Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Anlagen (gewerbliche). 
der ganze zur Ausübung des Gewerbes be— 
nutzte Raum (OVG. vom 23. Sept. 1899 — 
PrVBl. 21, 268) — oder eine wesentliche Ande- 
rung in dem Betriebe vorgenommen, so ist 
eine neue Genehmigung erforderlich. Die Ver- 
änderung muß eine wesentliche sein, d. h. auf 
diesenigen Rüchsichten einwirken können, die 
nach dem Gedanken des Gesetzgebers über- 
haupt die A. genehmigungspflichtig gemacht 
haben, nämlich die Rüchsichten, daß die A. 
durch Beschaffenheit der Betriebsstätte für die 
Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grund- 
stücke oder für das Publikum überhaupt er- 
hebliche Rachteile, Gefahren oder Belästigungen 
herbeiführen könne (O. 10 S. 260, 277, 283; 
24,317;29 S. 286, 309). Wesentliche Anderungen 
der Betriebsstätte oder des Betriebs machen 
die Genehmigung nicht hinfällig, vielmehr 
bleibt für den genehmigten Teil der A. die 
Konzession erhalten, so daß die Polizeibehörde 
nur insoweit einschreiten Kkann, als es sich um 
den nicht genehmigten konzessionspflichtigen 
Teil der A. handelt. Ist eine solche Scheidung 
zwischen konzessioniertem und nicht konzessio- 
niertem Teil der A. nicht möglich, 8 kann die 
Polizeibehörde gegen den ganzen Betrieb ein- 
schreiten (OVG. 24, 319). Die Entscheidung 
der Genehmigungsbehörde darüber, ob eine 
genehmigungspflichtige Anderung des Betriebs 
oder der Betriebsstätte vorliegt, ist sowohl für 
die Polizei als auch für den Verwaltungsrich- 
ter bindend (OVS#. 37, 309). Die Polizeibehörde 
kann die Anderungen nicht genehmigen. Durch 
die auf rechtsirrtümlicher Annahme beruhende 
Erteilung einer Bauerlaubnis kann die ge- 
werbepolizeiliche Genehmigung nicht ersetzt 
werden. Die Bauerlaubnis ist unwirksam 
und kann daher widerrufen werden (O. 
vom 20. Okt. 1902 — Pr VWBl. 24, 696). Die 
Erteilung der Genehmigung zu der Anderung 
erfolgt in dem für die Errichtung der A. vor- 
geschriebenen Verfahren mit der Maßgabe, 
daß auf Antrag des Unternehmers von der 
ekanntmachung Abstand genommen werden 
kann, wenn die Genehmigungsbehörde die 
berzeugung gewinnt, daß die beabsichtigte 
Veränderung für die Besitzer oder Bewohner 
benachbarter Grundstücke oder das Publikum 
überhaupt neue oder größere Nachteile, Ge- 
fabren oder Belästigungen, als mit der vor- 
handenen A. verbunden sind, nicht herbei- 
führen wird. Wird der Antrag abgelehnt, so 
findet ein Rechtsmittel nicht statt (AusfAnw. 
5. GewO. Ar. 17). 
6. Strafbestimmungen und Zwangs- 
mabregeln. Wer eine genehmigungspflich- 
uge gewerbliche A. ohne Genehmigung errich- 
et oder die wesentlichen Bedingungen der 
enehmigungsurkunde nicht innehält oder 
bne neue Genehmigung eine wesentliche An- 
derung der Betriebsstätte oder eine Verlegung 
v n Lohals oder eine wesentliche Veränderung 
Gelem Betriebe der A. vornimmt, wird mit 
8 strafe bis zu 300 M. und im Unver— 
gensfalle mit Haft bestraft (GewO. 8 147 
9 Ar. 2). Dies gilt auch dann, wenn die 
den agungen nicht innegehalten werden, unter 
(# ben die Anderung einer A. genehmigt ist 
vom 29. Mai 1905 — HM l. 330). Wer 
  
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eine bereits genehmigte A. erwirbt, haftet auch 
ohne Erneuerung der Genehmigung für die 
während seiner Besitzzeit vorkommenden Uber- 
tretungen der Bedingungen der Genehmigung. 
