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digen G. und ebenso dessen Aufhebung nur
durch eine Anordnung des Landesherrn (AKabO.)
erfolgen. Eine Ausnahme macht die Prov. Han-
nover. Hier war in früherer Zeit die obere
Verwaltungsbehörde und ist seit dem Jahre
1874 der Oberpräsident zur Bildung und Auf-
hebung von G. zuständig (OV. 19, 155). Es
bedarf aber eines vorgängigen Beschlusses des
Kr A., wenn der neue G. aus Teilen von an-
deren Guts= oder von Gemeindebezirken ge-
bildet werden soll (OVG. 37, 165).
V. Bäheres über die Form und Voraus-
setzungen für die Bildung neuer G., über die
Veränderung ihrer Grenzen und über die Auf-
lösung von G. s. Gemeindebezirke III. Aber
die Person des Gutsherrn in einem durch Abver-
häufe zerstüchelten G. und über die Verpflich-
tung zum Tragen der Kommunallasten des G.
s. Gutsbesitzer, über die obrigkeitlichen
Rechte und Pflichten im G. s. Gutsvor-
steher, über die Armenpflege im G. s. Orts-
armenverbände, über die Verbindung von
G. und Gemeinden zur Wahrnehmung kom-
munaler Angelegenheiten s. Zwechverbände,
über die Kommunalaufsicht im G. s. Aufsicht,
Kommunalaufsicht und Disziplinarbe-
hörden II, über die Auseinandersetzung nach
Veränderung der Grenzen des G. s. Aus-
einandersetzung bei Veränderungen
kommunaler usw. Verbände, über die
Gemeindeabgabenpflicht des G. von einge-
zogenen bäuerlichen Grundstücken s. Wüste
Hufen.
Gutsherrlich = bäuerliche Regulierungen.
Die in den gutsherrlich-bäuerlichen Verhält-
nissen enthaltenen einzelnen Rechte und Pflich-
ten haben sich sowohl in den verschiedenen
Zeiten als auch in den verschiedenen Gegenden
sehr mannigfaltig entwickelt, niemals aber
haben sie eine einheitliche gesetzliche Regelung
erfahren. Regelmäßig kommt ein solches Ver-
hältnis nur in Beziehung auf ein Bauern-
gut vor, d. h. ein dem Landbau gewidmetes
Grundstück von einem so beschränkten Um-
fange, daß es die eigene Beteiligung seines
Besitzers an der mechanischen Tätigkeit der
Vodembestellung. im GEegensatze zu der bloßen
Leitung und Verwaltung des Gutsbesitzers
gestattet und erforderlich macht (Vollbauern,
Halbbauern, Kossäten, Gärtner, Kätner, Häus-
ler, Büdner u. dgl. m.). Die Besitzer dieser
Güter unterlagen in früheren Jahrhunderten
ihrer wirtschaftlich schwächeren Stellung ent-
sprechend vielfachen rechtlichen Beschränkungen
teils in Beziehung auf ihre Person, teils in
Beziehung auf das ihnen zustehende Recht am
Grund und Boden. Diese Beschränkungen
bestanden zugunsten eines Gutsherrn, d. h. eines
herrschaftlichen (meist landesherrlichen oder
adligen) Grundbesitzers (Gutsherrschaft, Domi-
nium, Gutsobrigkeit). Wer zu diesen gehörte,
bestimmte sich teils durch Herkommen, teils
auch ergab es sich als eine Folge einzelner
(namentlich der Steuer-) Gesetze. Die äußerste
Schärfe dieses Abhängigkeitsverhältnisses, das
der Leibeigenschaft und persönlicher Unter-
tänigkeit, hatte sich vielfach schon im Laufe
des 18. Jahrhunderts verloren; doch enthält
noch das AL. (II, 7) manche Bestimmungen
Gutsherrlich-bäuerliche Regulierungen.
