Jagd und Jagdrecht.
auch mit gewissen Abweichungen, je nachdem
der Grundsatz der Regalität schärfer ausge-
bildet wurde oder das ursprüngliche Recht des
freien Grundeigentümers zur eigenen Jagd-
ausübung sich mehr behauptete, letzteres vor
allem in einigen Teilen der Prov. Hannover,
wo das Recht der Freijagd innerhalb der
städtischen oder bäuerlichen Feldmark erhalten
wurde (Hann. Jagdordnung vom 11. März 1859
12).
III. Die neueste Entwichlung des Jagd-
rechts ist dahin gegangen, den Grundeigen-
tümern das ihnen abhanden gekommene Jagd-
recht zurüchzugeben. Der Anfang wurde für
das jetzige preuß. Staatsgebiet auf dem linken
Rheinufer der Rheinprovinz gemacht. Hier
waren das franz. G. vom 11. Aug. 1789 (welches
die ausschließlichen Jagdrechte abschaffte und
jedem Grundeigentümer das Recht zur Jagd
auf seinem Grundbesitz nach Maßgabe der zum
Schutz der öffentlichen Sicherheit erlassenen
Polizeigesetze gab) und das dazu erlassene A#G.
vom 30. April 1790 durch Regl. vom 26. März
1798 eingeführt worden. Nach der Fremd-
herrschaft wurden beide Gesetze durch die V.
des Generalgouverneurs am AMieder= und
Mittelrhein vom 18. Aug. 1814 (Journal des
Nieder- und Mittelrheins 1814 ANr. 32 u. 33)
„in manchen Punkten modifiziert, um die so
ganz in Verfall geratenen Jagden und Fische-
reien in den herrschaftlichen Domänenverwal-
tungen, wie auf Gemeinde= und Privatgrund-
stüchen wiederum in einige Aufnahme zu
bringen"“. Es wurde zwar im § 5 die unter
der französischen Herrschaft sedem Gutsbesitzer
erteilte Befugnis, auf seinen Grundstücken
jagen zu dürfen, provisorisch aufrechterhalten,
aber bestimmt, daß die Jagd auf den Grund-
stüchen einer Gemeinde gemeinsam durch Ver-
pachtung zum Besten der Gemeindekasse genutzt
werden und daß nur densjenigen Besitzern,
welche zusammenhängende Grundstücke von
50 ha besitzen, die Befugnis zur Mitbenutzung
der Jagd neben dem Gemeindejagdpächter ver-
bleiben solle. Aeu geregelt wurde das Recht
der Jagdausübung auf dem linken Rheinufer
durch die V. vom 17. April 1830 (GS. 65),
welche deshalb von allgemeiner Bedeutung
ist, weil ihr die späteren preußischen und die
meisten deutschen Jagdgesetze nachgebildet sind.
§ 1 stellt den leitenden Grundsatz auf: Jeder
Grundeigentümer hat das ausschließliche Recht
der Jagd auf eigenem Grund und Boden, nur
die Ausübung dieses Rechts wird aus Rüchk-
sichten der öffentlichen Sicherheit Beschrän-
Kkungen unterworfen, die jedoch den Berech-
tigten die Autzung nicht entziehen. Die Jagd
darf vom Grundbesitzer nur auf Grundstücken,
die im Zusammenhang 300 Morgen groß sind,
selbst ausgeübt werden, im übrigen werden
die Grundstücke der Gemeinden zu gemein-
schaftlichen Jagdbezirken vereinigt, die gemein-
sam genutzt werden. Der Grundgedanke dieser
Verordnung, daß das Jagdrecht ein Ausfluß
des Grundeigentums sei, wurde für den Um-
fang des damaligen Preußens durch das G.
vom 31. Okt. 1848 (GS. 343) allgemein fest-
gestellt und bis in seine letzten Konsequenzen
durchgeführt. Das Gesetz hob jedes Jagdrecht
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auf fremdem Grund und Boden, und zwar
ohne jede Entschädigung unter gleichzeitigem
Wegfall der bisherigen Abgaben und Gegen-
leistungen des Berechtigten auf und bestimmte,
daß auch Rhünftig eine Trennung des Jagd-
rechts vom Grund und Boden als dingliches
Recht nicht stattfinden kann. Die Jagd soll
jedem Grundbesitzer auf seinem Grund und
Boden zustehen; er darf sie in jeder erlaubten
Art, das Wild zu jagen oder zu fangen, aus-
üben, nur beschränkt hierin durch die allge-
meinen und die besonderen jagdpolizeilichen
Vorschriften, welche den Schutz der öffentlichen
Sicherheit und die Schonung der Feldfrüchte
bezwechen. Das Recht der Tagdfolge wurde
aufgehoben, ebenso die für das linke Bhein-
ufer erlassene V. vom 17. April 1830, sowie
die jagdpolizeilichen Vorschriften über die
Schon-, Setz= und Hegezeit des Wildes. Da
das Gesetz beschränkende Vorschriften nur für
die Jagd in der Umgebung der Festungs-
werke erließ, war die Jagdausübung im
übrigen somit gänzlich unbeschränkt. Ahn-
liche Bestimmungen ergingen für die anderen
deutschen, insbesondere für die 1866 mit Preu-
ßenvereinigten Staatsgebiete, jedoch mit
wesentlichen Abweichungen im einzelnen, in-
sofern teilweise die Aufhebung des Jagdrechts
auf fremdem Grund und Boden nur gegen
Entschädigung oder Ablösung erfolgte oder
indem nicht die vollständige Freiheit der Aus-
übung des Jagdrechts gewährt, sondern von
vornherein gewisse Schranken gezogen wurden.
Das Nähere hierüber wird am Schluß dieses
Abschnitts mitgeteilt werden. Für die alt-
preuß. Provinzen wurden die letzten Reste des
alten Jagdrechts beseitigt, als die bis dahin
noch nicht aufgehobenen oder abgelösten Jagd-
dienste durch das AblG. vom 2. März 1850
(GS. 77) ohne Entschädigung aufgehoben
wurden (§ 3 Ziff. 6C). Das G. vom 31. Okt.
1848 ging über diesenigen Forderungen hin-
aus, die in den von der Nationalversammlung
zu Frankfurt am 21. Dez. 1848 beschlossenen
Grundrechten bezüglich der Jagd aufgestellt
waren. Während hier zwar die Herstellung
einer untrennbaren Verbindung zwischen Grund-
eigentum und Jagdrecht erlangt war, sollte es
doch der Landesgesetzgebung überlassen bleiben,
die Ausübung der Jagd aus Gründen der
öffentlichen Sicherheit und des gemeinen Wohls
zu ordnen. Es zeigte sich auch bald, daß der
so geschaffene Asttand die ernstesten Gefahren
in sich barg. Der Wildstand, der einen nicht
unbeträchtlichen volkswirtschaftlichen Wert dar-
stellt, drohte vollständig ausgerottet zu wer-
den. Die maßlose Vermehrung der Jäger und
der Gebrauch des Schießgewehrs durch Leute,
welche in dessen Handhabung unerfahren
waren, bedrohten Leben und Gesundhen so-
wohl der Schützen untereinander als auch
anderer Alenschen auf dem Felde; die Jagd-
lust entzog einen großen Teil der Bevölke=
rung seiner nützlicheren Tätigkeit und erzeugte
den Hang zu einer umherschweifenden Lebens-
weise; die leicht erregbare Jagdleidenschaft
verführte zur Uberschreitung der Grenzen des
eigenen Grundstüchs und zur Wilddieberei;
es entstanden ganze bewaffnete Genossenschaf-