Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Haftpflicht. 
ander verantwortlich, so haften fie dem Ver— 
letzten gegenüber als Gesamtschuldner, wäh— 
rend im Verhältnis zueinander derjenige Be— 
amte haftet, der den Schaden verursacht hat. 
In betreff der Haftung für Stellvertreter sind 
die landesgesetzlichen Vorschriften, nach denen 
die Beamten für die von ihnen angenommenen 
Gehilfen in weiterem Umfange als nach dem 
BGB. 8 831 haften, bestehen geblieben (EG— 
BGB. Art. 78; AG. z. BGB. Art. 89 Ib; ALR. 
1. 13 §§ 41—45). Der Anspruch auf Schadens- 
ersatz verjährt in drei Jahren (BEB. 8 852). 
II. Die gerichtliche Berflolguna der 
öffentlichen Beamten wegen durch Aberschrei- 
tung ihrer Amtsbefugnisse verübter Rechts- 
verletzungen ist nach Art. 97 Vll. von einer 
vorgängigen Genehmigung der vorgesetzten 
Dienstbehörde nicht abhängig. Wenn jedoch 
gegen einen unmittelbaren oder mittelbaren 
Staatsbeamten wegen einer in Ausübung 
oder in Veranlassung der Ausübung seines 
Amtes vorgenommenen Handlung oder wegen 
Unterlassung einer Amtshandlung eine gericht- 
liche Verfolgung im Wege des Ziovil= oder 
Strafprozesses eingeleitet worden ist, so steht 
der vorgesetzten Provinzial= oder Zentral- 
behörde des Beamten, falls sie glaubt, daß 
ihm eine Uberschreitung seiner Amtsbefugnisse 
oder Unterlassung einer ihm obliegenden 
Amtshandlung nicht zur Last fällt, die Be- 
fugnis zu, den Konflikt zu erheben (s. das 
VBähere unter Rechtsweg, RKonflikte und 
Konfliktserhebung,). 
Haftpflicht. Nach dem Haftpflichtgesetze vom 
7. Juni 1871 (RGBl. 207) in der Fassung des 
EGBGB. vom 18. Aug. 1896 (RGBl. 604) 
haftet der Betriebsunternehmer einer Eisen— 
bahn, wenn bei ihrem Betrieb ein Mensch ge— 
tötet oder verletzt wird, für den dadurch ent— 
standenen Schaden, sofern er nicht beweist, 
daß der Unfall durch höhere Gewalt oder 
eigenes Verschulden des Getöteten oder Ver— 
letzten verursacht ist 6 1). Wer ein Berg- 
werk (s. d.), einen Steinbruch, eine Gräberei 
(Grube) oder eine Fabrik (s. d.) betreibt, haftet, 
wenn ein Bevollmächtigter oder ein Repräsen- 
tant oder eine zur Leitung oder Beaufsichti- 
gung des Betriebes oder der Arbeiter ange- 
nommene Person durch ein Verschulden in 
Ausführung der Dienstverrichtungen den Tod 
oder die Körperverletzung eines Menschen 
herbeigeführt hat, für den dadurch entstandenen 
Schaden. Dieser besteht im Falle der Tötung 
im Ersatz der Beerdigungskosten, der Kosten der 
versuchten Heilung, sowie des Vermögens- 
nachteils, den der Getötete dadurch erlitten 
hat, daß während der Krankheit seine Er- 
werbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert 
oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein- 
getreten war. Auch den alimentationsberech- 
tigten Angehörigen des Getöteten ist Schadens- 
ersatz zu leisten (§ 3). Im Falle einer Körper- 
verletzung ist Ersatz der Kosten der Heilung 
sowie des durch die Krankheit entstehenden 
Vermögensnachteils zu gewähren (8 3a). Ver- 
träge, durch die Ansprüche ausgeschlossen oder 
beschränkt werden, sind nichtig (6 5). Die 
Ansprüche verfähren in zwei Jahren (§ 8). Die 
Anwendung des Haftpflichtgesetzes ist wesent- 
  
  
