Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Hemmschuhe — Heroldsamt. 
überwachungsvereine für die Einstellung von 
Lehrheizern bereit gestellt. Die H. werden als 
Wanderlehrkurse von etwa vierzehntägiger 
Dauer abgehalten und von einem Lehrer und 
einem Lehrheizer geleitet. Der Unterricht er- 
folgt in der Regel als Tagesunterricht von 
acht= bis neunstündiger Dauer. Zur Aufnahme 
wird nur eine beschränkte Teilnehmerzahl von 
etwa 20 Schülern in jeden Kursus zugelassen. 
Vorbedingung für die Teilnahme ist, daß die 
Schüler mindestens ein Jahr lang den Kessel 
bedient (Ausnahmen sind zulässig s. Erl. vom 
31. Okt. 1905 — HM Bl. 321) und tunlichst das 
Schlosser= oder ein verwandtes Handwerk ge- 
lernt haben. Das Schulgeld beträgt 6 M. 
Am Schlusse des ZKurfus wird eine Bescheini- 
gung ausgestellt. Ist eine Prüfung, die nicht 
obligatorisch ist, abgelegt, so wird gegen eine 
Gebühr von 5 M. die Peusungsbescheinigung 
ausgestellt. Die Termine für die H. werden 
auf Veranlassung des Regierungspräsidenten 
veröffentlicht, der auch die Anmeldungen ent- 
gegennimmt (Erl. vom 1. Aug. und vom 
16. Sept. 1902 — HM l. 138, 350; vom 
10. Febr. und 31. März 1903 — lMBl. 45, 
126; vom 9. Juni 1904 — HM il. 280 — und 
vom 22. Dez. 1905 — HMl. 1906, 3). Außer 
den staatlichen H. finden noch H. statt, die von 
den Dampfkesselüberwachungsvereinen (s. d.) 
und an der Fachschule für Dampfkesselheizer 
und Maschinenbauer in Aachen eingerichtet 
sind (SPM.Bl. 1901, 3). 
Hemmschuhe s. Wege, öffentliche V. 
Hengstkörung s. Körordnungen. 
Hengstreiterei, d. h. das Umherziehen mit 
Hengsten zur Dechung von Stuten, fällt unter 
die Gew O. und kann durch die Landesregie- 
rungen verboten werden (Gew O. 8§ 56b). Da, 
wo Körordnungen erlassen sind (s. d.), findet 
der Körungszwang selbstverständlich auch auf 
die Benutzung von Hengsten im Umherziehen 
Anwendung. 
Herbergen. I. In früheren Zeiten war die 
H. das Lokal für die Zusammenkünfte der 
Gesellen eines Handwerkes. In ihr wurde 
die Gesellenlade aufbewahrt, meist auch ein- 
wandernden oder kranken Gesellen durch den 
Wirt und die Wirtin (Herbergsvater und Her- 
bergsmutter) Unterkunft und Verpflegung ge- 
währt. Bach dem für die freien Innungen 
eltenden § 81 a GewO., der jedoch gemäß 
9 1006 auch auf die Zwangsinnungen An- 
wendung findet, gehört die Fürsorge für das 
Herbergswesen in Verbindung mit der für den 
Arbeitsnachweis zu den gesetzlichen Aufgaben 
der Innungen (s. Freie Innungen I1#. Hier- 
bei sind unter H. Lokale, wo unbemittelte Ge- 
werbegehilfen geeignetes Unterkommen finden, 
und Orte für die Nachweisung von Gesellen- 
arbeit zu verstehen (Reger, Entsch. 6, 390); 
ungelernte Arbeiter scheiden also aus. Sie 
brauchen keine Gastwirtschaften im Sinne des 
§ 33 Gew0O. zu sein. Soll aber in einer In- 
nungsherberge zugleich ein gewerbemäßiger 
Ausschank ausgeübt werden, so kommt die 
allgemeine Vorschrift des § 33 zur Anwendung. 
Uber die Einrichtung der Innungsherbergen 
hat das Innungsstatut Bestimmung zu treffen 
3 Abs. 2 Ziff. 2, § 100c GewO.). Vorschläge 
  
