewerb-
lichen Arbeitern einerseits und ihren Arbeit-
gebern andererseits, sowie zwischen Arbeitern
desselben Arbeitgebers; und zwar unterliegen
ihrer Zuständigkeit Streitigkeiten: 1. über den
Antritt, die Fortsetzung oder die Auflösung
des Arbeitsverhältnisses, sowie über die Aus-
händigung oder den Inhalt des Arbeitsbuches
(s. d.), Zeugnisses, Lohnbuches (s. d.), Arbeits-
zettels oder Lohnzahlungsbuchs (s. d.) sowie
der Arbeitskarte (s. d.); 2. über die Leistungen
aus dem Arbeitsverhältnisse (ogl. R Z. 41, 136);
3. über die Rüchgabe von Zeugnissen, Büchern,
Legitimationspapieren, Urkunden, Gerätschaf-
ten, Kleidungsstücken, Kautionen u. dgl., welche
aus Anlaß des Arbeitsverhältnisses übergeben
worden sind; 4. über Ansprüche auf Schadens-
ersatz oder auf Zahlung einer Vertragsstrafe
wegen Michterfüllung oder nicht gehöriger Er-
füllung der Verpflichtungen, welche die vorbe-
zeichneten Gegenstände betreffen, sowie wegen
gesetzwidriger oder unrichtiger Eintragungen
in Arbeitsbücher, Zeugnisse, Lohnbücher, Ar-
beitszettel, Lohnzahlungsbücher, Krankenkas-
senbücher oder Quittungskarten der Invali-
denversicherung; 5. über die Berechnung und
Anrechnung der von den Arbeitern zu leisten-
den Krankenversicherungsbeiträge und Ein-
trittsgelder; 6. über die Ansprüche, welche auf
Grund der Ubernahme einer gemeinsamen
Arbeit von Arbeitern desselben Arbeitgebers
gegeneinander erhoben werden. In den Fällen
zu 1—5 stehen Hausgewerbetreibende (s. d.), die
die Rohstoffe nicht selbst beschaffen, den Ar-
beitern gleich. Ob die Entscheidung der Strei-
tigkeiten der übrigen Hausgewerbetreibenden
zur Zuständigkeit der G. gehört, bestimmt das
Statut (§8 4, 5). S. auch Konkurrenz-
klausel. Auf Gehilfen und Lehrlinge in
Apotheken und Handelsgeschäften sowie auf
Arbeiter in den Betriebsanlagen der Militär-
und Marineverwaltung erstreckt sich die Zu-
ständigkeit der G. nicht (§ 81). Durch die Zu-
ständigkeit des G. wird die Zuständigkeit der
Gewerbegerichte.
ordentlichen Gerichte ausgeschlossen (§ 6). Die
Zuständigkeit des G. kann unter bestimmten
Voraussetzungen durch Schiedsvertrag ausge-
schlossen werden (§ 6). Das G. hat, wenn eine
zur Zuständigkeit des Kaufmannsgerichts ge-
hörige Klage bei ihm erhoben wird, durch Be-
schluß seine Unzuständigkeit auszusprechen und
die Klage an das zuletzt genannte Gericht zu
verweisen. Der Beschluß ist endgültig .,
betr. Kaufmannsgerichte, vom 6. Juli 1904 —
Rl. 266 — §F 10).
IV. Zusammensetzung. Die Zusammen-
setzung wird durch das Statut geregelt (§ 9).
Jedes G. muß aus einem Vorsitzenden, min-
destens einem Stellvertreter und der erforder-
lichen Zahl von Beisitzern — mindestens vier
— bestehen. Zum Mitglied eines G. soll nur
berufen werden, wer das dreißigste Lebensjahr
vollendet, in dem der Wahl vorangegangenen
Jahre für sich oder seine Familie Armenunter-
stützung aus öffentlichen Mitteln nicht emp-
fangen oder die empfangene Armenunterstützung
erstattet hat. Als Beisitzer soll nur berufen
werden, wer in dem Bezirke des Gerichts seit
mindestens zwei Jahren wohnt oder beschäftigt
ist. Personen, welche zum Amte eines Schöffen.
((). Schöffengerichte lII) unfähig sind, können
nicht berufen werden (§ 11). Der Vorsitzende
und seine Stellvertreter dürfen weder Arbeit-
geber noch Arbeiter sein. Gemeinden, die in
ihren wenngleich nicht gewerblichen Betrieben
Arbeiter beschäftigen, sind Arbeitgeber. Besteht
der Gemeindevorstand aus einem Rollegium, so
ist nicht etwa jedes Mitglied desselben nicht
wählbar (OV#. 23, 314). Die Wahl des Vorsitzen-
den und seiner Stellvertreter erfolgt durch den
Magistrat, wo ein solcher nicht vorhanden ist,
durch die Gemeindevertretung, bei weiteren
Kommunalverbänden durch die Vertretung des
Verbandes Kreisausschüsse, Provinzialaus-
schüsse usw., Bek. vom 23. Sept. 1890 und vom
9. Jan. 1891!) (6 12). Die Wahl des Vor-
sitzenden bedarf der Bestätigung durch den
Regierungspräsidenten, bei G., die von einer
Provinz oder dem kommunalständischen Ver-
bande der Reg.-Bez. Kassel oder Wiesbaden
errichtet sind, durch den Oberpräsidenten (in
den Hohenzollernschen Landen durch den Md I.).
Staats= und Gemeindebeamte, die Rraft staat-
licher Ernennung oder Bestätigung ihr Amt
verwalten, bedürfen während der Amtsdauer
keiner Bestätigung (§ 17). Die Beisitzer müssen
zur Hälfte aus Arbeitgebern — das sind alle
selbständigen Gewerbetreibenden, welche min
destens einen Arbeiter regelmäßig das Jahr
hindurch oder zu bestimmten Zeiten beschäfti-
gen (8 6) — und Arbeitern bestehen und in ge-
heimer getrennter Wahl von diesen unmittel-
bar gewählt sein. Die Wahlperiode dauert
bis 6 Jahre (§ 13). Zur Teilnahme an den
Wahlen ist nur berechtigt, wer das 25. Lebens-
jahr vollendet, in dem Bezirke des G. Woh-
nung oder Beschäftigung hat und zum Amt
eines Schöffen befähigt ist (§ 14). Die näheren
Bestimmungen über die Wahl werden durch
das Statut getroffen, dabei Kann die Verhält-
niswahl (s. d.) eingeführt werden (vgl. Erl. vom
12. April 1902 — 5MBl. 164). Beschwerden
gegen die Wahlen sind nur binnen einem Mo-