Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Jagdschein und Jagdscheingesetz. 
wurde eingeführt, als mit der Wiederfreigabe 
der Jagd an die Grundbesitzer die Zahl der 
Jäger sich mehrte und es im Interesse der 
öffentlichen Ordnung und der Sicherheit für 
Person und Eigentum geboten erschien, solche 
Personen, welche diese Sicherheit und Ordnung 
gefährden könnten, von der Jagdausübung 
auszuschließen. Dieses geschieht dadurch, daß 
unzuverlässigen Personen der Jagdschein ver- 
sagt und ihnen so die Ausübung der Jagd 
unmöglich gemacht wird. Die Vorschriften 
über Ausstellung, Verweigerung und Mit- 
führung des Jadgdscheins stellen somit eine 
polizeiliche Regelung der Jagdausübung dar. 
Der Jagdschein entstammt dem franz. Recht 
(G. vom 11. Juli 1810) und ist in Preußen 
auch nach Beendigung der Fremdherrschaft 
auf dem linken Rheinufer, wo die Jagdrechte 
auf fremdem Grund und Boden beseitigt 
blieben, beibehalten und neu geregelt worden 
durch die V. des Generalgouverneurs vom 
Mittel- und Aiederrhein vom 18. Aug. 1814 
(Tournal des Mittel- und Aiederrheins Ar. 32, 
33) § 6, in der die Mitführung eines vom 
Generalgouverneur auszufertigenden Jagd- 
erlaubnisscheins vorgeschrieben und die Ent- 
richtung einer Gebühr von 10 Franken für 
die jagdberechtigten Grundeigentümer und 
Jagdpächter und von 30 Franken für die son- 
stigen Jagdliebhaber festgeletzt wurde. In der 
V. vom 17. April 1830 (GS. 65) wurde sodann 
angeordnet, daß statt dieses, mit einer Abgabe 
belasteten Jagdscheines in Zukunft jedem, der 
sich als zur Ausübung der Jagd befugt aus- 
weist, ein für allemal oder für die Dauer der 
Jagdpachtzeit von dem Landrat ein Legiti- 
mationsschein unentgeltlich ausgestellt werden 
sollte, dessen aber Personen, die auf eigenen 
Grundstücken jagten, und Jagdgäste nicht be- 
durften. Bei der Freigabe des Jagdrechts 
½ Jagd und Jaqddrecht III) an jeden 
rundbesitzer (S. vom 31. Okt. 1848 
GS. 343) wurde die Führung eines Jagd- 
scheins zunächst nicht vorgeschrieben, ja sogar 
auch für das linke Mheinufer durch Auf- 
hebung der V. vom 17. April 1830 beseitigt. 
