Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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Bestimmungen (z. B. über das Verbot der 
Anlegung von gewerblichen A. in bestimmten 
Ortsteilen) im Einklange steht (RGZ. 50, 4). 
Die Anwendbarkeit beschränkt sich auf A., zu 
deren Betrieb der Unternehmer durch die er- 
teilte Genehmigung ein Recht erlangt, und auf 
solche der Genehmigung nicht bedürfenden A., 
deren Betrieb, wenn er auch mit Nachteilen 
für das Gemeinwohl verbunden ist, sich doch 
innerhalb der gesetzlichen und polizeilichen Vor- 
schriften bewegt. Dagegen bilden nicht ge- 
nehmigungspflichtige A., die den Gesetzen oder 
polizeilichen Vorschriften zuwiderlaufen, keinen 
Gegenstand der vorgesehenen Zwangsenteig- 
nung, und die Befugnis der Polizeibehörden, 
gegen sie selbst bis zur völligen Untersagung 
des ferneren Betriebes auf Grund des ALR. 
II, 17 § 10 einzuschreiten, wird durch den § 51 
nicht berührt (OV. 23, 254; anders BRG3. 
19, 353). Eine Verfügung, die die Rentabilität 
der A. in Frage stellt, ist als eine Untersagung 
nicht anzusehen (O#. 14, 323). Die Frage, 
wer für den Schaden Ersatz zu leisten hat, be- 
antwortet sich nach den landesgesetzlichen Vor- 
schriften, die durch EGBGB. Art. 109 (s. auch 
Art. 52, 53) aufrechterhalten sind. S. ALR. 
Einl. 88 70, 75, 1 §§ 29 ff. 
V. Sinrichtungen in gewerblichen A-. 
zum Schutze der Arbeiter (88 120a—120e). 
1. Verpflichtungen der Arbeitgeber. 
Die Unternehmer der unter die GewO. (s. d.) 
fallenden Betriebe — und zwar auch die In- 
haber handwerksmäßiger Betriebe (Erl. vom 
23. Okt. 1894 — MBl. 268) — sind verpflichtet, 
die Arbeitsräume (s. d.), Betriebsvorrichtungen, 
Maschinen und Gerätschaften so einzurichten 
und den Betrieb so zu regeln, daß die Arbeiter 
gegen Gefahren für Leben und Gesundheit 
soweit geschützt sind, wie es die Natur des 
Betriebes gestattet. Insbesondere ist für ge- 
nügendes Licht, ausreichenden Luftraum und 
Luftwechsel, Beseitigung des bei dem Betriebe 
entstehenden Staubes, der dabei entwickelten 
Dünste und Gase sowie der dabei entstehenden 
Abfälle (s. Abgänge) Sorge zu tragen. Eben- 
so sind diejenigen Vorrichtungen herzustellen, 
welche zum Schutze der Arbeiter gegen gefährliche 
Berührungen mit Maschinen oder Maschinen= 
teilen oder gegen andere in der Natur der 
Betriebsstätte oder des Betriebes liegende Ge- 
fahren erforderlich sind. Danach kann auch 
die Anschaffung von Schutzbrillen verlangt 
werden (RE3. 1 S. 271, 275; 10, 23). Endlich 
sind diejenigen Vorschriften über die Ordnung 
des Betriebes und das Verhalten der Arbeiter 
zu erlassen, welche zur Sicherung eines gefahr- 
losen Betriebes erforderlich sind (HewO. § 120 a). 
Diese Verpflichtungen bestehen für die ganze A., 
und zwar bei genehmigten A. auch ohne daß 
in den Bedingungen darauf verwiesen ist 
(RESt. 18 S. 73, 204). Der Betriebsunter- 
nehmer muß nicht nur Bhörperliche Vorrich- 
tungen treffen, sondern auch Anordnungen 
erlassen, die den Betrieb gefahrloser machen 
(OVE. 7, 296). Die Polizeibehörde kann nach 
§ 120d die Ausführung der Maßnahmen an- 
ordnen; die Anordnung ist Voraussetzung der 
Strafbarkeit (R St. 29, 50). Es kann nicht 
verlangt werden, daß die geforderten Anord- 
  
Anlagen (gewerbliche). 
