Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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des Statutes über die Verwendung des Ver- 
mögens haben -eine verbindliche Kraft (RGZ. 
52, 211). Eine Ausscheidung findet bei J. 
nur statt, wenn infolge der Errichtung einer 
Zwangsinnung ein Teil der Handwerker aus 
der freien Innung ausscheidet, oder wenn ein 
Teil des Bezirkes einer Zwangsinnung zum 
Zwecke der Zuteilung an eine andere Zwangs- 
innung ausgeschieden wird (GewO. 8§ 100 m, 
100 u Abs. 2). S. Zwangsinnungen III, X. 
VI. Aufsicht. Für die Beaufsichtigung der 
J. sind nicht die Vorschriften des R V., son- 
dern die Vorschriften der GewO. 8 96 über 
die Beaufsichtigung der Innungen maßgebend. 
Uber die Gültigkeit der Wahlen entscheidet 
die Aufsichtsbehörde nach GewO. § 94. Ver- 
weigern die Organe der J. die Erfüllung 
ihrer gesetzlichen oder statutarischen Obliegen- 
heiten oder kommt der Vorstand oder die 
Generalversammlung nicht zustande, so kann 
die Aufsichtsbehörde die Befugnisse und Ob- 
liegenheiten der Kassenorgane selbst oder durch 
von ihr zu bestellende Vertreter auf Kosten 
der Kasse wahrnehmen. Abweichend von den 
übrigen Krankenkassen (s. Ortskranken- 
RKassen VI, 3) Rann diese Anordnung nur 
durch Beschwerde im Aufsichtswege angefochten 
werden. S. auch Krankenversicherung. 
Innungsschiedsgerichte. Die Innungen (s. d.) 
können durch Nebenstatut (s. Nebenstatuten) 
J. errichten, die zur Entscheidung von Streitig- 
keiten zwischen den Innungsmitgliedern und 
ihren Gesellen (Gehilfen) und Arbeitern in 
demselben Umfange wie die Gewerbegerichte 
(s. d.) zuständig sind. Die J. müssen min- 
destens aus einem von der Aufsichtsbehörde 
zu ernennenden Vorsitzenden und zwei Bei- 
sitzern bestehen; diese, sowie ihre Stellvertreter, 
müssen zur Hälfte aus Innungemitgliedern 
durch die Innungsversammlung, zur andern. 
Hälfte aus der Mitte der Gesellen oder Ar- 
beiter von den Gesellen und Arbeitern ge- 
wählt werden. Für das aktive und passive 
Wahlrecht und die Ablehnung der Wahl sind 
die entsprechenden Bestimmungen des Gew- 
G. 8§ 11, 14 Abs. 1, § 16 Abs. 1, § 20 maß- 
gebend (GewO. 88§ 91, 94 a Abs. 2). Kommen 
Wahlen nicht zustande, so ernennt die Auf- 
sichtsbehörde die Beisitzer. Wird binnen acht 
Tagen nach Eingang der Klage der erste Ter- 
min nicht anberaumt, so kann der Kläger 
verlangen, daß über seine Klage das Ge- 
werbegericht, und wenn ein solches nicht be- 
steht, das ordentliche Gericht entscheide. Das 
Verfahren vor den J. wird durch das Aeven— 
statut geregelt. Einige Grundsätze enthalten 
die §5 91a, 91b Eew#. Danach sind die Ent- 
cheidungen schriftlich abzufassen; sie gehen in 
echtskraft über, wenn nicht binnen einer 
Votfrist von einem Monat eine Partei Klage 
beim ordentlichen Gericht erhebt. Die Voll- 
strechung der Entscheidungen, die bei einem 
Streitgegenstande von weniger als 100 M. 
von Amts wegen für vorläufig vollstrechbar 
erklärt werden khönnen, erfolgt nach Maß- 
gabe der Vorschriften über das Verwaltungs- 
wangsverfahren (s. d.). Ein Musterstatut für 
9 ist in Carl Heymanns Verlag erschienen. 
treitigkeiten der vorbezeichneten Art zwischen 
  
Innungsschiedsgerichte — Innungsstatut. 
