Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gymnasiallehrer (Vorbildung; amtliche Stellung). 
Ziff. 4 B unter 2—5, 7—11 und 13—15 auf- 
geführten Fächer nachweisen. Handelt es sich 
dabei neben der Lehrbefähigung in der Re- 
ligion und im Hebräischen um den Nachweis 
einer weiteren Lehrbefähigung für die erste 
Stufe, so ist eine schriftliche Hausarbeit für 
das betreffende Fach zu fordern. Wegen 
egenseitiger Anerkenntnisse der 
Prükfungszeugse für das höhere Schulamt 
sind mit den Regierungen des Königreichs 
Sachsen, des Großherzogtums Baden, des 
Großherzogtums Mechlenburg-Schwerin, der 
roßherzogl. und herzogl. sächs. Staaten, des 
erzogtums Braunschweig und von Elsaß- 
Lothringen Vereinbarungen getroffen (1#3 Bl. 
1904, 354). Zur praktischen Ausbildung der 
Kandidaten diente bis 1890 allgemein ein 
Probejahr, d. h. eine Zeit praktischer Be- 
schäftigung an einer höheren Lehranstalt (Regl. 
vom 20. April 1831 § 33; Regl. vom 12. Dez. 
1866 § 40; Ordnung vom 5. Febr. 1887 § 35). 
Jetzt geht demselben eine einjährige semina- 
ristische Beschäftigung voraus, deren Einrichtung 
an einzelne ältere derartige Übungen anknünpft. 
lber diese gesamte praktische Ausbildung 
ist die Ordnung vom 15. März 1890 Erl. 
vom 5. April 1890 — U Z l. 273) ergangen. 
Danach dauert die praktische Ausbildungszeit 
zwei Jahre und besteht aus einem Seminar- 
jahr und einem darauf folgenden Probe- 
jahr. Das Seminarjahr ist dazu bestimmt, 
die Kandidaten entweder an einem der vor- 
handenen pädagogischen Seminare (solche sind 
in Berlin, Halle, Göttingen, Magdeburg, 
Breslau, Danzig, Kassel, Koblenz, Königs- 
berg, Münster, Posen) oder an einer den 
Zwecken des Seminarjahres entsprechend ein- 
gerichteten höheren Lehranstalt von neun 
Jahrgängen bzw. der Vorschule derselben mit 
den Aufgaben der Erziehungs= und Unter- 
richtslehre in ihrer Anwendung auf höhere 
Schulen und insbesondere mit der Methodik 
der einzelnen Unterrichtsgegenstände bekannt 
zu machen, sowie durch Darbietung vorbild- 
lichen Unterrichts und durch Anleitung zu 
eigenen Unterrichtsversuchen zur Wirksamkeit 
als Lehrer zu befähigen. Die Uberweisungen 
an die betreffenden Anstalten erfolgen durch 
die Provinzialschulkollegien. Die Unterweisung 
der Kandidaten seitens der Direktoren und 
Oberlehrer ist eine wissenschaftliche und prak- 
tische. Die Seminaranstalten sollen möglichst 
da bleiben wo sie eingerichtet sind (U#Zl. 
1892, 812). Das Probejahr dient vorzugs- 
weise der selbständigen praktischen Bewährung 
des im Seminarjahr erworbenen Lehrgeschichs 
und wird in der Regel an solchen höheren 
Lehranstalten abgelegt, welche nicht bereits 
durch die Aufgaben der Seminarausbildung 
in Anspruch genommen sind. Ein Unterschied 
zwischen Anstalten mit neun Jahrgängen und 
solchen mit kürzerer Lehrzeit findet dabei nicht 
statt. Den Kandidaten der neueren Sprachen 
ist gestattet und empfohlen, einen Teil des 
Probejahres in Ländern französischer Zunge 
bzw. in England zuzubringen (Erl. vom 
24. Okt. 1892 ’ II 1892; s. Erl. vom 13. Mai, 
1897 — UBZl. 1897, 431). Auf Grund der 
Ergebnisse ihrer praktischen Ausbildung wird 
  
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den Kandidaten die Anstellungsfähig- 
keit vom Provinzialschulkollegium zuerkannt 
Ordnung vom 15. Alärz 1890 § 16). Die 
Zeugnisse hierüber erhalten das Datum des 
1. April oder 1. Oktober (U ZBl. 1893, 780). 
II. Amtliche Stellung (Kandidaten- 
liste, Anstellung, Titel, Eirichtstunden. 
