750
Zentraldirektion zur Regelung der
Grundsteuer, bestehend aus einem Mitglied
des FM., den vier Generalkommissarien und
einem forsttechnischen Mitgliede des FM. Dazu
kam dann das zahlreiche Personal von Ver-
messungsbeamten unter Leitung des Ober-
grometers für den Regierungsbezirk und des
ermessungsinspektors für den Staat. Für
die westlichen und neuen Provinzen bestanden
mannigfache Abweichungen in der Organisa-
tion. Die Veranlagung begann mit der Flächen-
ermittlung auf Grund des vorhandenen Mate-
rials oder neuer Vermessung (s. Hemarkungs-
karten). Gleichzeitig war das Material für
die Reinertragsermittlung zu beschaffen. Zu
diesem Zweck stellte der Beranlagungskommis-
sar eine alle Verhältnisse, welche den wirtschaft-
lichen Ertrag bedingen, berührende Kreis-
beschreibung auf. Diese wurde von der
Veranlagungskommission beraten und even-
tuell abgeändert. Gleichzeitig stellte diese einen
Entwurf des Klassifikationstarifs auf und
wählte die Musterstüche aus. Die entworfenen
vorläufigen Tarife wurden veröffentlicht, und
es Konnten Gemeindevorstände, Inhaber von
Gutsbezirken und Kreistage Einwendungen
gegen sie erheben. Die Bezirkskommission
stellte ihre Vorschläge zur Abänderung fest,
und ihr Vorsitzender verfaßte eine Bezirks-
beschreibung. Alsdann stellte die Zentralkom-
mission den vorläufigen Tarif fest, auf Grund
dessen die Einschätzung der einzelnen Gemar-
kungen durch je zwei Mitglieder der Veran-
lagungskommission erfolgte; die Ergebnisse
wurden im „Einschätzungsregister" eingetragen.
Gegen die Einschätzung war Reklamation wegen
unrichtigen Ansatzes einzelner Grundstüchke, un-
richtiger Flächenermittlung, unrichtiger Ein-
schätzung in den Klassifikationstarif und wegen
Fehlern bei den Berechnungen zulässig. Soweit
sie von ihr begründet befunden wurden, half
ihnen schon die Veranlagungskommission ab;
die anderen wurden von der Bezirkskommis-
sion endgültig erledigt. Die gesamten Veran-
lagungoarbeiten gingen dann zur Prüfung an
den FM. und die Zentralkommission, die nun-
mehr die Klassifikationstarife endgültig fest-
stellte, worauf die Reinerträge der einzelnen
Grundstücke, soweit nötig, anderweit berechnet
und die Gesamtreinerträge der Gemeinden,
Kreise und Provinzen festgestellt wurden
(Grundsteuergesetz § 6 und die demselben bei-
gefügten Anw.). Aachdem diese zur Einschätzung
der Grundstücke und Ermittlung der Reiner=
tragssummen erforderlichen Arbeiten beendet
waren, konnte erst durch besondere Berord-
nungen und Gesetze (s. o. unter I die Unter-
verteilung der G. erfolgen. Der einzelne
Grundeigentümer hatte neben dem BRecht der
Geltendmachung der durch Fortschreibung zu
beseitigenden materiellen Irrtümer das der
Reklamation wegen unrichtiger Flächenangabe
und unrichtiger Einschätzung in den Rlassifika-
tionstarif (unrichtiger Aufnahme der Kultur-
art, unrichtiger Bonitätsklasse und ungleich-
mäßiger Einschätzung gegen andere Grund-
stüche derselben Gemarkung). Die Reklama-
tionen entschied die für jeden Kreis gebildete
Reklamationskommission, die unter Vorsitz
Grundsteuer in den Hohenzollernschen Landen — Grundsteuerdechungsfonds.
