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brieften. Ein erteilter Grundschuldbrief, ohne
den sich in vielen Beziehungen die G. nicht
geltend machen läßt, kann, wenn er abhanden
gekommen oder vernichtet ist, im Wege des Auf—
gebotsverfahrens für kraftlos erklärt werden.
II. Eine besondere Art der G. ist die Renten-
schuld (BGB. 88 1199 - 1203), nämlich eine G.,
die dahin lautet, daß in regelmäßig wieder—
kehrenden Terminen eine bestimmte Geldsumme
aus dem Grundstücke zu zahlen ist. Es muß
jedoch gleich bei der Bestellung der Renten—
schuld ein Betrag bestimmt und in das Grund—
buch eingetragen werden, durch dessen Zahlung
die Rentenschuld abgelöst werden kann, und
auf den die für ein Grundschuldkapital gel—
tenden Vorschriften entsprechende Anwendung
finden, während auf die einzelnen Leistungen
die Vorschriften über Hypothekenzinsen zur
entsprechenden Anwendung kommen. Uber die
Rentenschuld wird ein Rentenschuldbrief erteilt.
Eine Rentenschuld kann in eine gewöhnliche
G., eine solche in eine Rentenschuld umgewan-
delt werden. Von der Reallast unterscheidet
sich die Rentenschuld dadurch, daß bei jener
der Grundstückhseigentümer für die während
der Dauer seines Eigentums fällig werdenden
Leistungen auch persönlich haftet, bei dieser es
aber an einer solchen Haftung fehlt. S. auch
Hypotheken und Hypothekenwesen.
Grundsteuer. I. Begriff. G. ist im weite-
ren Sinne jede Real Ertrag-, Objekt-steuer,
deren Besteuerungsgrundlage der Grundbesitz
bildet, im engeren Sinne eine solche, die zum
Gegenstand nur den unbebauten Grundbesitz
(die Liegenschaften) hat, im Gegensatz zur Ge-
bäudesteuer (s. d.).
II. Geschichte. Da in den Zeiten der Na-
turalwirtschaft das Vermögen überwiegend in
Grund und Boden, den darauf befindlichen
Gebäuden und dem zu seiner Bewirtschaftung
erforderlichen Vieh und Wirtschaftsgerät be-
stand, war der Grund und Boden der nächst-
liegende Gegenstand der Besteuerung. Ebenso
ist er der sich der Wahrnehmung Dritter am
wenigsten entziehende und nach Art und Um-
fang von Dritten ohne Inanspruchnahme des
Steuerpflichtigen selbst am leichtesten zu be-
urteilende. Hieraus erklärt sich, daß die G.
die älteste Steuerform bildet. Andererseits
verursacht die Ausgestaltung der G. nach glei-
chen Normen und Sätzen, durch die alle Steuer-
pflichtigen gleichmäßig getroffen werden, inner-
halb größerer Gebiete wegen der Verschieden-
heit der Bodengestaltung, der Bodengüte, der
kkllimatischen Verhältnisse, der Transportwege,
der Bewirtschaftungsart usw. besondere Schwie-
rigkeiten. Deshalb, und da die älteste Form
der Besteuerung in den deutschen Territorial=
staaten die der Beden war, deren Unterver-
teilung den einzelnen Ständen der einzelnen
ständischen Gebiete überlassen blieb, hat sich
die G. territorial sehr verschieden entwichelt
und diese territorialen Verschiedenheiten inner-
halb desselben Staatsgebiets länger als andere
Steuern bewahrt. Auch das straff zentralisierte
Preußen hat bis 1861 gebraucht, um zu einer
G. zu gelangen. Die Steuerreform von 1820
beschränkte sich auf die Bestimmungen in den
§#§ 4, 5 des Abgabengesetzes vom 30. Mai (GCS.
Grundsteuer.
