Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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die Bestimmungen über Erbfolge, Unveräußer- 
lichkeit usw.), eine wichtige Quelle und wesent- 
licher Teil des Staatsrechts. Vorschriften der H., 
welche, wie dies beispielsweise für Preußen durch 
die Art. 53, 54 und 56 der Vl. vom 31. Jan.1850 
hinsichtlich der Thronfolge, der Volljährigkeit 
des Königs und der Regentschaft durch einen 
Agnaten geschehen ist, in die Landesverfassung 
Aufnahme gefunden haben, sind damit Teil 
der letzteren geworden und hönnen nur im 
Wege der Verfassungsänderung in den dafür 
vorgeschriebenen Formen einer anderweiten 
Regelung unterzogen werden. In den übrigen 
Beziehungen, welche der Festsetzung durch H. 
unterlagen, ist die Autonomie der Familie 
auf den angegebenen Gebieten bestehen ge- 
blieben (ALR. II, 13 §§ 17 u. 18). Dies gilt 
sowohl für die landesherrlichen und die ihnen 
gleichgestellten Familien (EGBGB. Art. 57), 
wie auch für die vormals reichsständisch ge— 
wesenen und die ihnen durch Beschluß der 
vormaligen Bundesversammlung oder vor dem 
Inkrafttreten des BGB. durch Landesgesetz 
gleichgestellten Häuser (Art. 58 a. a. O.). Den 
vormals reichsunmittelbaren Familien sicherte 
Art. 14 der deutschen Bundesakte vom 8. Juni 
1815 unter C Ziff. 2 die Befugnis zu, „über 
ihre Güter und Familienverhältnisse verbind- 
liche Verfügungen zu treffen, welche jedoch 
dem Souverän vorgelegt und bei den höchsten 
Landesstellen zur allgemeinen Kenntnis und 
Vachachtung gebracht werden müssen“. Nach 
der zur Ausführung der V. vom 21. Juni 1815 
(GS. 105) ergangenen Instr. vom 30. Mai 
1820 (GS. 81) § 21 bedürfen derartige Ver- 
fügungen der kgl. Genehmigung (s. auch 
Reichsunmittelbare III). Eine Kodifikation 
und amtliche Publizierung der preuß. H. hat 
nicht stattgefunden. Die wichtigsten sind: 
1. die sog. Achillea vom 24. Febr. 1473, 
kaiserlich bestätigt am 24. Mai 1473; 2. der 
Geraische Hausvertrag d. d. Onolzbach den 
11. Juni 1603; 3. der Erbvertrag zwischen 
dem Chur= und Fürstlichen Hause Brandenburg 
und dem Fürst= und Gräflichen Hause Hohen- 
ollern vom 20./30. Nov. 1695; 4. Edikt 
önig Friedrich Wilhelms l. von der Ina- 
lienabilität, deren alten und neuen Domänen-= 
güter vom 13. Aug. 1713; 5. die Erneuerung 
der pacta domus vom 24. Juni, 11. und 
14. Juli 1752; 6. Edikt und H. vom 6. Nov. 
1809 über die Veräußerlichkeit der kgl. Do- 
mänen (bei Schultze, Die H. der regierenden 
deutschen Fürstenhäuser Bd. 3). 
Hausgewerbetreibende. Die H. nehmen 
eine Mittelstellung zwischen den Lohnarbeitern 
und selbständigen Gewerbetreibenden ein. Sie 
sind selbständige Gewerbetreibende, die in 
eigenen Betriebsstätten im Auftrag und für 
Rechnung anderer Gewerbetreibender mit der 
Herstellung oder Bearbeitung gewerblicher 
Erzeugnisse beschäftigt werden. Nach Gew. 
§ 119b finden die Vorschriften über die Lohn- 
zahlung (s. Lohn) auch auf H. Anwendung. 