Durch Vermietung einer genehmigten A. wird der 
Inhaber der Genehmigung von der persönlichen 
Haftung für solche während der Dauer der Ver- 
mietung vorkommenden Ubertretungen nicht be- 
freit (KEb J. 9, 180). Die Polizeibehörde kann 
die Wegschaffung der A. oder die Herstellung 
des den Bedingungen entsprechenden Zustands 
anordnen (GewO. 8§ 147 Abs. 3). Von dieser 
Befugnis soll aber die Polizeibehörde in der 
Regel erst Gebrauch machen, wenn die Be- 
strafung des Gewerbetreibenden rechtskräftig 
erfolgt ist, und hat zu diesem Zwecke, wenn 
der Gewerbetreibende der Aufforderung, die 
Genehmigung einzuholen, nicht nachkommt, 
das Strafverfahren herbeizuführen. Jede Schlie- 
Zung einer gewerblichen A. ist dem HM. an- 
zuzeigen (AusfAnw. z. Gew. Ar. 9; Erl. 
vom 22. Juni 1904 — SWBl. 339). 
II. Geräuschvolle A. (s. d.). 
UI. Errichtung von Windmühlen s. 
Triebwerke. 
IV. Untersagung der Benutzung ge- 
werblicher A. (GewdO. 8§ 26, 51). Soweit die 
bestehenden Rechte, insbesondere die Bestim- 
mungen über das Nachbarrecht zur Abwehr 
benachteiligender Einwirkungen, die von einem 
Grundstück aus auf ein benachbartes Grund- 
stüch geubt werden, dem Eigentümer oder Be- 
sitzer des letzteren eine Privatklage gewähren, 
kann diese Klage einer genehmigten A. gegen- 
über niemals auf Einstellung des Gewerbe- 
betriebs, sondern nur auf Herstellung von Ein- 
richtungen, die die benachteiligende Einwirkung 
ausschließen, oder, wo solche Einrichtungen 
untunlich oder mit einem gehörigen Betriebe 
des Gewerbes unvereinbar sind, auf Schad- 
loshaltung gerichtet werden (GewO. 8 26). Für 
nicht genehmigte A. gilt diese Vorschrift nicht 
(RG3Z. 6, 217; 11, 183; 19, 353; 26, 352; 36, 
178; 37, 172; 45, 297), auch reicht der Schutz 
des § 26 nicht weiter, als die A. unter § 16 
GewO. fällt (RG3Z. 49, 85). Eine auf be— 
sonderen privatrechtlichen Titeln, z. B. auf 
Vertrag, beruhende Klage kann auf Einstel— 
lung des Betriebs gerichtet werden. Die Klage 
auf Ersatz des Schadens findet nicht nur unter 
der Voraussetzung statt, daß sie schon nach 
allgemeinen Voraussetzungen (z. B. Verschulden 
des Beklagten) begründet ist, sondern auch 
unmittelb ar auf Grund der GewO. (Ro#3. 47, 99). 
Wegen überwiegender Aachteile und Gefahren 
für das Gemeinwohl kann die fernere Be- 
nutzung einer geden gewerblichen A. durch den 
BezA. (ZG. 88 112, 161) zu jeder Zeit unter- 
sagt werden; doch muß dem Besitzer alsdann für 
den erweislichen Schaden Ersatz geleistet werden. 
Gegen den Beschluß des Bez A. steht binnen zwei 
Wochen die Beschwerde an den OM. offen, so- 
fern Landeskulturinteressen in Frage Kkommen, 
ist der MsL. zuzuziehen (ZG. 8§ 113). Wegen der 
Entschädigung steht der Rechtsweg offen (GewO. 
851). Das Verfahren ist in AusfAnw. z. Gew O. 
Nr. 58 geregelt. Der 8§ 51 setzt voraus, daß 
die gewerbliche A. sowohl mit den gewerbe- 
rechtlichen als auch mit den landesrechtlichen
	        
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