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hält § 10 dess. G. Hiernach darf das Aus-
rufen, Verkaufen, Verteilen, Anheften oder
Anschlagen von Druchschriften, anderen Schrif-
ten oder Bildwerken auf öffentlichen Wegen,
Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen
Orten nur mit Erlaubnis der Ortspolizei-
behörde erfolgen. Diese Erlaubnis kann jeder-
zeit zurückgenommen werden. Die Person,
welcher sie erteilt ist, muß den Erlaubnisschein
bei ihrer Tätigkeit bei sich führen. — Uber A.
durch gewerbsmäßige Verbreitung von
Druckhschriften s. Druckhschriftenkolpor-
tage, über A. zu Wahlzwecken s. Stimm-
zettel. — Die nur zu Zwecken des Gewerbes
und Verkehrs, des häuslichen und geselligen
Lebens dienenden A. sind von den für die
Preßerzeugnisse bestehenden Ordnungsvorschrif-
ten (s. Presse III) insofern befreit, als sie nicht
den Namen und Wohnort des Druckers zu
tragen brauchen (Preßgesetz § 6). Hierher ge-
hören namentlich Familienanzeigen, A. von
Theatervorstellungen, Konzerten oder Schau-
stellungen, Speisekarten u. dgl. — Uber A.
mittels Plakaten s. Anschläge.
Anlagen (gewerbliche). I. Geneh-
migungspflichtige A. 1. Allge-
meines. In Gew . 16 wird bestimmt,
daß zur Errichtung von A. — d. s. bestimmte,
zum Zweck eines fortgesetzten Betriebs die-
nende und daher auf eine gewisse Dauer
berechnete Einrichtungen —, die durch die ört-
liche Lage oder die Beschaffenheit der Be-
triebsstätte für die Besitzer oder Bewohner der
benachbarten Grundstücke oder für das Publi-
kum überhaupt erhebliche Nachteile, Gefahren
oder Belästigungen berbeiführen können, die
Genehmigung der nach den Landesgesetzen zu-
ständigen Behörde erforderlich ist. Mit diesem
Grundsatze, der eine Beschränkung der Gewerbe-
freiheit darstellt, folgt die Gewerbeordnung der
Pr EewO. vom 17. Jan. 1845 — GS. 41 —
§* 27 und dem G., betr. die Errichtung ge-
werblicher Anlagen, vom 1. Juli 1861 — GS.
749, durch das das Verzeichnis der genehmi-
gungspflichtigen A. geändert und das Geneh-
migungsverfahren eingehend geregelt wurde.
Sowohl die PrGewO. (6 27 Abs. 2) als
auch das G. vom 1. Juli 1861 (§ 1 Abs. 2)
enthielten die Bestimmung, daß es bei den
aufgeführten A. für die Genehmigungspflicht
keinen Unterschied mache, ob sie nur auf
den eigenen Bedarf des Unternehmens oder
auch auf Absatz an andere berechnet seien.
Wenngleich eine entsprechende Bestimmung
in der Gew. fehlt, so wird doch im allge-
meinen angenommen (s. auch Erl. vom 11. März
1893 — Mil. 112), daß auch nicht gewerbs-
mäßig betriebene A. (z. B. fiskalische Be-
triebe) und auch A. der nicht unter die Gew.
E 6) fallenden Gewerbe (z. B. landwirtschaft-
liche Mebenbetriebe) der Genehmigungspflicht
unterworfen sind, soweit nicht anderweit, z. B.
im Berggesetz, die Genehmigung besonders ge-
regelt ist. Diese Annahme beruht auf der zu-
treffenden Erwägung, daß die Frage nach dem
gewerbsmäßigen Betrieb einer A. ohne Ein-
fluß auf die Gefahren und Belästigungen ist,
deren Abwendung der §8 16 a. a. O. bezweckt.