S. auch RöSt. 16, 333; 9, 351; 13 S. 182, 
285. Streitigkeiten zwischen H. und ihren 
Arbeitgebern unterliegen der Zuständigkeit 
der Gewerbegerichte, sofern die Rohstoffe oder 
Halbfabrikate von den Arbeitgebern geliefert 
  
Hausgewerbetreibende — Haushaltungsunterricht. 
werden. Ob auch in den JFällen, wo die Roh- 
stoffe oder Halbfabrikate von den H. selbst 
beschafft werden, die Gewerbegerichte zuständig 
sind, bestimmt das Statut. Ebenso ist durch 
das Statut zu bestimmen, ob die H. als Ar- 
beitgeber oder Arbeiter wahlberechtigt oder 
wählbar sind. Bei den kgl. Gewerbegerichten 
in der Rheinprovinz (s. HGewerbegerichte VIII) 
sind die H. als Arbeiter wählbar und wahl- 
berechtigt, doch können H., die mehrere Ar- 
beiter beschäftigen, den Arbeitgebern gleich- 
gestellt werden (G. vom 11. Juli 1891 — 
GS. 311 — § 2). H. sind nur dann ver- 
pflichtet, einer Zwangsinnung beizutreten, 
wenn das Statut dies ausspricht. Der Ver- 
sicherungszwang Rann bei der Krankenver= 
sicherung durch Ortsstatut, bei der Unfallver- 
sicherung durch Statut der Berufsgenossenschaft 
und bei der Invalidenversicherung durch Be- 
schluß des BR. auf H. ausgedehnt werden 
(s. Versicherungspflicht, Selbstversiche- 
rungy). Von den Heimarbeitern unterscheiden 
sich die H. hauptsächlich durch die persönliche 
(nicht wirtschaftliche) Selbständigheit. Diese 
besteht darin, daß der H. arbeiten kann, wenn 
er will, und Reine bestimmten Arbeitsstunden 
einzuhalten hat, daß er die Arbeit nicht not- 
wendig selbst verrichten muß, sondern durch 
andere ausführen lassen kann, daß er Reiner 
Disziplin des Arbeitgebers unterliegt und 
daß für ihn kein Recht und keine Pfficht zu 
weiterer Beschäftigung oder für Einhaltung 
einer Kündigungsfrist besteht. Gegenüber dem 
Heimarbeiter hat der Arbeitgeber das Recht, 
jederzeit in die Ausführung der Arbeit ein- 
zugreifen, und den Anspruch auf weitere Ar- 
beitsleistungen. Vgl. OB. 25, 345, OVG. vom 
25. Jan. 1897 (Pr BBl. 20, 29), vom 11. Okt. 
und 18. Aov. 1899 (Pr VBl. 21 S. 269, 280); 
Anleitung des RVA. vom 6. Dez. 1905 Ziff. 33 
(A#.613); Handbuch d. Unfallversicherung S. 17. 
Haushalt (eigener) s. Hausstand. 
Haushaltsetat des BReiches und des 
preuß. Staates s. Etats-und Rechnungs- 
wesen des Staates. 
Haushaltungsunterricht. Die Unterweisung 
junger Mädchen in der Haushaltung und 
allen dazu gehörigen Zweigen (Wirtschafts- 
kunde, Kochen, Reinigen, Waschen uff.) erfolgt in 
der Regel in besonderen Haushaltungsschulen 
für die nicht mehr Schulpflichtigen. Eine be- 
sondere Tätigkeit entfalten auf diesem Gebiete 
die Rkath. weiblichen Orden. Die Einführung 
des Unterrichts in den Volksschulen ist viel- 
fach angestrebt, weil besonders in industriellen 
Gegenden die Mädchen nach der Schulent- 
lassung in die Fabriken gehen und dann 
schwer zum Besuch derartiger Schulen zu be- 
wegen sind. Mlehrfach ist eine derartige Ein- 
richtung unter Beschränkung des sonstigen 
Volksschulunterrichts genehmigt (s. Erl. vom 
18. Jan. 1893 — U# #l. 254, vom 10. Febr. 
1895 — U Z Bl. 292, vom 8. Febr. 1897 — 
U Z#l. 267). Uber die besonderen Ausbildungs- 
kurse z. B. in Neurode s. UZBl. 1897, 263; 
1898, 296 und über die Prüfung der Lehre- 
rinnen Erl. vom 11. Jan. 1902. S. Lehrer- 
und Lehrerinnenprüfungen (Volks- 
schulen) Ziff. 12.
	        
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