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matik oder der Medizin zu widmen gedenken,
vom fakultativen Zeichenunterricht fleißig Ge-
brauch machen.
Außer den körperlichen Ubungen, die
in ausgiebigerer Weise zu betreiben sind, hat
auch die Anordnung des Stundenplans mehr
der Gesundheit Rechnung zu tragen, insbeson-
dere durch angemessene Lage und wesentliche
Verstärkung der bisher zu kurz bemessenen
Pausen.
4. Da die Abschlußprüfung den bei ihrer
Einführung gehegten Erwartungen nicht ent-
sprochen und namentlich dem übermäßigen
Andrange zum Universitätsstudium eher Vor-
schub geleistet, als Einhalt getan hat, so ist
dieselbe baldigst zu beseitigen.
5. Die Einrichtung von Schulen nach den
Altonaer und Frankfurter Lehrplänen
hat sich für die Orte, wo sie besteht, nach den
bisherigen Erfahrungen im ganzen bewährt.
Durch den die Realschulen mitumfassenden ge-
meinsamen Unterbau bietet sie zugleich einen
nicht zu unterschätzenden sozialen Borteil. Ich
wünsche daher, daß der Versuch nicht nur in
zweckentsprechender Weise fortgeführt, sondern
auch, wo die Voraussetzungen zutreffen, auf
breiterer Grundlage erprobt wird.“
Auf Grund dieser AOrder sind durch Erl.
vom 26. Febr. 1901 (U ZBl. 279) alle Abi-
turienten der deutschen G., der deutschen Real-
gymnasien und der preußischen oder als völlig
gleichstehend anerkannten außerpreußischen
deutschen Oberrealschulen gleichmäßig zu
der Prüfung für das Lehramt an höhe-
ren Schulen ohne Einschränkung auf be-
stimmte Fächer zugelassen. Sodann wurde dur
BBBeschl. vom 28. Mai 1901 und Mdg .
vom 19. Nov. 1901 (U 3 Bl. 927) verfügt, daß
neben dem Zeugnis der Reife von einem
humanistischen G. auch das Reifezeugnis von
einem deutschen Realgymnasium für das Reichs-
gebiet als Nachweis der für die Zulassung
zu den medizinischen Prüfungen erfor-
derlichen schulwissenschaftlichen Vorbildung und
somit auch für das Studium der Medizin an-
zusehen ist. Endlich ist durch Erl. des JM.
und Modg A. vom 1. Febr. 1902 (U Bl. 275)
bestimmt, daß zwar die geeignetste Anstalt zur
Vorbildung für den suristischen Beruf das huma-
nistische G. ist, daß indes zu dem Rechts-
studium auch solche Studierenden zugelassen
werden, welche das Zeugnis der Reife von
einem deutschen Realgymnasium oder von einer
preuß. Oberrealschule erworben haben. Den
Studierenden der beiden letzteren Rategorien
sowie denjenigen Gymnasialabiturienten, deren
Reifezeugnis im Lateinischen nicht mindestens
das Prädikat „genügend“ aufweist, bleibt es
bei eigener Verantwortung überlassen, sich die
für ein gründliches Verständnis der Quellen
des röm. Rechts erforderlichen sprachlichen und
sachlichen Vorkenntnisse anderweit anzueignen.
Die Vergünstigung gilt nicht für diejenigen
Reichsangehörigen, deren Heimatstaat ein Gym-
nasialreifezeugnis für die Zulassung zu den juri-
stischen Prüfungen fordert (U 3Bl. 1902, 577 sie
Lilt insbesondere für Lübecker (U Gl. 1905,571),
remenser (A.3 Bl. 1905, 447), beschränkt für
Sachsen (U#B#Bl. 1905, 448)1. Damit ist grund-
Gymnasien und andere höhere Schulen.
sätzlich die Berechtigungsfrage entschie-
den und die Einheit des gesamten höhe-
ren Bildungswesens gewahrt, praktisch frei-
lich die Frage insofern nicht gelöst, als es dem
einzelnen überlassen ist, wie er die für sein
Studium sonst noch erforderlichen Kenntnisse
erwerben will. Insbesondere wird für die
Erlangung der Lehrbefähigung im Französi-
schen und Englischen bei der Prüfung gefor-
dert, daß die KRandidaten Kenntnis der latein.
Elementargrammatik nachweisen nebst der
Fähigkeit, einfache Schriftstellen in leichteren
Stellen richtig aufzufassen und zu übersetzen;
und für die Lehrbefähigung in Geschichte, daß
die Examinanden die für das Verständnis
griechisch oder lateinisch geschriebener Geschichts-
quellen erforderlichen Kenntnisse in diesen
Sprachen nachweisen (U#ZBl. 1902, 280). Zum
Erwerb dieser Vorkenntnisse im Lateini-
schen und Griechischen sind für die
Studierenden der juristischen, medizinischen
und philosophischen Fakultät an den Uni-
versitäten besondere Kurse eingerichtet (U ZBl.
1903, 462). Ferner ist es zulässig, daß Abi-
turienten einer Oberrealschule durch eine Er-
gänzungsprüfung im Lateinischen bei dem
zuständigen Provinzialschulkollegium sich das
eifezeugnis eines Realgymnasiums erwerben,
und daß Abiturienten eines Realgymnasiums
und einer Oberrealschule in gleicher Weise
durch eine Ergänzungsprüfung im Lateinischen.
und im Griechischen sich das Reifezeugnis
eines G. erwerben (U#ZBl. 1903, 195).
II. Lehrpläne, Lehraufgaben. Zur wei-
teren Ausführung der AOrder vom 26. NAov.
1900 sind demnächst durch Mdg AE. vom 3. April
1901 und 29. Mai 1901 (U##Bl. S. 392, 471)
die neuen Lehrpläne und Lehraufgaben für
die höheren Schulen veröffentlicht. Sie weichen
von den Lehrplänen von 1892 darin ab, daß
auf den G. 6 Stunden dem lateinischen
und eine dem franz. Unterricht zugelegt sind;
bei den Realgymnasien 6 Stunden dem
latein. Unterricht hinzugefügt, dagegen
2 Stunden dem franz. Unterricht und eine dem
naturwissenschaftlichen abgenommen sind, bei
den Oberrealschulen 4 Stunden dem
Unterricht in Geschichte und Erdkunde
hinzugefügt sind.
Als Ziel bezeichnen die Lehrpläne im Deut-
schen: Fertigkeit im richtigen, mündlichen und
schriftlichen Gebrauch der Muttersprache, Be-
kanntschaft mit den wichtigsten Abschnitten der
Geschichte unserer Literatur an der Hand des
Gelesenen und Belebung des vaterländischen
Sinnes, insbesondere durch Einführung in
die germanische Sagenwelt und in die für die
Schule bedeutsamsten Meisterwerke der Litera=
tur; im Lateinischen für das G.: auf
sicherer Grundlage grammatischer Schulung
gewonnenes Verständnis der bedeutenderen
klassischen Schriftsteller Roms und dadurch
Einführung in das Geistes= und Rulturleben
des Altertums; für das Realgymnasium: auf
sicherer grammatischer Schulung gewonnenes
Verständnis leichterer Schriftwerke der röm.
Literatur; im Griechischen: auf ausreichende
Sprachkenntnisse gegründete Bekanntschaft mit
einigen nach Inhalt und Form besonders