Unter „Errichtung“ ist im allgemeinen die
Anlagen (gewerbliche).
neue Anlegung einer gewerblichen A. zu ver-
stehen, nicht aber der Wiederaufbau einer zer-
störten A. innerhalb ihrer früheren Grenzen
(OB. 10, 283). Als Bestandteile einer ge-
nehmigungspflichtigen A. können nur die-
senigen Einrichtungen gelten, mit deren Hilfe
die unmittelbaren Zwecke der A. erreicht
werden sollen, die also dazu bestimmt sind,
bei Herstellung des Fabrikats in irgend
einer Weise benutzt zu werden oder zur Auf-
bewahrung des Fabrikats zu dienen. Lager-
räume für Stoffe, die in genehmigungspflich-
tigen A. verarbeitet oder hergestellt werden,
bedürfen der Genehmigung, wenn sie ihrer
Lage und Beschaffenheit nach als ein Bestand-
teil der A. anzusehen sind (O. 42, 277).
Zur Inbetriebsetzung der genehmigten A. be-
darf es, abgesehen von Dampfkesseln (Gew.
§ 24) und Sprengstoffabriken (s. d.) einer be-
sonderen Erlaubnis nicht (AusfAnw. z. Gew.
Ar. 28). Viederlagen gewerblicher Produhte
gehören nicht zu den gewerblichen A. (Erl.
vom 10. Nov. 1887 — 1. 273; O#. vom
17. Nov. 1892 — PrWI. 14, 248).
Die auf Grund des § 16 genehmigten
A. können weiteren Beschränkungen, als in
der Genehmigungsurkunde enthalten sind,
nicht unterworfen werden. Für diese A. ist
das Maß der zu erfüllenden Berpflichtungen
und demnach die Grenze des polizeilichen Ein-
schreitens durch die Genehmigungsurkunde ge-
regelt. Sie sind durch den § 51 insoweit ge-
shützt. als ihre fernere Benutzung nur von dem
BezA. und nur gegen Entschädigung unter-
sagt werden darf, wenn den mit ihrem Betriebe
verbundenen überwiegenden Nachteilen und
Gefahren für das Gemeinwohl unter Ein-
haltung der dem polizeilichen Einschreiten ge-
zogenen Grenzen nicht begegnet werden Rkann
(OV. 5, 286; 10, 260; 22, 303 und Entsch. vom
10. April 1902 — HMl. 1903, 23). Dagegen
Kkönnen die übrigen gewerblichen A. beson-
deren polizeilichen Beschränkungen unterworfen
werden, soweit hierfür im ALR. I. 17 8 10 und
im Polizeigesetz vom 11. März 1850 § 6 —
GS. 265 — eine Handhabe gegeben ist (O.
14, 323; 18, 302; 23, 268; Entsch. vom 10. April
1902 — HM. l. 1903, 23). Dies gilt auch gegen-
über A., die vor Erlaß der Gew. genehmigt
worden sind, sofern nicht die Genehmigung
auf Grund eines Gesetzes (z. B. PrGSewO. 827),
das ihr diese Bedeutung beilegt, erteilt ist,
oder der Inhalt der Genehmigung außer
Zweifel stellt, daß ihr diese Bedeutung inne-
wohnen soll (RG. 19, 353). Bei polizei-
widriger Benutzung eines vermieteten Grund-
stüchs Kkann die Polizeibehörde nicht nur vom
Eigentümer, sondern auch vom Mieter die Be-
seitigung des unzulässigen Zustands fordern
(OV. vom 14. Okt. 1904 — HM.l. 1905,
132 — und vom 5. Juli 1904 — PrWBl. 26,
138). Bei allen Fewerolichen A., auch bei
den nach § 16 Gew . genehmigten, können die
Polizeibehörden auf Grund des § 120d GewO.
nachträglich die Ausführung der den Anfor—
derungen der §8 120a bis 120c entsprechenden
Einrichtungen verlangen (Techn. Anl. ll. d.
Abschn. 1).
Bei der Veräußerung einer gewerblichen