Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Handelsrichter — Handelsschulen, Handelshochschulen. 
bewirken (§ 13). Wer verpflichtet ist, eine 
Anmeldung, eine Zeichnung der Unterschrift 
oder eine Einreichung von Schriftstüchen vor- 
zunehmen, kann hierzu vom Registergerichte 
durch Ordnungsstrafen angehalten werden (814). 
Die Handelskammern (s. d. I und kaufmänni- 
schen Korporationen (s. d.), die Staatsanwalt- 
schaften, Gerichte, Polizei= und Gemeinde- 
behörden und Notare haben von den zu ihrer 
Kenntnis gelangenden Unrichtigkeiten, Unvoll- 
ständigkeiten oder unterlassenen Anmeldungen 
dem Begistergerichte Mitteilung zu machen 
(FGG. 88 125 ff.; AG. z. HGB. vom 24. Sept. 
1899 — GS. 303— Art. 3; Pr FGE. Art. 29; 
Erl. vom 7. Nov. 1899 — JMBl. 313 — und 
Erl. vom 27. Dez. 1900 — MBl. 1901, 68). 
Handelsrichter s. Kammern für Handels- 
sa ##en III u. I. 
andelssachen s. Handelsgeschäfte I. 
Handelssalz. Steuerfreiheit des H. s. Salz- 
abgabe unter He. 
Handelsschulen, Handelshochschulen. I. Han- 
delsschulen sind Lehranstalten, die den Zweck 
verfolgen, junge Leute, die sich dem Stand 
eines Raufmanns oder Fabrikanten widmen 
wollen, für den künftigen Beruf im allgemei- 
nen und besonderen vorzubereiten. Lehrgegen- 
stände sind hauptsächlich Deutsch, Englisch, Fran- 
zösisch, Geschichte, Erdk unde, Religion, Mathe- 
matik, Schreiben, Zeichnen, Singen, Turnen, 
Buchführung, Naturkunde, Physik, Chemie, 
Warenkunde. Die in Preußen bestehen den Han- 
delsschulen sind, abgesehen von der Handels- 
schule für Mädchen in Posen, Rheydt und 
Potsdam, entweder Privatunternehmungenoder 
Einrichtungen der Gemeinden. Privatschulen sind 
die Handelsschule zu Berlin und die Möllesche 
Handelsschule zu Osnabrück. Eine selbständige 
Handelsschule besitzt nur Cöln in der städtischen 
Handelsschule, die aus sechs Klassen und einer 
Handelsklasse besteht. In Danzig ist mit der 
städtischen Realschule eine Handelsklasse ver- 
  
bunden. Bei der Oberreal= und Landwirt- 
schaftsschule in Flensburg sind Handelswissen- 
schaften und kaufmännisches Rechnen obliga- 
torische Lehrgegenstände. In Altona-Ottensen 
sind an der Realschule neben den beiden 
obersten Klassen besondere Handelsklassen ein- 
gerichtet, in denen deutsche, französische, eng- 
lische, spanische Handelskorrespondenz, kauf- 
männisches Rechnen und Algebra, Handels- 
geschichte, Handelsgeographie, Gesetzeskunde, 
Stenographie und Schreiben gelehrt wird. 
In die Handels= und Gewerbeschule in Gnesen 
werden nur solche Personen beiderlei Geschlechts 
aufgenommen, die sich dem Kaufmannsstande 
widmen wollen. Endlich bestehen in Aachen 
und Frankfurt a. M. kaufmännische Fach- 
klassen als Parallelklassen zur Obersekunda 
und Prima der Bealgymnasien. 
II. Handelshochschulen (Handelsakade- 
mien) bestehen in Aachen, Cöln und Frank- 
furt a. M. 
1. Handelshochschule angelehnt an die Tech- 
nische Hochschule in Aachen bezweckt, Personen, 
die sich in reinen Handelsunternehmungen be- 
tätigen wollen oder zur Leitung gewerblicher 
Unternehmungen berufen sind, in Kkaufmänni- 
scher und kaufmännisch-technischer Beziehung 
  