(die allerdings nur subsidiäre Geltung hatten)
über Peine Wirkungen. Danach äußerte sich
das Verhältnis sowohl in öffentlichrecht-
licher als auch privatrechtlicher Beziehung.
In ersterer namentlich dadurch, daß den Guts-
herren die „obrigkeitliche“, d. h. die gerichts-
herrliche und polizeiliche Gewalt über ihre
Untertanen zuftand; in letzterer dadurch, daß
die Bauern nur selten ein freies Eigentum an
ihren Grundstücken hatten. Ihnen stand viel-
mehr der Regel nach nur ein „besseres“ oder
„geringeres“ Besitzrecht zu. Zum ersteren ge-
hörte das Erbzins= und Erbpachtverhältnis,
zum letzteren das der „Lassiten“ und der Zeit-
pächter. Alle diese Ugitzer waren dem Guts-
herrn zu Abgaben und Leistungen (Erbpachts-
Kanon, Laudemium usw.) sowie zu Hand= und
Spanndiensten (Scharwerk, Robot, Fronen
u. dgl. m.) der mannigfachsten Art verpflichtet,
mit denen dieser seine Wirtschaft zu führen
pflegte. Umgekehrt hatte aber auch der Guts-
herr seinen Untertanen — zu denen übrigens
auch die freien Dorfbewohner, Angesessene und
Nichtangesessene gehörten — gegenüber mancher-
lei Pflichten, allerdings meist solcher Art, die
heute mehr dem Gebiete der Moral, als dem
des Rechtes angehören würden, z. B. die, sich
ihrer in Notfällen werktätig anzunehmen,
ihnen Gelegenheit zum Erwerbe ihres Unter-
haltes zu verschaffen oder ihnen die Erlaub-
nis zu geben, auswärts ihr Brot zu ver-
dienen, ihre Lasten nicht willkürlich zu erhöhen
u. dgl. m. Ein solches gutsherrlich-bäuerliches
Verhältnis bildete in Deutschland durchweg
die Grundlage der ländlichen, sowohl privaten
als auch öffentlichen Rechtsverfassung. Seit
dem Anfange des vorigen Jahrhunderts ist
die preuß. Gesetzgebung bemüht gewesen, es
zu beseitigen. Sie hat es zwar niemals voll-
ständig aufgehoben, wohl aber nach und nach
seine einzelnen Ausflüsse, und zwar nahezu
völlig. Auf öffentlichrechtlichem Gebiet
insbesondere ist die gutsherrliche Gerichtsbar-
keit durch die V. vom 2. Jan. 1849 (GS. 5),
die gutsherrliche Polizei durch die Kr O. vom
13. Dez. 1872 (ogl. BU. vom 31. Jan. 1850
Art. 42 und G. vom 14. April 1856 — GS. 353)
beseitigt worden. Darüber aber, daß das guts-
herrlich-bäuerliche Verhältnis noch heute auf
einzelnen Gebieten, z. B. dem der Schulunter-
haltung, Wirbungen äußert, vgl. OV. vom
21. Mail 1883 (OVS. 10, 126). Auf privatrecht-
lichem Gebiete hatte man zwar schon in
der Mitte des 18. Jahrh. damit begonnen,
den bis dahin vielfach durcheinander liegenden
gutsherrlichen und bäuerlichen Besitz räum-
lich auseinanderzubringen und wenigstens
eine „Generalseparation“ der verschiedenen
Ländereien vorzunehmen, d. h. die gutsherr-
lichen Grundstüche aus dieser Gemengelage
mit den bäuerlichen auszuscheiden. Aber erst
die Stein-Hardenbergsche Gesetzgebung traf
durchgreifende Maßregeln. Zunächst wurde
durch die V. vom 29. Dez. 1804 alle Leib-
eigenschaft und Erbuntertänigkeit oder Guts-
pflichtigteit auf den kgl. Domänen in Ost-
preußen und Litauen und demnächst durch
das Edikt vom 9. Okt. 1807 (GS. 1806—1810,
170) die Gutsuntertänigkeit ganz all-