Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Invalidenversicherung. 
den Beweisstücke, insbesondere der letzten 
Quittungskarte, der für den Wohnort oder 
den Beschäftigungsort des Versicherten, und, 
wenn er einen solchen im Inlande nicht mehr 
hat, bei der für den letzten Wohnort zustän- 
digen unteren Verwaltungsbehörde, Renten- 
stelle (s. Bersicherungsanstalten IV, 3), 
Gemeindevorstand oder ländlichen Ortspolizei- 
behörde rechtswirksam anzubringen. ie 
untere Verwaltungsbehörde oder Rentenstelle 
hat die zur Klarstellung der Verhältnisse er- 
forderlichen Erhebungen anzustellen und mit 
ihrer gutachtlichen Außerung — die Unter- 
lassung dieser Außerung ist ein wesentlicher 
Mangel (A. 17, 196) — dem Vorstande der 
für ihren Bezirk zuständigen Versicherungs- 
anstalt zu übersenden (Inv VG. § 112 Abs. 1, 2). 
S. Untere Verwaltungsbehörden. Glaubt 
der Vorstand dem für die Gewährung einer 
Rente abgegebenen Gutachten nicht entsprechen 
zu können, so ist die Sache, soweit es sich um 
die Frage der Versicherungspflicht (s. d.) oder 
des Versicherungsrechts (s. Selbstversiche- 
rung) oder um das Maß der Erwerbsfähig- 
keit des Rentenbewerbers (s. Erwerbsun- 
fähigkeit) handelt, an die untere Verwal- 
tungsbehörde oder die Rentenstelle zur An- 
beraumung einer mündlichen Verhandlung 
unter Zuziehung der Beisitzer zu übersenden 
(Inv VW. 8§ 112 Abs. 3). ie von der Ver- 
sicherungsanstalt unterlassene Rüchgabe ist ein 
wesentlicher Mangel des Verfahrens, aber kein 
Revisionsgrund zu ihren Gunsten (A. 17 
S. 196, 435). Das Schiedsgericht kann die 
Sache an die Versicherungsanstalt zurückver- 
weisen (A#M. 20, 417). Wird der angemeldete 
Anspruch anerkannt, so ist die Höhe und der 
Beginn der Rente sofort festzustellen. Dem 
Empfangsberechtigten ist sodann ein schrift- 
licher Bescheid zu erteilen, aus welchem die 
Art der Berechnung zu ersehen ist. Wird der 
angemeldete Anspruch nicht anerkannt, so ist 
derselbe durch schriftlichen, mit Gründen zu 
versehenden Bescheid abzulehnen (Inv V. 
§ 112 Abs. 4, 5). Der Bescheid muß die Be- 
zeichnung der Berufungsfrist und des zustän- 
digen Schiedsgerichtes enthalten (Inv B . § 114 
Abs. 4). Das Fehlen dieser Bezeichnung ist 
ein wesentlicher Mangel (An. 20, 415). Die 
Versicherungsanstalt kann den Bescheid nicht 
ohne weiteres zurüchnehmen (ANJu A.2, 133; 
3, 111; Am. 12, 394; 14, 395). Erläßt der 
Vorstand trotz eines rechtskräftigen Bescheids 
einen neuen Bescheid, so tritt dieser ganz an 
die Stelle des ersteren (AM. 21, 277). Gegen 
den Bescheid steht dem Rentenbewerber binnen 
einem Monat die Berufung an das Schieds- 
gericht für Arbeiterversicherung (s. d.) zu, in 
dessen Bezirke die untere Verwaltungsbehörde 
oder Rentenstelle belegen ist. Die Berufung 
hat heine aufschiebende Wirkung. Es genügt 
sede Eingabe, worin die Unzufriedenheit mit 
dem Bescheide zum Ausdrucke gebracht wird 
(ANJ# u#. 2, 84; 4, 161). Die Berufung ist 
unzulässig, wenn der Bescheid nach Antrag er- 
lassen worden ist, und lediglich eine Erweite- 
rung des Antrags bezweckt wird (A#. 19, 291); 
sie ist zulässig, wenn die Rente anerkannt, 
aber das Ruhen der Rente ausgesprochen wird 
  
  
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(A. 2, 116; 4, 162). Das Eintreffen der Be- 
rufungsschrift bei einer lediglich mit ihrer Be- 
sörderung befaßten Postanstalt wahrt die Frist 
nicht. Eine Störung im Postbetriebe gilt als 
ein unabwendbarer, die Wiedereinsetzung in 
den vorigen Stand rechtfertigender Zufall nur 
dann, wenn nicht nur die letzte planmäßige 
Beförderungsgelegenheit versagt hat (A#. 18, 
511). Die Frist gilt als gewahrt, wenn der 
die Berufungeschrift enthaltende einfache fran- 
kierte Brief bei einer Behörde bestellt, von 
dieser aber wegen Portobelastung nicht ange- 
nommen wurde (AM.18, 598; s. auch AN. 21, 270). 
