836
niederen Jagd, derart, daß der privilegierte
Stand nur die hohe oder auch mittlere Jagd
ür sich in Anspruch nahm und die niedere
für ich dem Grundeigentümer (Lehnsmann)
zugestanden wurde. elches Wild zu den
einzelnen Arten der Jagd gehörte, richtete sich
nach den verschiedenen Landesgesetzen und Ge-
wohnheiten. Zum Hochwild zählte meistens
Rot-, Elch-, Schwarz-, Auerwild, Schwan und
alles mit Falken gebeizte Flugwild, zum
A?iederwild Hasen und Rebhühner, zur mitt-
leren Jagd Rehe, Birk= und Haselwild. Eine
wesentliche Umgestaltung erfuhr das Jagdrecht,
als es, etwa vom 16. Jahrh. ab, gelang, dem
Begriff der Regalität bei ihm Eingang zu
verschaffen. Wenn bis dahin die Landes-
herren das Jagdrecht — abgesehen von den
Bannforsten auf fremdem Grund und
Boden nur als Grund--, Guts= oder Lehns-
herren besessen hatten, nahmen sie es jetzt mit
größerem oder geringerem Erfolg allgemein im
ganzen Staat kRraft der Landeshoheit als ein
ihnen zustehendes Regal in Anspruch, und
zwar nicht nur den Bauern, sondern auch dem
Adel und den anderen privilegierten Ständen
gegenüber. Die romanistische Rechtswissen-
schaft schloß aus dem, den Landesherren in
den Bannforsten zustehenden Wildbann auf
ein ursprüngliches Recht des Landesherrn auf
alles Wild und rechtfertigte diesen Anspruch
mit dem von ihr dem Fiskus allgemein bei-
gelegten Recht auf herrenlose Sachen, zu denen
das Wild als wilde Tiere gehörte. Wo man
mit diesem Anspruch nicht allgemein durch-
drang, suchte man ihn wenigstens für einen
Teil der jagdbaren Tiere (Tiere der hohen
und mittleren Jagd) zu retten. Dieses ist die
Auffassung, die dem PrALsk. zugrunde liegt.
Das letztere bespricht das Jagdrecht im
6. Titel des II. Teils, der von den Rechten
des Staats auf herrenlose Güter und Sachen
handelt. Hier wird im § 1 zunächst der
Grundsatz aufsgestellt, daß der Staat auf
Sachen, die noch in Reines Menschen Eigen-
tum gewesen sind, ein vorzügliches Recht zum
Besitz hat, und im § 2 weiter ausgeführt, daß
Sachen dieser Art, welche sich der Staat aus-
drücklich vorbehalten hat, ohne seine Ein-
willigung von keinem anderen in Besitz ge-
nommen werden khönnen; solche vorbehaltene
Sachen sind (§§ 3—6), herrenlose Grundstüche,
erblose Verlassenschaften, die nutzbaren Land-
tiere, die noch in ihrer natürlichen Freiheit
leben, und die unterirdischen Schätze der Aatur
(Fossilien). Der dritte Abschnitt, welcher „BVom
Jagdregal“ überschrieben ist (S#30—68), gibt
folgende Definition (§ 30): „Das Recht, jagd-
bare wilde Tiere aufzusuchen und sich anzu-
eignen, wird die Jagdgerechtigkeit genannt.“
§ 39 bestimmt, daß die Jagdgerechtigkeit zu
den niederen Regalien gehört und von Privat-
personen nur so wie Regalien überhaupt er-
worben werden kann (d. h. durch ausdrück-
liche Verleihung oder Ersitzung). Im § 40
wird sodann festgestellt, daß den Rittergütern
gewöhnlich die Jagdgerechtigkeit, und zwar in
der Regel nur die niedere Fagd, bei elegt ist.
Wenn diese Vorschriften über die Regalttü
der Jagd auch nur, entsprechend dem ganzen
Jagd und Jagdrecht.