Die Mißstände, welche als Folgen dieses 
Gesetzes sich herausstellten, zwangen in- 
dessen zur Einführung gewisser Einschränkun- 
gen der Jagdausübung, die u. a. in der 
Einführung des Jagdscheins, welche in den 
jetzt zu Preußen gehörigen Gebietsteilen all- 
gemein erfolgte, bestanden; für Altpreußen 
geschah dieses durch das Jagdpolizeigesetz vom 
7. êAärz 1850 (GS. 165) 88 14—17: hiernach 
mußte jeder, der die Jagd ausüben wollte 
(also auch der Eigenjagdberechtigte), einen für 
den ganzen Staat auf ein Jahr gültigen, zu 
seiner Legitimation dienenden Jagdschein von 
dem Landrat des Kreises seines Wohnsitzes 
lösen und bei der Jagdausübung bei sich 
führen; als Entgelt war eine Abgabe von 
3 M. zur Kreiskommunalkasse zu entrichten. 
Das Gesetz enthält Bestimmungen, unter wel- 
chen Voraussetzungen der Jagdschein versagt 
werden mußte oder konnte. huliche Vor- 
schriften stellten auf: die hann. Jagdordnung 
vom 11. März 1859 §8 17 ff., Jagdschein, Ge- 
bühr: 9 M. zur Staatskasse; Frankfurter 
  
847 
Jagdgesetz vom 20. Aug. 1850 Art. 22 ff., Jagd- 
waffenpaß. Gebühr: 2 M. zur Staatskasse; 
bayr. G. vom 30. Alärz 1850 Art. 14 ff., Jagd- 
karte, Gebühr 8 fl. zur Staatskasse; hess.= 
homb. Jagdgesetz vom 8. Okt. 1849 Art. 8 ff., 
Jagdpaß, Gebühr: 8 fl. zur Staatskasse; 
großh. hess. Bek. vom 24. Aug. 1848 und 
Finanzgesetz vom 26. Sept. 1864, Jagdwaffen- 
paß. Im ehemaligen ZKurfürstentum Hessen 
mußte jeder, der außerhalb seiner Wohnung 
ein Feuergewehr führen wollte, einen Gewehr- 
erlaubnisschein haben (Ausschreiben des kurf. 
hess. Ministeriums vom 1. Juni 1822). Durch 
G. vom 26. Febr. 1870 (GS. 141) wurde für 
die Prov. Hessen= Nassau (abgesehen vom ehe- 
maligen Herzogtum Massau, wo die dem preuß. 
Jagdpolizeigesetz nachgebildete V. vom 30. März 
1867 GS. 426 — bereits eingeführt war, 
welche die gleichen Bestimmungen hinsichtlich 
der Jagdscheine enthielt wie das erstere) an- 
eordnet, daß für jede Jagdkarte (Jagdpaß, 
Iagdwaffenpahz, Waffenschein, Gewehrerlaub- 
nisschein) eine Abgabe von 2½ Tlr. zu ent- 
richten war, nachdem schon vorher (G. vom 
9. März 1868— GS. 207) in den mit Preußen 
neu vereinigten Landesteilen die für die Aus- 
stellung der Jagdscheine, Jagdkarten usw. zu 
entrichtenden Abgaben den RKreiskommunal- 
fonds überwiesen waren. In Schleswig-Hol- 
stein erfolgte die Einführung der Bestimmungen 
des preuß. Jagdpolizeigesetzes durch G. vom 
1. März 1873 (E6. 27) § 7; in Hohenzollern 
durch G. vom 17. März 1873 (GS. 141); im 
Herzogtum Lauenburg durch G. vom 17. Juli 
1872 (Offiz. Wochenbl. 215) 88 17 ff. Eine 
einheitliche Regelung erfolgte für ganz 
Preußen mit Ausnahme der Insel Helgoland 
durch das Jagdscheingesetz vom 31. Juli 
1895 (GS. 304), welches im Anschluß an 
die Bestimmungen des Jagdpolizeigesetzes vom 
7. März 1850 durch die Ausstellung des Jagd- 
scheins eine Kontrolle über die Person des 
Jagenden schaffen, ferner aber durch Erhöhung 
der Jagdscheingebühr auf eine Beschränkung 
der Zahl der Jäger hinwirken will. Das 
Gesetz bestimmt, daß jeder, der die Jagd aus- 
übt, einen auf seinen Namen lautenden Jagd- 
schein führen muß und daß zur Ausstellung 
des Scheins zuständig ist der Landrat (Ober- 
amtmann), in Stadtkreisen die Ortspolizei- 
behörde desjenigen Kreises, in welchem der 
den Jagdschein Nachsuchende einen Wohnsitz 
hat oder zur Ausübung der Jagd berechtigt ist 
(§ 1). Hiernach ist also kein Unterschied ge- 
macht, ob jemand die Jagd auf eigenem Grund 
und Boden, als Jagdpächter oder als Jagd- 
gast, ob er sie mit dem Gewehr, Netzen, Fallen 
usw. ausüben will. Personen, welche weder 
Angehörige eines deutschen Bundesstaates sind, 
noch in Preußen einen Wohnsitz haben, kann 
der Jagdschein gegen Bürglchaft einer Person, 
die in Preußen einen Wohnsitz hat, erteilt 
werden (§ 1 Abs. 2). Eines Jagdscheins be- 
darf es nicht: 1. zum Ausnehmen von Kiebitz- 
und Möweneiern (eine Handlung, die an sich, 
da nieebiß und Möwe sagdbar sind ls. Jagd- 
barkeit! zur Jagdausübung gehört); 2. zu 
Treiber= und ähnlichen, bei der Jagdausübung 
geleisteten Hilfsdiensten (wie Einbeeren, Stellen
	        
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