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Verwandter ist (8 26). Innerhalb dieser
20 Jahre steht den anerbenberechtigten Mit-
erben ein Vorkaufsrecht zu (§ 27). Der Ein-
tritt des A. für den nächsten Erbfall Kann nur
durch eine letztwillige Verfügung ausgeschlossen
werden (§ 10). Dagegen hann die Person des
Anerben sowohl in einer letztwilligen Ver-
fügung wie auch in einer öffentlich beglaubig-
ten Urkunde abweichend von den gesetzlichen
Vorschriften bestimmt werden (8 32).
Am 31. Dez. 1904 — die Angaben für 1905
liegen noch nicht vollständig vor — betrug die
Zahl der durch Vermittelung der Generalkom-=
mission gebildeten Rentengüter, bei denen die
Anerbengutseigenschaft eingetragen war, 9245.
Ansiedelungsgüter waren am 31. Dez. 1905
10 382 vorhanden (s. Ansiedelungen in West-
preußen und Posen IUII). Da das G. vom
8. Juni 1896 auf die meisten Rentengüter und
auf fast sämtliche Ansiedelungsgüter Anwen-
dung findet und da ferner im Jahre 1905 etwa
300 weitere Rentengüter begründet waren, so
erstreckt sich der Geltungsbereich des Gesetzes
zurzeit auf etwa 20000 Besitzungen.
b) Das G., betr. das A. bei Land-
gütern in der Prov. Westfalen und in
den Kreisen Rees, Essen (Land), Essen
(Stadt), Duisburg, Ruhrort und Mül-
heim a. d. Ruhr, vom 2. Juli 1898 (GS.
139). Anerbengut wird jedes im Geltungs-
bereiche des Gesetzes belegene „Landgut“ durch
Eintragung der Merbengutseigenschaft im
Grundbuche (8 1). Unter „Landgut“ wird jede
ihrem Hauptzwecke nach zum Betriebe der
Land= oder Forstwirtschaft bestimmte und zur
selbständigen Aahrungsstelle geeignete Be-
sitzung verstanden, die mit einem, wenn auch
räumlich von ihr getrennten Wohnhause ver-
sehen ist (§ 2). Wie bereits oben angedeutet,
zerfällt der Geltungsbereich des Gesetzes in
ein Gebiet des unmittelbaren und ein solches
des mittelbaren A. In dem ersteren, bei
weitem umfangreicheren Gebiet erfolgt die
Eintragung der Anerbengutseigenschaft und
deren Löschung auf Ersuchen des zuständigen
Spezialkommissars (§ 3). Die Eintragung ist
von Amts wegen bei allen Besitzungen nach-
zusuchen, die den Voraussetzungen des 8 2
entsprechen. Die Prüfung, ob letzteres der Fall
ist, erfolgt jedoch bei Besitzungen mit einem
rundsteuerreinertrage von weniger als 60 M.
nur auf Antrag des Eigentümers (§ 8). Bei
den übrigen Besitzungen ist dieser lediglich zu
hören. Wenn sich dabei zwischen dem Spezial-
kommissar und dem Eigentümer eine Meinungs-
verschiedenheit darüber ergibt, ob die Voraus-
setzungen für die Eintragung der Anerbenguts-
eigenschaft gegeben sind, so entscheidet die
Anerbenkommission, die aus dem Spezial-
kommissar als Vorsitzenden und zwei Sach-
verständigen besteht. Die Sachverständigen
werden vom Kreistag aus der Zad der-
jenigen Personen gewählt, die im Kreise mit
einem den Erfordernissen des § 2 entsprechen-
den Landgut angesessen sind. Gegen den Be-
schluß der Anerbenkommission steht dem Eigen-
tümer und dem Spezialkommissar binnen einer
Aotfrist von zwei Wochen die Beschwerde an
die bei der Generalkommission in Münster
Anerbenrecht.
gebildete Berufungskommission zu, die aus
zwei vom ML. bestellten Mitgliedern der
Generalkommission und drei von der Land-
wirtschaftskammer gewählten Bachverständigen
besteht (§ 9). Die Löschung der Anerbenguts-
eigenschaft ist nachzusuchen, wenn die Besitzung
nicht mehr ein Landgut im Sinne des § 2
darstellt. Das Verfahren ist dasselbe wie bei
der Eintragung (88 8, 9).
Bei Landgütern, deren Wohnhaus im Ge-
biete des mittelbaren A. belegen ist, d. h. in
einem der im § 11 einzeln aufgefübrten Be-
zirke, erfolgt die Eintragung der Anerbenguts-
eigenschaft entsprechend dem System der Höfe-
und Landgütergesetzgebung lediglich auf An-
trag des Eigentümers, der auch jederzeit wieder
die Löschung verlangen, auch den Eintragungs-
und Löschungsantrag auf Teile des Landguts
beschränken kann, sofern nur der Teil, bei
dem die Anerbengutseigenschaft eingetragen
werden soll oder eingetragen bleibt, ein Land-
gut im Sinne des § 2 darstellt. Ob hiernach
die Voraussetzungen einer Eintragung oder
Löschung vorliegen, wird durch eine Bescheini-
ung des Spezialkommissars festgestellt (§ 11).
mm übrigen gelten die Vorschriften des Ge-
setzes für alle Besitzungen, bei denen die An-
erbengutseigenschaft eingetragen ist, mögen sie
dem Gebiete des mittelbaren oder des un-
mittelbaren A. angehören. Hinsichtlich dieser
Vorschriften Kann im allgemeinen auf die im
wesentlichen damit übereinstimmenden Vor-
schriften des Anerbengesetzes für Renten= und
Ansiedelungsgüter verwiesen werden ((. o.
zu a). Dies gilt insbesondere von den Be-
stimmungen über den Erwerb des Anerben-
guts, den Verzicht auf das A. und die Be-
rufung zum Anerben (8§ 13, 18—20), ferner
über die Reihenfolge der Berufung (88 14, 16,
17), über die Feststellung des Anrechnungs-
werts des Anerbenguts und über das Voraus
(§§ 25, 26) sowie über die Abfindungen der
Witerben (§5 29), über die Veräußerung des
Anerbenguts (§ 32) und das Vorkaufsrecht
der Aliterben (5 33). Eine abweichende Rege-
lung hat das westf. Anerbengesetz nur in
folgenden Punkten getroffen. In einigen Be-
zirken, die im § 15 einzeln aufgezählt sind,
ist der Erbsitte entsprechend der jüngere Sohn
vor dem älteren und in Ermangelung von
Söhnen die jüngere Tochter zum Anerben be-
rufen. Im Landgerichtsbezirk Duisburg be-
trägt das Voraus nur ein Fünfteil (8 26
Abs. 2, 3). Der als Anerbe eintretende Ehe-
gatte erhält kein Voraus (§ 27 Abs. 2). Die
Erbabfindungen können in Kapital verlangt
werden, soweit sie im einzelnen den Betrag
von 100 M. nicht übersteigen (§ 29), und auch
wenn dies der Fall ist, können die Renten
berechtigten nach vorgängiger sechsmonatiger
Kündigung die Ablösung der Rente verlangen
30). Eine Ablösung durch die Rentenbank
findet nicht statt. Dafür hat die Landschaft
für die Prov. Westfalen die Ablösung der
Erbabfindungsrenten unter Ausgabe von
Pfandbriefen nach näherer Vorschrift des unter
dem 28. Jan. 1901 Allerhöchst genehmigten
Aachtrags zu ihrem revidierten Statute vom
18. Sept. 1899 in die Hand genommen (ogl