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wirtschaftliche Nebenbetriebe, landwirtschaftliche
und Handwerkergenossenschaften. Für die
Frage, ob die Genossenschaft eine landwirt-
schaftliche oder Handwerkergenossenschaft ist,
ist die Borschrift des Statuts über die Auf-
nahme maßgebend. Ist der Mitgliederkreis
nicht zugunsten des landwirtschaftlichen oder
Handwerkerberufs eingeengt, so handelt es
sich weder um eine landwirtschaftliche noch um
eine Handwerllergenossenschaft (OBG. 43, 316).
Die Wahlstimme ist persönlich abzugeben. Eine
Vertretung findet nur statt für offene Handels-
gesellschaften, andere wahlberechtigte Gesell-
schaften, Gewerkschaften und juristische Per-
sonen, für Personen weiblichen Geschlechts, für
Personen, die unter Vormundschaft oder Pfleg-
schaft stehen, für Innungsniederlassungen und
Betriebsstätten, die weder in demselben Bezirke
wie die Hauptniederlassung liegen, noch von
einer wahlberechtigten Person geleitet werden.
Wer im Handelskammerbezirke mehrfach stimm-
berechtigt ist, darf sein Stimmrecht nur einmal
ausüben. Wer in mehreren Wahlbezirken
stimmberechtigt ist, muß vor der Wahl erklären,
wo er sein Stimmrecht ausüben will. Wäh-
rend des Konkurses oder der Zahlungsein-
stellung ruht das Wahlrecht (88 5, 6, 9).
2. Wählbarkeit. Zu Mitgliedern der H.
wählbar sind deutsche Staatsangehörige, die
mindestens 23 Jahre alt und zur Abgabe der
Stimme befähigt sind, mit Ausnahme der Ver-
treter. Mehr als der vierte Teil der Mitglieder
darf nicht aus Prokuristen bestehen. Mehrere
Vertreter derselben Gesellschaft, Gewerkschaft
oder juristischen Personen dürfen nicht gleich-
zeitig Mitglieder sein. Die H. kann bis zum
zehnten Teil ihrer Mitglieder wählbare Per-
leen aul die Dauer von drei Jahren zuwählen
7, 8).
3. Wahlverfahren. Solange nicht durch
Statut mit Genehmigung des ÖMl. bestimmt
ist, daß die Wahlen nach Abteilungen vorzu-
nehmen sind, daß eine Abstufung des Wahl-
rechts nach den Handelskammerbeiträgen statt-
findet oder daß die Wahlen durch alle Wahl-
berechtigten mit gleichem Rechte erfolgen, sind
die Wahlen in der Weise vorzunehmen, daß
alle Wahlberechtigten nach der Veranlagung
zur Gewerbesteuer in drei Klassen eingeteilt
werden. Mit Genehmigung des HM. können
innerhalb der Wahlabteilungen Wahlbezirke
ebildet werden. Die H. stellt eine Liste aller
ahlberechtigten auf, die eine Woche lang
auszulegen ist. Ort und Zeit der Auslegung
wird mit dem Hinzufügen bekanntgemacht,
daß Einwendungen gegen die Liste innerhalb
einer Woche bei der H. anzubringen sind. Diese
beschließt über die Einwendungen und stellt
die Wahlliste fest. Binnen zwei Wochen ist
Beschwerde an den Regierungspräsidenten zu-
lässig, der endgültig entscheidet. Demnächst
ernennt die H. aus der Zahl ihrer Mitglieder
einen Wahlkommissar, der den Wahltermin
festsetzt und öffentlich bekanntmacht; dieser
führt auch den Vorsitz in der Wahlversamm-
lung. Außer ihm gehören zum Wahlvorstand
ein Stimmensammler und ein Schriftführer,
die von den Anwesenden aus ihrer Mitte ge-
wählt werden. Die Wahl erfolgt durch ge-
Handelskammern.
heime Abstimmung mittels Stimmzettel nach
absoluter Stimmenmehrheit. Jedes Nachforschen
nach der Abstimmung ist unzulässig (OV6.