Urlaub, Nebenbeschäftigung, Fortbil- 
dung). 1. Kandidatenliste. Eine neue 
Ordnung, betr. die Verhältnisse der anstellungs- 
fähigen Kandidaten für das Lehramt an höheren 
Schulen, ist am 15. Mlai##.01905 (U.Z Bl. 409) er- 
lassen. Nach den bisherigen Vorschriften hatte 
jeder Schulamtskandidat sich nach erreichter 
Anstellungsfähigkeit bei demjenigen Provinzial- 
schulkollegium zu melden, in dessen Bereich er 
Verwendung finden wollte, und wurde nach 
dem Datum des Zeugnisses über seine An- 
stellungsfähigkeit, bei gleichem Datum nach 
demjenigen des Zeugnisses über die bedingungs- 
los abgelegte Prüfung, eventuell nach dem 
Lebensalter (U. Bl. 1893, 780) in eine Ancienni- 
tätsliste eingetragen (U. ZBBl. 1892, 813). Bei 
der Bestimmung der Anciennität wurde ferner 
diesenige Zeit in Anrechnung gebracht, um 
welche die Ablegung der Prüfung durch den 
Militärdienst während der auf drei Jahre an- 
zunehmenden (U#Bl. 1899, 360) Studienzeit 
oder des Vorbereitungsdienstes (auch bei pri- 
vater Vorbereitung — U Sl. 1899, 360) ver- 
zögert war und welche in dem Anstellungs- 
zeugnis vermerkt ist (U.3Bl. 1894, 416). So- 
lange sie in der Liste standen, galt die Zeit 
als „öffentlicher Schuldienst“, sofern sie nicht 
eine Anstellung oder Tätigkeit übernahmen, 
die sie der freien Verfügung des Provinzial- 
schulkollegiums entzog. Die Zeit galt als „un- 
mittelbarer Staats dienst“ nur bei einer Be- 
schäftigung an einer vom Staate zu unter- 
haltenden höheren Lehranstalt (AU#ZBl. 1905, 
408). Aach der Ordnung vom 15. Mai 1905 
QQIZl. 1905, 409) haben die Kandidaten die 
Wahl, sich in die Liste eintragen zu lassen 
und damit in den öffentlichen höheren Schul- 
dienst ein zutreten oder sich außerhalb dieses 
Schuldienstes zu beschäftigen. Die letzteren 
treten in den höheren Schuldienst erst mit der 
Anstellung als Oberlehrer; sie haben auf An- 
stellung an staatlichen Anstalten keine Aus- 
sicht, auf eine solche an den staatlich unter- 
stützten nmur, wenn nach Lage der Verhältnisse 
dem Patron die Wahl unter den ihm vom 
Provinzialschulkollegium genannten sechs Be- 
werbern nicht möglich ist. Sie werden weder 
von staatlichen noch von nichtstaatlichen An- 
stalten kommissarisch beschäftigt. Ihre Ver- 
eidigung erfolgt erst mit der Anstellung als 
Oberlehrer, ihre Anciennität und ihre pensions- 
fähige Dienstzeit rechnen vom Tage der Uber- 
tragung des etatsmäßigen Gehalts. Die bis- 
z#at in den Anciennitätslisten eingetragenen 
andidaten haben sich alsbald zu entscheiden, 
ob sie sich außerhalb des öffentlichen höheren 
Schuldienstes beschäftigen wollen, oder nach 
Maßgabe der neuen Ordnung in den öffent- 
lichen höheren Schuldienst eintreten wollen. 
Die in die Liste eingetragenen Kandidaten 
sind alsbald zu beeidigen und einer Anstalt 
zur unentgeltlichen Beschäftigung zu über-
	        
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