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lich durch die Unfallversicherungsgesetze und 
Unfallfürsorgesetze eingeschränkt worden. Da- 
nach haben die gegen Unfall versicherten 
Personen und ihre entschädigungsberechtigten 
Hinterbliebenen (Witwen, Witwer, Kinder, 
Verwandte aufsteigender Linie und elternlose 
Enkel), auch wenn sie einen Anspruch auf 
Rente nicht haben, einen Anspruch aus dem 
Haftpflichtgesette gegen den Betriebsunter- 
nehmer, dessen Bevollmächtigten oder Reprä- 
sentanten, Betriebs= oder Arbeitsaufseher nur 
(RGZ. 28, 136), wenn durch strafgerichtliches 
Urteil festgestellt worden ist, daß der in An- 
spruch Genommene den Unfall vorsätzlich 
herbeigeführt hat. Dabei mühssen sie sich den 
Betrag der Unfallentschädigung auf den An- 
spruch auf Schadensersatz anrechnen lassen 
(GUV. 8 135; LU. 8§ 146; BuU. 8 45; 
U. 8§ 133; G., betr. die Unfallfürsorge für 
Gefangene, vom 30. Juni 1900 — REBl. 536 — 
§ 23; Unfallfürsorgegesetz für Beamte und Per- 
sonen des Soldatenstandes vom 18. Juni 1901 
— Rl. 211 — 8§ 10; G., betr. Fürsorge 
für Beamte infolge von Betriebsunfällen, vom 
2. Juni 1902 — GS. 153 — § 10). Bei der 
Unfallversicherung für Land= und Forstwirt- 
schaft bleiben die Ansprüche aus dem Haft- 
pflichtgesetze für die ersten dreizehn Wochen 
nach dem Unfalle, soweit nicht für diese Zeit 
ein Anspruch auf die gesetzlichen Alindest- 
leistungen der Krankenversicherung besteht, in 
vollem Unfang bestehen (LU W. 8 146 Abs. 3), 
während den Reichs= und Staatsbeamten, so- 
wie den Personen des Soldatenstandes ein 
Schadensersatzanspruch gegen die Betriebsver- 
waltung überhaupt nicht zusteht. Die An- 
sprüche der Versicherten gegen Personen, die 
nicht ihre Arbeitgeber sind, bleiben voll er- 
halten, sie gehen aber im Umfange der Un- 
fallentschädigung gemäß GU. 8 140, Lll- 
V. 8§ 151 usw. auf den Träger der Versiche- 
rung über (R#Z. 21, 31; 23, 51; 24, 120). 
Ebenso bleiben die Ansprüche unberührt, die 
aus solchen Unfällen geltend gemacht werden, 
auf welche die Unfallversicherungsgesetze keine 
Anwendung finden (R#Z. 24, 117). Für die 
Schadensersatzansprüche bleibt der Rechtsweg 
unter allen Umständen bestehen, nur ist für das 
erkennende ordentliche Gericht die rechts kräftige 
Entscheidung der Schiedsgerichte oder des RW A. 
darüber maßgebend, ob ein Unfall, für den aus 
der E 72 Entschädigung zu leisten 
ist, vorliegt (GUVGGS 135 Abs. 3 usw.). S. 
auch Beamte (Versicherung der B.). Uber 
die H. des Betriebsunternehmers usw. gegenüber 
den Trägern der Krankenversicherung s. Kran- 
kenversicherung VIII. Betriebsunternehmer, 
Bevollmächtigte oder Repräsentanten, Betriebs- 
oder Arbeiteraufseher haften dem Träger der 
Unfallversicherung (s. d.) für alle Aufwendun- 
gen gelegentlich eines Unfalls, den sie vor- 
sätzlich oder durch Fahrlässigkeit mit Außer- 
achtlassung derjenigen Aufmerksamkeit herbei- 
geührt haben, zu der sie vermöge ihres Amts, 
erufs oder Gewerbes besonders verpflichtet 
sind. Bei Fahrlässigkeit Kann die Genossen- 
schaftsversammlung oder der Vorstand, wenn 
das Statut ihn hierzu ermächtigt, von der 
Verfolgung des Anspruchs absehen. Der An-
	        
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