Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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den ortsüblichen Miet= und Pachtzinsen in 
dem sich gegen das sog. Truchsystem richtenden 
§ 115 GewO., dem ortsüblichen Tagelohne 
in den sozialpolitischen Versicherungsgesetzen 
sowie im § 124b GewO. und der Bekannt- 
machung des Beschlusses des Regierungs- 
präsidenten nach §7 des Gesetzes zur Ver- 
hütung von Hochwassergefahren vom 16. Aug. 
1905 (GS. 342). Ebenso hat die Verkehrs- 
sitte, die im BGB. mehrfach Berüchsich- 
tigung findet (§§ 151, 157, 242, vgl. auch 
z. B. noch 8§§ 1446 Abs. 2, 1641, 1804), mit 
dem G. nichts zu tun; es handelt sich dabei 
allerdings um eine Ubung, die im Verkehrs- 
leben stattfindet, aber nicht auf der 1lber- 
zeugung der rechtlichen Notwendigkeit, sondern 
auf der der Ehrlichheit und Anständigkeit be- 
ruht. Uber Handelsgewohnheitsrecht, Handels- 
sitte, Handelsgebräuche und Handelsusancen 
s. Handelsgesetzbuch II. 
Gifte sind Stoffe, die bei Aufnahme in 
den Körper lebender Wesen durch ihre chemische 
Beschaffenheit die Gesundheit in erheblichem 
Maße stören. Der Handel mit G. bedarf 
nach der GewO. teiner Erlaubnis, doch 
können die Landesgesetze nach § 34 Abst. 3 
eine solche vorschreiben. Dies ist für den Be- 
reich der Pr GSewO. vom 17. Jan. 1845 (GS. 
41) geschehen. Nach § 49 a. a. O. in der 
Fassung des G. vom 22. Juni 1861 (GS. 442) 
ist Gifthändlern der Beginn des Gewerbes 
erst zu gestatten, wenn sich die Behörden von 
ihrer Zuverlässigkeit in bezug auf den beab- 
sichtigten Gewerbebetrieb überzeugt haben. 
Hier ist nicht bloß zum Handel, sondern auch 
zur Zubereitung von G. allgemein eine poli- 
zeiliche Genehmigung erforderlichOVG.36, 377). 
Zum Großhandel mit G. ist aber nur eine 
polizeiliche Genehmigung erforderlich, wenn 
das G. in einer offenen Verkaufsstelle (s. d.) 
feilgehalten wird (Ko#J. 19, 235). Über die 
Genehmigung beschließt der Kr A. (St A.), in 
den zu einem Landkreise gehörigen Städten 
mit mehr als 10000 Einw. der Magistrat (3G. 
§ 114). Wer ohne polizeiliche Erlaubnis G., 
soweit der Handel mit ihm nicht freigegeben 
ist, feilhält, zubereitet, verkauft oder sonst an 
andere überläßt, wird nach St B. 8§ 367 Ziff. 3 
mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder mit Haft 
bestraft. Die gleiche Strafe trifft nach Ziff. 5 
a. a. O. densenigen, welcher bei der Aufbewah- 
rung oder bei der Beförderung von G. die 
deshalb ergangenen Verordnungen nicht befolgt. 
Durch Sto# B. § 367 Ziff. 3 ist nicht die Erlaub- 
nis für den Gifthandel vorgeschrieben, viel- 
mehr ist die Bestimmung nur dahin zu verstehen, 
daß unbeschadet der Vorschrift in GewO. 8 34 
die polizeilichen Vorschriften darüber Bestim- 
mung treffen können, ob und inwieweit die 
Zubereitung, das Feilhalten, der Verkauf oder 
das Uberlassen von G. an andere von polizei- 
licher Erlaubnis abhängig gemacht oder frei- 
gegeben werden kann. Die näheren Bestim- 
mungen über die Abgabe und Aufbewahrung 
von G. findet sich in der Polizeiverordnung, 
betr. den Handel mit G., vom 22. Febr. 1906 
(Ml. 265) — s. auch Kammerjäger. Im 
übrigen ist durch die V., betr. den Verkehr 
mit Arzneimitteln, vom 22. Okt. 1901 (RGBl. 