nungen in den Arbeitsvertrag aufgenommen 
oder zuwiderhandelnde Arbeiter sofort ent- 
lassen werden (OV#. 7, 296). Ebensowenig 
kann die uolllge Einstellung des Betriebes, 
sondern nur die Schaffung von Maßnahmen vor- 
geschrieben werden, die der Betrieb nach seiner 
Eigenart gestattet (Ro# St. 23, 346). Die Ge- 
werbeunternehmer sind ferner verpflichtet, für 
die Aufrechterhaltung der guten Sitten und 
des Anstandes Sorge zu tragen (s. Anstand) 
und erforderlichenfalls ausreichende, nach Ge- 
schlechtern getrennte Ankleide= und Wasch- 
räume herzurichten (KAnkleideräume)). 
Die Bedürfnisanstalten müssen so eingerichtet 
sein, daß sie für die Zahl der Arbeiter aus- 
reichen, daß den Anforderungen der Gesund- 
heitspflege entsprochen wird und daß ihre 
Benutzung ohne Werletzu von Sitte und 
Anstand erfolgen kann (GewO. 8§ 120b). Ge- 
werbeunternehmer, welche Arbeiter unter acht- 
zehn Jahren beschäftigen, sind verpflichtet, bei 
der Einrichtung der Betriebsstätte und bei der 
Regelung des Betriebs diejenigen besonderen 
Rüchsichten auf Gesundheit und Sittlichkeit 
zu nehmen, welche durch das Alter dieser Ar- 
beiter geboten sind (GewO. 8§ 120). 
2. Befugnisse der Polizeibehörden 
(Gew. 8§ 1204, AusfAnw. z. Gew O. Ziff. 198 ff., 
ME. vom 21. März 1905 — HM.IilI. 69). Zur 
Erfüllung der vorstehend bezeichneten Ver- 
Pllichtungen können die Arbeitgeber durch die 
rtspolizeibehörde angehalten werden, sofern 
nach Beschaffenheit der A. die Maßnahme über- 
haupt durchführbar ist. Außerdem kann durch 
polizeiliche Verfügung angeordnet werden, daß 
den Arbeitern zur Einnahme von Mahlzeiten 
außerhalb der Arbeitsräume angemessene, in 
der kalten Jahresbeit geheizte Räume unent- 
geltlich zur Verfügung gestellt werden. 
Für den Erlaß solcher polizeilicher Ver- 
fügungen sind den Behörden für zahllreiche 
Arten von Betrieben Gesichtspunkte mitgeteilt 
(AusfAnw. z. GewO. Ar. 202). Gegen die Ver- 
fügung der Polizeibehörde, für deren Durch- 
führung, soweit es sich nicht um die Beseitigung 
einer dringenden, Leben oder Gesundheit be- 
drohenden Gefahr handelt, eine angemessene 
Frist gesetzt werden muß, ist binnen zwei 
Wochen die Beschwerde an den Regierungs- 
präsidenden (im LPB. Berlin an den Ober- 
präsidenten) zulässig, dessen Entscheidung 
binnen einer Woche beim PM. angefochten 
werden kann. Zur Einlegung der Beschwerden 
ist auch der Vorstand der Berufsgenossenschaft, 
dem die Abschrift der Verfügung mitzuteilen 
ist (SU VG. 5 117 Abs. 2, LU VW. § 125 Abs. 2, 
Bl. 8 40), befugt, wenn die Verfügung 
mit den Unfallverhütungsvorschriften im Wider- 
spruche steht (Gew O. § 120 4). Das Verwal- 
tungsstreitverfahren ist gegen die hier in Bede 
stehenden polizeilichen Verfügungen ausge- 
schlossen (OG. 36, 384; 39, 297). 
3. Allgemeine Vorschriften des 
Bundesrats ufw. (Gew. 8§ 1206e). Durch 
Beschluß des Bundesrats können Vorschriften 
darüber erlassen werden, welchen Anforde- 
rungen hinsichtlich der vorstehend aufgeführten 
Verpflichtungen in bestimmten Arten von A. 
zu genügen ist. Solche Vorschriften sind er-
	        
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