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für die nähere Regelung dieser Aufgabe finden 
v66 in den Mlusterstatuten für freie Innungen 
37, 48—49) und für Zwangsinnungen 
" §535,46—46 — ZBl. 1898, 155). Nach Gew. 
§ 88 Abs. 3, 100c können die Innungen für 
die Benutzung der H. Gebühren erheben. 
II. Die H. zur Heimat, von welchen die erste 
1854 in Bonn eingerichtet worden ist, und 
welche sich seitdem in vielen Städten Deutsch- 
lands finden, sollen mit Hilfe von freiwillig 
ugewendeten Mitteln und bei einer christlichen 
Hcsordmuung wandernden Gesellen billige 
Unterkunft bieten und sie dadurch vor den 
schädlichen Einflüssen anderer Wirtshäuser be- 
wahren. Sie sind teils bloß für Rath. oder 
bloß für ev. Gesellen bestimmt, teils nehmen 
sie ohne Unterschied der Konfession auf. Vgl. 
Zirk. vom 27. Juli 1894, betr. den polizeilichen 
Schutz für die H. zur Heimat (MBl. 121). Die 
H. zur Heimat sind wohltätige Anstalten im 
Sinne des § 24n KA-l., ihre Grundstücke also 
kommunalsteuerfrei (OVG. in DJ3Z. 10, 654). 
Milde Stiftungen sind sie dagegen nicht, da 
ihre Zwecke zwar als gemeinnüßtzige, aber doch 
nicht als milde, d. h. auf die leibliche Unter- 
stützung Hilfsbedürftiger gerichtet angesehen 
werden können. 
Herkommen s. Gewohnheitsrecht I. 
Heroldsamt. I. Bereits im Anfange des 
18. Jahrh. bestand zur Bearbeitung der Adels- 
angelegenheiten ein 1715 begründetes Ober- 
heroldsamt (s. Mylius, Corpus Constitutionum 
Marchicarum Bd. 6 Abt. 2 Ar. XXXVII S. 65 
bis 70), welches indessen im Jahre 1715 wieder 
aufgehoben wurde. Nachdem nach mehrfachem 
Wechsel durch KabO. vom 16. Aug. 1854 (GS. 
516) die Bearbeitung der Standessachen dem 
Hausministerium (s. d.) endgültig übertragen 
worden war, wurde durch eine nicht veröffent- 
lichte Kab O. vom 14. März 1855 (s. JMl. 
1855, 175) für diesen Zwech unter dem Namen 
„Heroldsamt“ eine dem Hausministerium unter- 
stellte besondere Behörde gebildet, welche sich 
aus einem Vorsitzenden und mehreren Mit- 
gliedern, darunter einem mit dem Titel „Herolds= 
meister" im Hauptamte, sowie meist Staats- 
beamten im A-ebenamte zusammensetzt. 
II. Die Zuständigkeit des H. ist nicht genau 
abgegrenzt. Im allgemeinen liegt ihm die 
Bearbeitung der Standeserhöhungen, darunter 
auch Aufnahme eines ausländischen Adligen 
in den preuß. Adel, sowie Verleihung des 
Adels an Adoptierte und Legitimierte (sog. 
Gnadensachen), und außerdem die Kognition 
über die Berechtigung zur Führung des Adels- 
prädikats durch Staatsangehörige oder im 
Inlande sich aufhaltende Ausländer (sog. 
Rechtssachen) ob. In ersterer Beziehung ist 
das H. eine reine Kronbehörde, in letzterer da- 
gegen hat dasselbe, da die Berechtigung zur 
Führung des Adels dem öffentlichen Rechte 
angehört und im Verwaltungswege zu ent- 
scheiden ist, den Charahter einer mit Ausübung 
staatlicher Hoheitsrechte betrauten öffentlichen 
Behörde. Dementsprechend ist das H. nicht 
nur befugt, zur Durchführung seiner Entschei- 
dungen die Hilfe anderer Behörden (Regie- 
rungs-, Gerichts-, Polizeibehörden usw.) in 
Anspruch zu nehmen, sondern auch, insbeson- 
  
  
  
  
 
	        
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