  
Gifte — GEiroverkehr. 
380) und RKBek. vom 1. Okt. 1903 (RGEBl. 
281) der Handel mit einer größeren Zahl von 
G., abgesehen vom Großhandel, den Apoiheken 
vorbehalten und daher landesgesehlicher oder 
polizeilicher Regelung entzogen. G. dürfen weder 
im ambulanten Gewerbetriebe (s. d. II, 3), noch 
im Gewerbebetrieb im Umherziehen (s. d. III, 1) 
feilgeboten werden. Wegen der Beförderung 
auf der Eisenbahn s. Eisenbahnverkehrs- 
ordnung lI. 
Gipsöfen gehören zu den genehmigungs- 
pflichtigen Anlagen (GewO. 8 8 Die Ge— 
nehmigung erteilt der Kr A. (St A.), in den zu 
einem Landkreise gehörigen Städten über 
10000 Einw. der Magistrat (36. § 109). S. 
auch Techn. Anl. Ziff. 8. Genehmigungs- 
pflichtig sind nur die G. als solche, nicht 
auch die Anlagen in ihrer Gesamtheit (ogl. 
Denkschr. des RT. 1900/01, Drucks. Ar. 150). 
Anlagen, in denen Gips durch Kochen mittels 
Dampf entwässert wird, sind nicht genehmi- 
gungspflichtig, denn der B###eschl., wonach 
das Wort „Gipsöfen" durch die Worte „Anlagen 
zur Herstellung von entwässertem Gips“ ersetzt 
werden sollte, ist nach R#- Bek. vom 19. Juni 
1901 (REl. 267) wieder aufgehoben. Die in 
Zuckerraffinerien zum Brennen des Stron- 
tianits benutzten Ofen sind Keine G. (Erl. des 
OHM. vom 30. Okt. 1903). S. auch Sonn- 
tagsruhe im Gewerbetriebe IV. In Eips- 
brennereien ist die Beschäftigung von Kindern 
(d. in gewerblicher Beziehung) verboten 
(Kinderschutz G. 88§ 4, 12). 
Giroverkehr. I. Begriff. G. ist der Zah- 
lungsverkehr zwischen den Kunden einer Bank 
durch Abschreibung der geschuldeten Zahlung 
von dem Bankbonto des Schuldners und Zu- 
schreibung auf dem des Gläubigers. Die Er- 
öffnung des Bank(Giro-z)kontos erfolgt auf 
der Grundlage von Depositen. In der Regel 
übernimmt die Bank auch die Annahme bzw. 
Einziehung und Gutschrift der Zahlungen 
Dritter sowie sonstiger Aktioposten zugunsten 
des Girokontos ihres Kunden und leistet auch 
zu dessen Lasten auf Anweisung des àKunden 
Zahlungen an Dritte. 
Der G. der Reichsbank im allge- 
meinen. Der Girovertrag zwischen BReichs- 
bank und RKunden wird durch Vollziehung 
der gedruchten Bedingungen durch letztern 
und Einlegung eines Barbetrages als GEiro- 
guthaben geschlossen. Dem Guthaben fließen 
zu später von dem Kunden oder von Dritten 
auf seine Rechnung gemachte Einzahlungen, 
von dem Kunden bei der BReichsbank auf 
Wechsel, Lombarddarlehn oder Schechs zu er- 
hebende Beträge, endlich die Eingänge aus 
dem von der Reichsbank für den Kunden be- 
wirkten Inkassoverkehr. Behufs Verfügung 
über sein Guthaben erhält der Kunde zwei 
Scheckbücher, eines mit weißen und eines 
mit roten Blättern. Die weißen Schechs 
dienen zu baren Abhebungen und enthalten 
einen Zahlungsauftrag an die Bank sie können 
aber auch zu Uberweisungen auf andere Platz- 
konten, d. h. Konten an demselben Ort, benutzt 
werden, und es kann durch den quer über 
den Text der Vorderseite des weißen Schecks 
geschriebenen oder gedruchten Vermerk „Aur
	        
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