eines Kommissars der Regierung je zur Hälfte
aus gewählten und ernannten Mitgliedern be-
stand, auf Grund eines Gutachtens einer aus
je zwei ihrer Mitglieder für bestimmte Rekla-
mationsbezirke gebildeten Reklamationsdepu-
tation. Eine Ermäßigung der Grundsteuer-
hauptsumme der Gemarkung konnte vom Ge-
meindevorstand (Gutsbesitzer) wegen Uber-
bürdung beantragt werden; dem Antrag war
stattzugeben, wenn eine erneute Einschätzung
einen um mehr als 250% hinter dem der frühe-
ren zurüchbleibenden Gesamtreinertrag ergab.
Die Entscheidung traf nach Begutachtung durch
Reklamationskommission und Regierung der
JM. Die Grundsteuerhauptsummen der Pro-
vinzen und ständischen Verbände ändern sich
nur durch eränderune im Bestande der
Grundstücke, berechtigte Uberbürdungsbeschwer-
den und Nachweis materieller Irrtümer (für
die östlichen Provinzen V. vom 12. Dez. 1864
§§ 1—4; G. vom 8. Febr. 1867 §§ 1—10, 11—28;
für die westlichen V. vom 12. Dez. 1864 88 1,
7—13; für die neuen G. vom 11. Febr. 1870
§ 8). Die RKosten der Grundsteuerveranlagung
betrugen für die alten Provinzen 33297175
und für die neuen 26263056 Ml. Wegen Er-
haltung der G. bei der Gegenwart vgl. Fort-
schreibung und Kataster. Das Veran-
lagungssoll der G. betrug 1905: 41 467730 M.,
wovon 37967633 Ml. auf das platte Land kamen.
Durch die infolge der Bevölkerungsvermehrung.
zunehmende Besetzung von Liegenschaften mit
Gebäuden geht es naturgemäß zurück.
Grundsteuer in den Hohenzollernschen Lan-
den. Sie beruht, wie die übrigen dortigen
Realsteuern, auf dem durch G. vom 22. Febr.
1867 (GS. 269) auf das Fürstentum Hechingen
ausgedehnten Sigmaringenschen Gesetz, über
die NVormen der direkten Besteuerung vom
30. Aug. 1834 (Sigm GS. 4, 93), welches in
Einzelheiten, im wesentlichen nur bezüglich der
Steuersätze, durch G. vom 25. Alärz 1875 (GS.
181) geändert ist. Durch das G. wegen Um-
gestaltung der direkten Staatssteuern in den
hohenzollernschen Landen vom 2. Juli 1900
(G# 252) ist sie der Staatskasse gegenüber
außer Hebung gesetzt, ihre Veranlagung wird
aber für die Zwecke der Kommunalbesteuerung
aufrechterhalten (ogl. Aufhebung direkter
Staatssteuern). Der G. unterliegen alle
nicht der Gebäudesteuer (s. d.) unterworfenen
Grundstücke und nicht der Gefällsteuer (s. d.)
unterliegenden, auf Grund und Boden haf-
tenden Autzungsrechte. Befreit sind jetzt den
Gemeinden gegenüber dieselben Grundstücke,
wie in der übrigen Monarchie (s. den vor. Art.
III A) und die Gärten der fürstl. Hohenzollern-
schen Schlösser (HohenzollS#em O. vom 2. Juli
1900 — GS. 189 — 8§ 98 I|). Den Maßstab
der Besteuerung, das „Steuerkapital“, bildet
der mit 20 kapitalisierte Reinertrag nach Ab-
zug der mit 25 kapitalisierten Reallasten. Der
Steuersatz beträgt 0,0017% des Steuerhkapi-
tals. Eine Revision der Veranlagung findet
nicht statt.
Grundsteuerdechungsfonds war ein in der
ARMheinprovinz und Westfalen aus Beiträgen
der Grundsteuerpflichtigen von jährlich ½/2 %
der Grundsteuer gebildeter Fonds zur Dechung.