43, 315). Bei Stimmengleichheit entscheidet
das Loos. Der Wahlkommissar kann, solange
der Wahlakt nicht geschlossen und der Wahl-
termin nicht beendigt ist, das Wahlresultat
berichtigen. Der Verzicht eines Wählers auf
Stimmabgabe ist jederzeit widerruflich (OV.
22, 340). Bei der engeren Wahl sind alle
stimmberechtigten Wähler, nicht nur die am
ersten Wahlgange beteiligt gewesenen, zur
Stimmabgabe befugt (OVS. 18, 330). Mit
Genehmigung des ÖOMl. kann durch Statut
ein abweichendes Wahlverfahren, z. B. eine
briefliche Stimmabgabe (Erl. vom 9. Jan. 1902
— HM. 30), beschlossen werden. Die H. hat
das Ergebnis der Wahlen öffentlich bekannt-
zumachen. Uber Einsprüche, die binnen zwei
Wochen anzubringen sind, beschließt die H.
Gegen ihre Beschlüsse findet innerhalb zweier
Wochen die Klage beim BezA. statt, gegen
dessen Endurteil nur die Revisiton zulässig ist
(§§ 10—15). Eine anderweite Wahl darf erst
nach Erklärung der Ungültigkeit durch die H.
selbst stattfinden (OV. 12, 354). Der Ein-
spruch kann auf Mängel des Wahlverfahrens
und auf Mängel in der Person des Gewählten
gegründet werden (OVdS. 38, 302). Der Grund-
satz, daß in Wahlsachen zuungunsten des Ge-
wählten nicht vor dessen Beiladung erkannt
werden darf, findet hier gleichfalls Anwendung
(O#. 43, 308).
4. Amtsdauer. Die Mitglieder werden
auf sechs Jahre gewählt. Alle zwei Jahre
scheidet ein Drittel aus und wird durch neue
Wahlen (Ergänzungswahlen) ersetzt. Die das
erste und das zweite Mlal Ausscheidenden
werden durch das Loos bestimmt (s. auch Erl.
vom 8. Okt. 1901 — HMVBl. 283). Wahlen
zum Ersatze von Mitgliedern, die außerhalb
der regelmäßigen Ergänzung der H. ausge-
schieden sind (Ersatzwahlen), werden im An-
schlusse an die nächsten Ergänzungswahlen
vollzogen, sofern nicht der HM. eine frühere
Wahl für erforderlich erachtet. Ergänzungs-
wahlen dürfen nicht an Stelle von Ersatz-=
wahlen vorgenommen werden (O. 38, 301).
Wegen Auslosung der Mitglieder s. Erl. vom
8. Okt. 1901 (0OM Bl. 283). Jeder Ersatzmann
wird im besonderen Wahlgange gewählt, nur
wenn für eine gleiche Wahlperiode von der-
selben Wahlabteilung oder demselben Wahl-
bezirkte mehrere Ersatzmänner zu wählen sind,
erfolgt die Wahl im gemeinsamen Wahlgange.
Ergänzungs= und Ersatzwahlen können in der
Weise verbunden werden, daß die Wähler
gleichzeitig zwei Stimmzettel abgeben, die
aber in verschiedene Wahlurnen zu legen sind
(Erl. vom 18. Okt. 1897). Fallen die Voraus-
setzungen der Wählbarkeit fort, so erlischt die
Mitgliedschaft. Hierbei beschließt die H. Sie
kann ein Mitglied, das durch seine Handlungs-
weise die öffentliche Achtung verloren hat,
durch einen mit zwei Drittel Mehrheit gefaßten
Beschluß aus ihre Mlitte entfernen. In gleicher
Weise kann ein Mitglied, gegen das ein gericht-
liches Strafverfahren schwebt, bis nach Abschluß
desselben seiner Funktionen enthoben werden.