Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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vom 23. Dez. 1896 — AusfAnw. Ziff. 1—8; 
Erl vom 15. Dez. 1895 — Mittd St. Heft 34 
. 38). 
B. Steuersätze. Die Steuer beträgt in 
der Regel 48 M. für jedes Kalenderjahr. 
Niedrigere Sätze von 36, 24, 18, 12 und 6 M. 
können für Gewerbe Peringerer Art, höhere 
von 72, 96 oder 144 Ml. für Gewerbebetriebe 
von bedeutendem Umfang, insbesondere für 
Vorsteher großer Schauspieler= und ähnlicher 
Gesellschaften, für Pferde= und Biehhandel 
größern Umfangs usw. festgesetzt werden. Die 
ermäßigten Sätze können auch den Mitgliedern 
von Musiker-, Schauspieler= usw. Gesellschaften, 
die aus mindestens vier Personen bestehen, 
gewährt werden. Beschränkt sich der Ge- 
werbebetrieb auf die Hohenzollernschen Lande, 
so beträgt die Steuer in der Regel 10 M. und 
kann in entsprechender Weise, wie in der 
übrigen Monarchie auf 36—6, auf 7, 5, 4 
oder 2 Al. herabgesetzt werden. Völlig un- 
entgeltliche Gewerbescheine kann der FM. 
bzw. auf Grund genereller Ermächtigung des- 
selben die Regierung ausnahmsweise für ge- 
wisse Gewerbsarten oder in einzelnen Fällen 
bewilligen. Ausländer haben, wenn mit 
dem betreffenden Staat kbein diesbezügliches 
Abkommen besteht, auf die ermäßigten Steuer- 
sätze keinen Anspruch. Gegenüber Angehörigen 
anderer Staaten, welche preuß. Staatsan- 
gehörige ungünstiger als ihre eigenen oder 
diejenigen dritter Staaten behandeln, kann 
der FMl. die Steuer bis auf das Achtfache 
erhöhen (8§§ 9—14 des G.; Ausf Anw. Ziff. 9, 
10, 14, 16). 
C. Verfahren. Wer ein hausiersteuer- 
pflichtiges Gewerbe betreiben will, hat das- 
selbe unter Angabe gewisser Merkmale (Be- 
gleiter, Fuhrwerke usw.) bei der Polizeibehörde 
des Wohnorts oder, wenn er in Preußen Neinen 
Wohnsitz hat, bei derjenigen Polizeibehörde, in 
deren Bezirk er das Gewerbe beginnen will, für 
jedes Jahr anzumelden; bedarf er auch eines 
Wandergewerbescheins, so sind die Anmel- 
dungen zu verbinden. Die Anmeldungen 
werden, wenn es eines Wandergewerbescheins 
bedarf, an die zu dessen Ausfertigung zu- 
ständige Behörde (Bez A.) weitergegeben, sonst 
direkt an die Regierung. Nachdem der Wander- 
gewerbeschein, sofern es eines solchen bedarf, 
ausgefertigt und ihr vom Bez. übersandt ist, 
fertigt die Regierung den die Steuerfestsetzung 
enthaltenden Gewerbeschein aus und verbindet 
ihn mit dem Wandergewerbeschein; ist ein 
solcher nicht erforderlich, so fertigt sie ohne 
weiteres den Gewerbeschein aus; bedarf es eines 
preuß. Wandergewerbescheins nicht, weil der 
Gewerbetreibende im Besitze eines solchen von 
einer nichtpreußischen Behörde ist, so wird 
ebenfalls der Gewerbeschein mit diesem ver- 
bunden. Für die Mitglieder von Musiker-, 
Schauspieler= ufw. Gesellschaften können ge- 
meinsame Gewerbescheine ausgestellt werden. 
Die Scheine werden der Steuerhebestelle, d. i. 
seit 1. April 1895 der Gemeindebehörde, zu- 
gesandt, wo sie die Steuerpflichtigen durch 
Entrichtung der Steuer einzulösen haben. Vor 
Einlösung darf das Gewerbe nicht ausgeübt 
und der Schein muß bei der Ausübung des 
  
Hausiergewerbe (Besteuerung). 