Erachtet das Schiedsgericht den Anspruch auf 
Rente für begründet, so muß stets die Höhe und 
der Beginn der Nente festgestellt werden (Inv- 
B. § 115; vgl. auch A#N.15 S.451, 454). Gegen 
die Entscheidung des Schiedsgerichts steht 
beiden Teilen innerhalb eines Wonate nach 
der Zustellung das Rechtsmittel der Revision 
zu. Gegen die Begründung des Urteils kann 
nicht Revision eingelegt werden (A#. 19, 392), 
ebensowenig gegen die Entscheidung über die 
Kosten (A. 19, 552), sofern nicht die Gegent 
partei in der Hauptsache Revision eingeleg- 
hat (AA. 19, 553). Die Abänderung des 
Urteils über den Kostenpunkt ist aber zulässig, 
wenn im übrigen den Rekursanträgen nicht 
entsprochen wird (AM. 21, 213). Zugunsten 
des Rentenbewerbers darf der Vorstand nicht 
Revision einlegen (ANJu M. 1, 159; 3, 112). 
Die Revision des Vorstands hat aufschiebende 
Wirkung insoweit, als es sich um Beträge 
handelt, die für die Zeit vor dem Erlasse der 
angefochtenen Entscheidung nachträglich gezahlt 
werden sollen. Im übrigen hat die BRevision 
keine aufschiebende Wirkung. Die Bevision 
kann nur darauf gestützt werden, daß die 
angefochtene Entscheidung auf der Aichtan- 
wendung oder auf der unrichtigen Anwendung 
des bestehenden Rechtes oder auf einem Ver- 
stoße wider den klaren Inhalt der Akten be- 
ruhe oder daß das Verfahren an wesentlichen 
Aängeln leide (Inv VWe. § 116), z. B. daß das 
Schiedsgericht nicht ordnungsmäßig besetzt ge- 
wesen sei (ARNJu##V. 4, 310). Bei Einlegung 
der Revision ist der Revisionsgrund anzu- 
geben. Fehlt die Angabe solcher Gründe oder 
ergibt sich aus der Prüfung der Anträge, daß 
ein Revisionsgrund nicht vorliegt, oder ist die 
Revision verspätet eingelegt, so kann das 
ARMA. das BRechtsmittel oone mündliche Ver- 
handlung zurüchweisen. Anderenfalls hat das 
BRVA. nach mündlicher Verhandlung zu ent- 
scheiden. Die Wiederaufnahme des Verfahrens 
ist nur gemäß der 3P. 85 578—591 zulässig 
GSuns 8#§ 119 *¾Wlr A#l. 12, 254; 18, 511; 
21, 276; AANJu V. 4 S. 149, 150). Die 
Wiederholung eines Antrages auf Bewilligung 
einer Invalidenrente, welcher wegen des 
Fehlens dauernder Erwerbsunfähigkeit end- 
gültig abgelehnt worden war, ist vor Ablauf 
eines Jahrs seit der Zustellung der endgültigen 
Entscheidung (ogl. AN. 21, 285) nur dann zu- 
lässig, wenn glaubhaft bescheinigt wird, daß 
inzwischen Umstände eingetreten sind, aus 
denen sich das Vorhandensein der dauernden 
Erwerbsunfähigkeit des Antragstellers ergibt. 
Sofern eine solche Bescheinigung nicht beige- 
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