Handlungsreisende — Handwerter.
III. Gemeinsame Bestimmungen. H. u. L.,
die ohne Einwilligung des Prinzipals ein
Handelsgewerbe betreiben oder in dem Handels-
zweige des Prinzipals für eigene oder fremde
Rechnung Geschäfte machen, haften dem Prinzi-
pale für Schadensersatz; statt dessen kann der
Prinzipal verlangen, daß der Handlungs-
gehilfe oder -Lehrling die für eigen Rechnung
gemachten Geschäfte als für Rechnung des
Prinzipales eingegangen gelten lasse und die
aus den Geschäften für fremde Rechnung be-
zogene Vergütung herausgebe oder seinen
Anspruch auf Vergütung abtrete. Die An-
sprüche verjähren binnen drei Monaten nach
Kenntnis von dem eschäft, ohne diese in
fünf Jahren vom Abschlusse des Geschäftes ab
(966. 88 60, 61). Wegen der Verpflichtung
des Prinzipals zur Einrichtung der Geschäfts-
räume im Interesse der Gesundheit, der guten
Sitten und des Anstands der H. u. L. s. Offene
Verkaufsstellen VI. Ist der Handlungs-
gehilfe oder -Lehrling in die häusliche Gemein-
schaft aufgenommen, so hat der Prinzipal die
in Ansehung des Wohn= und Schlafraums,
der Verpflegung, sowie der Arbeits= und Er-
holungszeit diesenigen Einrichtungen und An-
ordnungen zu treffen, welche mit Rüchsicht
auf die Gesundheit, die Sittlichkeit und die
Religion der H. u. L. erforderlich sind. Ver-
nachlässigt er seine Verpflichtungen hinsichtlich
des Lebens und der Gesundheit der H. u. L.,
so ist er gemäß Be#B. 88 842—846 schadensersatz-
pflichtig (SSB. § 62). Wird der Handlungs-
gehilfe oder -Lehrling durch unverschuldetes
Unglück an der Leistung der Dienste ver-
hindert, so behält er seinen Anspruch auf
Gehalt und Unterhalt auf die Dauer von
sechs Wochen auch im Falle der Kündigung.
Das Krankengeld und die Unfallentschädigung
darf ihm hierauf nicht angerechnet werden
GGB. 88 63, 72 Abs. 2). Wegen der ver-
tragsmäßigen Beschränkung des Selbständig-
werdens der H. u. L. nach beendigter Dienst-
zeit s. Konkurrenzklausel. Wegen der
Arbeiterversicherung s. Versicherungs-
pflicht. Streitigkeiten aus dem Dienst-
vertrage entscheiden die Kaufmannsgerichte
¶. d.). Wegen der Beschäftigung an Sonn-
tagen s. Sonntagsruhe im Handels-
gewerbe und wegen der Arbeitszeit an
Werktagen s. Offene Verkaufsstellen.
Handlungereisende sind Handlungsgehilfen
(s. d.), die für die Zwecke eines stehenden Ge-
werbebetriebes außerhalb des Orts der ge-
werblichen Aiederlassung Waren aufkaufen und
Warenbestellungen auffuchen (s. Auf-[An-
kaufen von Waren, Aufsuchen von Wa-
renbestellungen, Legitimationskarte).
Ausländische H. sind solche, welche für aus-
ländische Geschäfte reisen, auf die Nationalität
des Reisenden Kommt es nicht an (s. Gewerbe-
legitimationskarte). Auf die Ausübung
des Geschäftsbetriebs der ausländischen H.
finden die Bestimmungen über den Wander-
ewerbebetrieb der Inländer Anwendung
Bek. vom 27. Nov. 1896 II B — BRBil.
745). Wegen der zollrechtlichen Behand-
lung der Muster von H. s. Muster.
and- und Spanndienste zum Wege-
791
bau. Die Leistung von H. u. S. zum Wege-
bau liegt vielfach dem Pflichtigen als Polizei-
last dergestalt ob, daß die Wegepolizei-
behörde die unmittelbar von ihm erzwingen
kann. o z. B. ursprünglich nach A##ki.