Innungsmitgliedern und ihren Lehrlingen ent- 
scheidet die Innung (s. Freie Innungen II, 
VI. 4). Besteht bei der Innung ein Einigungsamt 
entsprechend den bei den Gewerbegerichten ge- 
bildeten Einigungsämtern, so sind die Ge- 
werbegerichte als Einigungsämter bei Streitig- 
keiten zwischen Innungsmitgliedern und ihren 
Arbeitern nicht zuständig, es sei denn, daß 
das Gewerbegericht von beiden Teilen an- 
gerufen wird. 
Ianungeschuen s. Fachschulen. 
nnungsstatut (Gew O. 8§ 83). Die Auf- 
gaben der Innung (l. d., Freie Innungen, 
Zwangsinnungen), die Einrichtung ihrer 
Verwaltung und die Rechtsverhältnisse ihrer 
Mitglieder sind, soweit das Gesetz nicht dar- 
über bestimmt, durch das Statut zu regeln. 
Dasselbe muß über die im § 83 Abs. 2 auf- 
geführten Gegenstände Bestimmung treffen 
und darf weder Bestimmungen, die mit den 
Aufgaben der Innung in keinem Zusammen- 
hang stehen oder den gesetzlichen Vorschriften 
zuwiderlaufen, noch Bestimmungen enthalten, 
die in die Aebenstatuten (s. d.) gehören Es 
bedarf der Genehmigung des BezA. (im Stadt- 
kreise Berlin des Polizeipräsidenten), in dessen 
Bezirke die Innung ihren Sitz hat. Die Ge- 
nehmigung ist zu versagen, wenn das Statut 
den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht, 
oder wenn die zur Ausdehnung des Bezirkes 
erforderliche Genehmigung nicht erteilt ist. 
Außerdem darf die Genehmigung zu dem 
Statut einer freien Innung (s. d.) nur versagt 
werden, wenn in dem beabsichtigten Bezirke für 
die gleichen Gewerbe eine freie Innung vorhan- 
den ist; besteht eine Zwangsinnung, so darf 
die Genehmigung nicht erteilt werden. Aicht 
notwendig ist es, daß der Bezirk und die Ge- 
werbe der neuen Innung und der bestehenden 
Innung sich vollständig decken. Es genügt, 
wenn schon für ein Gewerbe der neuen In- 
nung bereits eine Innung besteht (O. 
18, 327). Die Genehmigung darf nicht ver- 
sagt werden, wenn schon zwei Innungen im 
gleichen Innungsbezirke bestehen und es sich 
um die Umgestaltung der einen Innung han- 
delt (OB. 15, 387), dagegen darf die Ver- 
sagung erfolgen, wenn zu besorgen ist, daß 
eine Kräftige Entwichlung des Innungslebens 
estört wird (OVG. vom 3. Okt. 1887 — Pr- 
B. 9, 193 — und vom 24. Sept. 1898 — 
Pr VBl. 20, 172). Bei freien Innungen be- 
steht eine weitere Ermächti ung zur Versagung 
der Genehmigung nicht (O#. 13, 356), da- 
gegen wird dem Statut einer Zwangsinnung 
noch die Genehmigung zu versagen sein, wenn 
eine Anordnung des Regierungspräsidenten 
(im Stadtkreise Berlin des Oberpräsidenten) 
über die Errichtung einer Zwangsinnung über- 
haupt nicht oder für andere Handwerke oder 
für einen andern Bezirk als im Statut an- 
gegeben, erlassen ist. Das gleiche gilt, wenn 
die Errichtung eines gemeinschaftlichen Ge- 
schäftsbetriebes im Statut vorgesehen ist (§ 100 M 
Abs. 2). Im übrigen kann dem Statute der 
Zwangsinnung die Genehmigung auch nach 
freiem Ermessen versagt werden (AusfAnw. z. 
GewO. vom 1. Mai 1904 — HMl. 123 — 
Ziff. 102). — Gegen den versagenden Beschluß des
	        
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