Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Jagdpolizei und Jagdpolizeigesetz. 
jagdbezirkten aus Chausseen, Deichen, Eisen- 
bahnen, Kanälen, öffentlichen Flüssen ist aus- 
geschlossen, weil diese ihrer Hauptbestimmung 
nach Verkehrsstraßen sind und nicht zur land- 
wirtschaftlichen Nutzung dienen, selbst wenn 
sie landwirtschaftliche Nebennutzungen ab- 
werfen. Wenngleich Wege oder Gewässer den 
Zusammenhang nicht unterbrechen, stellen sie 
andererseits, wenn Reine andere Verbindung 
der Grundstücke besteht, allein den Zusammen- 
hang auch nicht her, weil sie nicht zu den 
„landwirtschaftlich genutzten Flächen“ gehören. 
Der Eigentümer des Eigenjagdbezirks ist nicht 
befugt, die Jagd auf den Wegen und Ge- 
wässern, die seinen Jagdbezirk durchschneiden 
ohne ihn zu trennen, auszuüben, wenn sie 
nicht in seinem Eigentum stehen. Das BRecht 
zur eigenen Ausübung der Jagd tritt in Kraft, 
sobald ein zusammenhängender Besitz von 
300 Morgen in einer Hand vereinigt ist; wenn 
z. B. eine vorher nicht so große Fläche durch 
Zukauf auf 300 Morgen gebracht wird, hat 
der Erwerber vom Augenblicke des Eigentums- 
übergange ab das Jagdrecht auf der gesamten 
Fläche (OV. 20, 320). 
Wenn die Eigenjagdbezirke mehr als drei Per- 
sonen gemeinschaftlich gehören, darf die Jagd- 
ausübung höchstens dreien von ihnen übertragen 
werden; Gemeinden und Korporationen dürfen 
das Jagdrecht nur durch Verpachtung oder durch 
angestellte Jäger ausüben (Jagdpolizeigesetz 
§ 3). Alle übrigen Grundstücke eines GEe- 
meindebezirks bilden in der Regel einen ge- 
meinschaftlichen Jagdbezirk ((. d.), jedoch 
sind die Besitzer isoliert belegener Höfe berech- 
tigt, sich mit denjenigen Grundstücken, welche 
zusammenhängend den Hof ganz oder teilweise 
umgeben, von dem gemeinschaftlichen Jagd- 
bezirk auszuschließen, selbst wenn diese Grund- 
stückee nicht zur eigenen Jagdausübung be- 
rechtigen; die Jagd muß hier ruhen, solange 
die Ausschließung dauert. Ausgenommen sind 
ferner von dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk 
die nicht unter § 2 fallenden Grundstüche, 
welche von einem über 3000 Morgen im Zu- 
sammenhang großen Wald, der eine einzige 
Besitzung bildet, ganz oder größtenteils um- 
schlossen sind. Stoßen mehrere derartige, im 
Eigentum verschiedener Personen stehende 
Grundstüchke aneinander, so daß sie eine un- 
unterbrochene zusammenhängende Fläche von 
mindestens 300 Morgen umfassen, so bilden 
sie einen für sich bestehenden gemeinschaftlichen 
Jagdbezirk, für welchen die nämlichen Vor- 
schriften gelten wie für gewöhnliche gemein- 
schaftliche Jagdbezirke (s. d.). Im andern Fall 
sind die Besitzer solcher Grundstücke verpflichtet, 
die Ausübung der Jagd auf ihnen dem Eigen- 
tümer des umschließenden Waldes auf dessen 
Verlangen gegen eine nach dem Jagdertrage 
zu bemessende Entschädigung zeitpachtweise zu 
übertragen oder die Jagdausübung gänzlich 
ruhen zu lassen. Macht der Waldeigentümer 
von seiner Anpachtungsbefugnis nicht Ge- 
brauch, so steht den Besitzern die Ausübung 
der Jagd auf dem enklavierten Grundstüch zu. 