Charakter des ALR., subsidiärer Matur waren
und nur gelten sollten, soweit Provinzial-
gesetze oder in deren Ermangelung das Ge-
wohnheitsrecht nichts anderes bestimmten, so
batten sie doch fast allgemeine Bedeutung, da
rovinzialgesetze nur für Ost= und Westpreußen
erlassen sind und die sonst in den einzelnen
Landesteilen geltenden Jagdordnungen (s.
unten IV am Schluß) Reine gegenteiligen Be-
stimmungen enthielten. Die Jagdgerechtigkeit
konnte dem Berechtigten sowohl auf seinen
eigenen wie auf den Ländereien Dritter zu-
stehen, im letzteren Falle war sie nach den
Gesetzen von Dienstbarkeiten zu beurteilen
(ALk. I, 9 § 158). Begelmäßig hatten die
Rittergutsbesitzer das Jagdrecht auf den Län-
dereien der gutsuntertänischen Bauern, und
zwar selbst dann, wenn diese Eigentümer ihrer
Stellen waren. Letzteres Jagdrecht auf frem-
dem Grund und Boden blieb auch aufrecht-
erhalten, als durch das Edikt vom 9. Okt.
1807 (GS. 170) die Gutsuntertänigkeit be-
seitigt und durch das Regulierungsedikt vom
14. Sept. 1811 (GS. 300) und die sich an-
schließenden Gesetze die Umwandlung der vor-
erigen eingeschränkten Besitzrechte an den
ändereien in volles Eigentum ermöglicht war
(Regulierungsedikt § 57 C. Aeben der Ver-
pflichtung, die Ausübung der Jagd auf ihren
Ländereien seitens der Gutsherren zu dulden,
waren die Gutsuntertanen noch in vielen
Fällen verpflichtet, für die Jagd Dienste wie
Treiberdienste, Gestellung von Wildfuhren,
Unterhaltung der Jagdhunde usw. (sog. Jagd-
dienste) zu leisten; A#R. II. 7 § 398 überließ
die nähere Bestimmung hierüber den Provin-
zialgesetzen. Wo die Umwandlung des be-
schränkten Besitzes in volles Eigentum auf
Grund des Regulierungsedikts vom 14. Sept.
1811 erfolgte, sielen damit auch die Jagddienste
fort. Wenn solche bei gutem Besitzrecht (Eigen-
tum, Erbzinsrecht, Erbpacht) bestanden hatten,
mußten sie auf Grund der Abl O. vom 7. Juni
1821 (GS. 77) wie andere Dienstverpflichtungen
abgelöst werden, da sie nicht zu denjenigen
gehörten, welche zusammen mit Aufhebung der
Untertänigkeit kraft Gesetzes beseitigt waren
(Ediht vom 9. Okt. 1807 — GS. 170 — in
Verb. mit dem Publikandum vom 9. April
1809 — GS. 557). Verschieden von der Jagd-
gerechtigkeit auf fremdem Grund und Boden,
welche ein herrschendes und ein dienendes
Grundstück zur Voraussetzung hat, ist das seit
alten Zeiten in Deutschland anerkannte Recht
der Jagdfolge, d. i. das Recht, angeschossenes
oder angehetztes Wild auf fremdes Jagdrevier,
wo dem Jagenden ein Jagdrecht sonst nicht
zusteht, zu verfolgen. Es stellt das Recht dar,
die auf eigenem Sagdreojer begonnene Okkhu-
pation des Wildes auf fremdem Gebiet zu
vollenden. Das Pr ALR. I, 9 §8§ 130 —140
spricht im § 137 die Vermutung aus, daß die
Jagdfolge üblich ist, und regelt die Voraus-
setzungen, unter denen sie zulässig sein soll,
und die Art und Weise, wie sie ausgeübt
werden muß. Eine ähnliche Entwicklung wie
vorstehend für das Gebiet des Pr ALrR. an-
gegeben ist, hat das Jagdrecht auch in den
anderen preuß. Landesteilen genommen, wenn