II, 15 §§ 13—15 hinsichtlich der Land-
und Heerstraßen. Dies ist sedoch abgeän-
dert durch §§ 1—3 Zus. 226 des ostpreuß.
Provinzialrechts (OVS. 32, 232) und durch
das G., betr. die anderweite Verpflichtung
zur Leistung von H. u. S. für die Unter-
haltung der Land= und Heerstraßen in der
Prov. Posen, vom 21. Juni 1875 — GS. 324
(OV#. 31, 213), wodurch sie zur kommunalen
Last der pflichtigen Gemeinden und Guts-
bezirke gemacht ist. Ebenso früher in der
Prov. Sachsen, wo die betreffende Verpflich-
tung jedoch durch §§ 44—48 der Wegeordnung
für Sachsen vom 11. Juli 1891 (El 316) be-
seitigt ist. Dagegen ist sie in Westpreußen,
wo die Unterhaltung der Land= und Heer-
straßen im dortigen Geltungsbereich des ost-
preuß. Provinzialrechts vertragemiücßtg auf die
Kreise übertragen ist, durch § 46 der Wegeord-
nung vom 27. Sept. 1905 (GS. 357) unter gleich-
zeitiger Beseitigung des Begriffs der Land-
und Heerstraßen zugunsten der neuen Träger
der Unterhaltungslast aufrechterhalten. Auch
bei sonstigen Wegen findet sich vielfach teils
gesetzlich, teils observanzmäßig begründet die
unmittelbare Verpflichtung Dritter zur Leistung
von H. u. S. zum Wegebau. Inhaltlich um-
faßt sie in der Regel die Leistung aller nicht
handwerksmäßigen Arbeiten einschließlich des
Transports schwerer Gerätschaften zur Arbeits-
stelle mittels Vorspanns (O#. 35, 234),
während die Aufwendungen für diese und die
Beschaffung der Baustoffe dem Wegebau-
pflichtigen obliegen (OV. 17, 307). Die Ver-
pflichtung beschränkt sich auf dasjenige Maß
von Arbeits= und Gespannkräften, über welches
der Pflichtige tatsächlich verfügt (O. 15, 310;
17, 311; 20, 157). Soweit die Verpflichtung
den Gemeinden als solchen obliegt, richtet sich
die Verteilung auf die Mitglieder der GEe-
meinde nach den Vorschriften des RA##. vom
14. Juli 1893 (GS. 152). Wegen Leistung
von H. u. S. auf Grund der Verpflichtung
zur Aachbarhilfe vgl. Aachbarhilfe. S. im
übrigen Naturaldienste. #
Handwerker sind alle Personen, die die
Herstellung von Gegenständen aus den er-
forderlichen Rohstoffen oder die Be= oder
Verarbeitung einschließlich der Reinigung und
Reparatur von Gegenständen gewerbsmäßig,
aber nicht fabrikmäßig betreiben (s. Fabrih).
Die GewO. enthält eine Bestimmung des Be-
griffs „Handwerker"“ nicht, die Frage, ob ein
handwerksmäßiger Betrieb, ist nach Lage des
Einzelfalles zu entscheiden (Mot. zur Nov. z.
GewO. vom 26. Juli 1897 — Drucks. des R.
Nr. 713). Zu den H. sind nicht zu rechnen
die Musiker, Schiffer, Köche, Zahnkünstler,
Kunst= und Handelsgärtner, Zigarrenmacher,
Tabakspinner. Wohl aber können Brauer,
Mechaniker, Optiker, Orgelbauer und Photo-
graphen, sowie Buchdrucker und Lithographen
(graphische Gewerbe) Handwerker sein (Auz#f-
Anw. z. GewO. — vom 1. Mai 1904 —