In den Festungswerken ist nur die Militär- 
behörde zur Ausübung der Jagd befugt, außer- 
halb dieser Werke werden Rayons gebildet, 
  
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in denen die Jagd nicht mit Feuergewehren 
ausgeübt werden darf; die Bildung der 
Rayons erfolgt durch die Festungsbehörde, 
einem Deputierten des Stadtvorstandes und 
einem solchen der Kreisvertretung (Jagdpolizei- 
gesetz § 8 in Verb. mit § 5 des G vom 31. Okt. 
1848 — GS. 3430). Alle übrigen Grundstücke 
eines Gemeindebezirks bilden einen gemein- 
schaftlichen Jagdbezirk, in dem die Jagd ge- 
meinsam genutzt wird (s. Jagdbezirke). Zur 
Ausführung des Jagdpolizeigesetzes ist die Zirk- 
Vf. vom 14. März 1850 (M.l. 107) ergangen. 
III. Das preuß. Sagdpolizeigeses vom 7. März 
1850 ist in Kraft gesetzt worden in dem vor- 
mals hess.--homb. Amt Meisenheim (V. 
vom 20. Sept. 1867 — GS. 1534) und in der 
vormals bayr. Enklave Kaulsdorf (V. vom 
22. Mai 1867 — GS. 729). Die mitgeteilten 
Bestimmungen dieses Gesetzes sind eingeführt 
in der Prov. Schleswig-Holstein E. vom 
1. März 1873 — GS. 27), während die für 
das ehemalige Herzogtum Nassau (V. vom 
30. März 1867 — GS. 426) und das Herzog- 
tum Lauenburg (G. vom 17. Juli 1872) er- 
lassenen Jagdgesetze fast wörtlich mit ihm über- 
einstimmen, mit dem Unterschied, daß die Aus- 
übung des Jagdrechts abhängig gemacht ist 
in Aassau von 300 Metermorgen = 75 ha, in 
Lauenburg von 300 Kalenberger Morgen — 
79,13 ha eigenen, zusammenhängenden Grund- 
besitzes. hnliche, den Bestimmungen des 
preuß. Jagdpolizeigesetzes vom 7. März 1850 
entsprechende Vorschriften sind auch in den 
noch geltenden Jagdgesetzen der anderen, 1866 
erworbenen Landesteile enthalten. Nach der 
hann. Jagdordnung vom 11. März 1859 
(Hann G. 159) ist nur derjenige Grundeigen- 
tümer zur Ausübung der Jagd berechtigt, 
welcher eine zusammenhängende Fläche von 
mindestens 300 hann. Morgen — 78,63 ha be- 
sitzt; die Trennung, welche Wege und Gewässer 
bilden, ist als eine Unterbrechung des Mu- 
sammenhangs nicht anzusehen; mehrere Mit- 
eigentümer müssen sich über einen von ihnen 
einigen, der die Jagd ausüben soll, oder sie 
müssen die Jagd verpachten, einem Dritten 
überlassen oder durch einen Jäger nutzen lassen. 
Insofern die Jagdausübung nicht den Eigen- 
tümern zusteht, wird sie von der Gesamtheit 
der beteiligten Feldmarksgenossen verwaltet 
(s. Jagdbezirke), jedoch steht jedem Grund- 
eigentümer die Befugnis zu: 1. auf seinen 
Grundstücken den Vogelfang in hochhängenden 
Dohnen auszuüben; 2. in den mit seinen Wohn- 
gebäuden zusammenhängenden Höfen und Gär- 
ten Raubtiere, Kaninchen, Eichhörnchen und 
Vögel (abgesehen von Feld= und Birkhühnern, 
Fasanen, Enten, Schnepfen, Wachteln) bei Tage 
mittels der Schußwaffe zu erlegen; 3. seine son- 
stigen, mit einer Mauer oder einer anderen hoch- 
stehenden wehrbaren Befriedigung umgebenen 
Grundstücke von der gemeinsamen Jagdaus- 
übung auszunehmen und die Jagd dort ruhen 
zu lassen; 4. in seinen Gebäuden und Höfen 
Raubtiere in Fallen zu fangen. Zur Aus- 
übung der Jagd ist unfähig: wer wegen eines 
entehrenden Verbrechens oder wegen gewalt- 
samer Widersetzung wider die Obrigkeit, Auf- 
ruhrs, Gewalttätigkeiten, Körperverletzung,
	        
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