134), daß die G., wo sie seit 1789 eingeführt
oder erhöht sei, ein Fünftel des Reinertrags
nicht übersteigen solle, und daß vom Staate
veräußerte Domänen= und Forstgrundstücke
mit mindestens ein Sechstel des Reinertrags zur
G. heranzuziehen seien. Und doch bestanden
in Preußen nicht weniger als 33 verschiedene
Grundsteuersysteme, in einzelnen Regierungs-
bezirken bis zu sieben. In den nächsten drei
Jahrzehnten wurde nur in den beiden west-
lichen Prov. Rheinland und Westfalen durch
das G. vom 21. Jan. 1839 (GS. 30) und in der
Prov. Posen durch V. vom 14. Okt. 1844 (GS.
601) eine provinzielle Umgestaltung vorgenom-
men; im übrigen beschränkten sich die Refor-
men auf das Remissionswesen und (G. vom
24. Febr. 1850 — G. 62) die Grundsteuerbefrei-
ungen; das G. vom 24. Febr. 1850 stand zudem
nur auf dem Papier, da es zu seiner praktischen
Durchführung die Regelung der G. von den
früher befreiten, nach ihm aber steuerpflichtigen
Grundstücken durch besonderes Gesetz voraus-
setzte, dieses Gesetz aber nicht erlassen wurde.
Seit 1851 beschäftigten sich die Kammern all-
jährlich mit der Grundsteuerreform. Aber erst
1861 gelang sie in den drei Gesetzen vom 2 1. Mai
1861, nämlich dem G., betr. die ander-
weite Regulierung der Grundsteuer
(GS. 253), dem G., betr. die Einführung einer
allgemeinen Gebäudesteuer s. HGebäudesteuer)
und dem G., betr. die für die Aufhebung der
Grundsteuerbefreiungen und Bevorzugungen
zu gewährende Entschädigung (s. Entschädi-
gung bei Aufhebung von Steuerbefrei-
ungen h. Dem Grundsteuergesetz sind (mit
gleicher gesetzlicher Kraft) beigefügt eine „An-
weisung für das Verfahren bei Ermittlung des
Reinertrags der Liegenschaften behufs ander-
weiter Regelung der Grundsteuer“ und als
Anlagen zu dieser A. „Anweisung für das Ver-
fahren bei Herstellung der Gemarkungskarten
und Feststellung des Flächeninhalts der Liegen-
schaften"“, B. „Zusammenstellung der haupt-
sächlichsten, bei Aufstellung der Kreisbeschrei-
bung zu berückhsichtigenden Punkte“, C. „All-
gemeine Grundsätze bei Abschätzung des Rein-
ertrags der Liegenschaften", D. „Klassifikations-
stala". Die Unterverteilung und Erhebung
der G. wurde für die östlichen Provinzen pro-
visorisch erst durch V. vom 12. Dez. 1864 (GS.
673) und definitiv durch G. vom 8. Febr. 1867
(GS. 185), für die beiden westlichen sogleich
definitiv durch V. vom 12. Dez. 1864 (GS. 683)
geregelt. In den neuen Landesteilen wurde
die 8 eingeführt durch das G., betr. die Aus-
führung der anderweiten Regelung der G. in
den Prov. Schleswig-Holstein, Hannover und
Hessen-Aassau, sowie in dem Kreise Meisenheim,
vom 11. Febr. 1870 (GS. 85) und (Feststellung
der Grundsteuerhauptsummen) V. vom 13. Dez.
1875 (GS. 62), im Jadegebiet erst durch G. vom
23. März 1873 (GS. 107), in Lauenburg durch
G. vom 15. Febr. 1875 (Offizielles Wochen-
blatt für Lauenburg S. 127) und V. vom 8. Okt.
1877 (GS. 229). Die Hohenzollernschen Lande
behielten ihre aus vorpreußischer Zeit stam-
mende G. (ogl. Grundsteuer in den Hohen-
zollernschen Landen). Zur Hebung ge-
langte die G. in den alten Provinzen vom