Gewerbes stets mitgeführt werden; er gilt nur 
für die Person, auf die er lautet. Bei Verlust 
oder Vernichtung wird eine neue Ausfertigung 
gegen Erstattung der Kosten einschließlich der- 
jenigen einer etwa nötigen Kraftloserklärung 
erteilt (8§§ 6, 8, 10, 16 des G.; AusfAnw. Ziff. 9, 
10 V, VI, VII, 12). Vgl. auch Gewerbeschein. 
Gegen die Steuerfestsetzung findet in Gemäß- 
heit des G. über die Verjährungsfristen bei 
öffentlichen Abgaben vom 18.Juni 1840(066. 140) 
binnen drei Monaten Reklamation an die Re- 
gierung und gegen deren Entscheidung binnen 
hede gochen ekurs an den FM. statt (8 32 
des G.). 
DO. Veränderungen im Laufe des Jah- 
res. Will der Steuerpflichtige nach Einlösung 
des Gewerbescheins ein anderes als das darin 
bezeichnete Hausiergewerbe beginnen oder letz- 
teres auf andere als die angegebenen Waren usw. 
ausdehnen oder in dem Scheine nicht an- 
gegebene Begleiter, Fuhrwerke usw. mitführen, 
so hat er dies behufs Anderung des erteilten 
oder Ausstellung eines neuen Scheines an- 
zumelden und eventuell den Mehrbetrag der 
Steuer nachzuzahlen. Analoges gilt bei Aus- 
dehnung eines auf Hohenzollern beschränkten 
Gewerbescheins (§§ 7, 11 Abs. 2 des G.; Auzf- 
Anw. Ziff. 11, 9 Abf. 3). 
E. Erstattung der Steuer findet nur 
statt, wenn wegen unvorhergesehener, vom 
Willen des Gewerbetreibenden unabhängiger 
Ereignisse der Beginn des Gewerbebetriebes 
unterblieben oder der Betrieb eingestellt ist 
und der Gewerbeschein binnen sechs Monaten 
nach Einlösung zurüchgegeben wird, und zwar 
ersternfalls ganz, letzternfalls zu einem ver- 
hältnismäßigen Teile; statt der Erstattung 
kann auf Antrag für den Rest des Jahres 
ein neuer Gewerbeschein zu ermäßigtem Steuer- 
satze oder steuerfrei erteilt werden. Gewerbe- 
scheine für Handlungsreisende sind, wenn in 
deren Person im Laufe des Jahres ein Wechsel 
eintritt, steuerfrei auf den Nachfolger um- 
zuschreiben oder neu auszufertigen. Tritt in- 
folge unvorhergesehener Ereignisse eine all- 
gemeine Unterbrechung des Gewerbebetriebes 
im Umherziehen oder einzelner Gattungen 
desselben im ganzen Staate oder in einem 
Teile desselben ein, so kann der FM. den 
Betroffenen die Steuer Ganz oder teilweise er- 
statten lassen (§ 15 des G.; AusfAnw. Ziff. 15; 
G. vom 23. Dez. 1896; Erl. vom 15. Dez. 1896 
— Mittd St. Heft 34 S. 38 — Ziff. 5). 
F. Strafbestimmungen. Mit dem doppel- 
ten Betrage der hinterzogenen Steuer wird 
bestraft 1. Ausübung eines steuerpflichtigen 
Hausiergewerbes ohne Einlösung des Ge- 
werbescheins; 2. Ausübung eines andern als 
des im Schein verzeichneten Gewerbes, Aus- 
dehnung auf nicht verzeichnete Waren usw. 
und Ausübung des Gewerbes, das nur für 
Hohenzollern versteuert ist, in andern Teilen 
der Monarchie. Aeben der Strafe ist die 
hinterzogene Steuer zu entrichten. Den Auf— 
traggeber trifft dieselbe Strafe wie den Be— 
auftragten, und beide haften solidarisch für 
Strafe, Kosten und vorenthaltene Steuer. 
Liegt keine Steuerhinterziehung vor, so tritt 
Geldstrafe von 1—30 Al. ein. Aichtmitfüh-
	        
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