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auszubilden. Der Lehrplan umfaßt a) Vor- 
träge allgemein wirtschaftlichen und juristischen 
Inhalts, b) Grundzüge der kaufmännischen 
Betriebslehre, c) die technische Seite der wirt- 
schaftlichen Vorgänge (Produhtion, Verkehr), 
d) Vorlesungen und Ubungen zur Einführung 
in die Rkaufmännische Praxis. Für die Teil- 
nahme sind die Vorschriften der technischen 
Hochschule über die Aufnahme der Studieren- 
den maßgebend. 
2. Die Handelshochschule in Cöln hat den 
Zweck, erwachsenen jungen Leuten, die sich 
dem kaufmännischen Berufe widmen, eine 
vertiefte allgemeine und Rkaufmännische Bil- 
dung zu vermitteln, angehenden Handelsschul- 
lehrern Gelegenheit zur Erlangung der erfor- 
derlichen theoretischen und praktischen Fach- 
bildung zu geben, jüngeren Verwaltungs= und 
Konsularbeamten sowie Handelskammersekre- 
tären u. dgl. Gelegenheit zur Erwerbung hauf- 
männischer Fachkenntnisse zu bieten und prak- 
tischen Kaufleuten und Angehörigen verwandter 
Berufe die Möglichkeit zu gewähren, sich in 
einzelnen Zweigen des kaufmännischen Wissens 
weiter auszubilden. Die Dauer des Studiums 
beträgt vier Semester; der Lehrplan umfaßt 
Handelslehre, Warenkunde, chemische und mecha- 
nische Technologie, Kkaufmännisches Rechnen, 
Buchführung, Korrespondenz, Sprechübungen 
in fremden Sprachen, allgemeine Volkswirt- 
schaftslehre, Handelsgeographie, bürgerliches 
Recht, Kolonialpolitik, Handelsgeschichte, Tarif- 
und Transportwesen, Agrar= und Gewerbe- 
politik, Handels-, Wechsel= und Seerecht, Ge- 
werbe= und soziale Gesetzgebung, Finanzwissen- 
schaft, internationales Privatrecht, Staats= und 
Verwaltungerecht, Bank-, Börsen-, Geld= und 
Kreditwesen. 
3. Die Aademie für Sozial= und Han- 
delswissenschaften in Frankfurt a. M. 
verfolgt neben den Aufgaben einer Handels- 
hbochschule den Zwech, das Studium der sozialen 
Verhältnisse, insbesondere der Arbeiterfragen, zu 
fördern. Demgemäß ist der Kreis der Zuhörer 
weiter gezogen und der Lehrplan umfangreicher. 
Dieser erstrecht sich auf die allgemeine Staats- 
lehre, das Verfassungs= und Verwaltungsrecht 
der einzelnen Bundesstaaten und des Deut- 
schen Reichs, das Völkerrecht, das Verwal- 
tungsrecht der Selbstverwaltungskörper, ins- 
besondere der Kommunalverbände und Ge- 
meinden, der Finanzwissenschaft (Lehre vom 
staatlichen und kommunalen Haushalte), die 
Volkswirtschaftslehre (Aationalökonomikh des 
Ackerbaus, der Industrie, des Handels= und Ver- 
Rehrswesens einschließlich des Geld-, Kredit= und 
Versicherungswesens sowie der Geschichte der 
Volkswirtschaft und der volkswirtschaftlichen 
Theorien), die Soziologie und Sozialpolitik, die 
Statistik, insbesondere die Bevölkerungsstati-- 
stik und Bevölkerungslehre, die Handels- 
wissenschaften und die Lehre von den indu- 
striellen Betrieben. 
4. Die Handelshochschule in Berlin, die 
von den Altesten der Kaufmannschaft nach 
dem Mluster der Cölner Schule eingerichtet 
wird und noch in diesem Jahre (1906) eröffnet 
“ soll (Bericht des Landesgewerbeamts 
1905)9. 
50“
	        
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