Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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z. GewO. vom 1. Mai 1904 (5MBl. 123) 
Ziff. 223—225. 
IV. Ausnahmen für einzelne Betriebe 
(Gew O. 8 139). Hinsichtlich der Gewährung 
von Ausnahmen für die Beschäftigung aus 
Anlaß von Betriebsstörungen durch Natur- 
ereignisse oder Unglüchsfälle oder im Hinblich 
auf die Natur des Betriebes oder aus Rückh- 
sichten auf die Arbeiter gelten dieselben Be- 
stimmungen wie für Arbeiterinnen (s. d. IV, 2, 3), 
nur dürfen in den beiden zuletzt genannten 
Fällen die j. A. nicht länger als sechs Stun- 
den beschäftigt werden, wenn zwischen den 
Arbeitsstunden nicht Pausen von zusammen 
mindestens einstündiger Dauer gewährt werden. 
Die Erlaubnis wird, soweit es sich um Ver- 
legung der Pausen handelt, vom Regierungs- 
präsidenten, im LPB. Berlin vom Polizeipräsi= 
denten, im übrigen vom M. erteilt. S. Ausf- 
Anw. z. GewO. Ziff. 226—247, in der Fassung 
des Erl. vom 18. März 1906 (HMMIl. 136). 
V. Ausnahmen für gewisse Fabrika-= 
tionszweige (Gewd. 2 139a). Für das 
ganze Reichsgebiet oder für bestimmte Be- 
zirte kann der BR. mit zeitlicher Begren- 
zung folgende allgemeine Ausnahmen hin- 
sichtlich der Beschäftigung der j. A. zulassen: 
Zunächst Kkann die Verwendung von f. A. für 
gewisse Fabrikationszweige, welche mit be- 
sonderen Gefahren für Gesundheit oder Sitt- 
lichteit verbunden sind, gänzlich untersagt 
oder von besonderen Bedingungen abhängig 
gemacht werden. Ferner können für Fabriken, 
welche mit ununterbrochenem Feuer betrieben 
werden, oder welche sonst durch die Art des 
Betriebs auf eine regelmäßige Tag= und 
Aachtarbeit angewiesen sind, sowie für solche 
Fabriken, deren Betrieb eine Einteilung in 
regelmäßige Arbeitsschichten von gleicher Dauer 
nicht gestattet oder seiner Aatur nach auf be- 
stimmte Jahreszeiten beschränkt ist, Ausnah- 
men von der gesetzlichen Arbeitsdauer und 
den Arbeitsstunden (s. unter II) zugelassen 
werden. Die wöchentliche Arbeitszeit für 
Kinder darf 36, für junge Leute 60, für junge 
Leute in Ziegeleien 70 Stunden nicht über- 
schreiten. Die Nachtarbeit darf in 24 Stunden 
die Dauer von 10 Stunden nicht überschreiten 
und muß in jeder Schicht durch eine oder mehrere 
Pausen in der Gesamtdauer von mindestens 
einer Stunde unterbrochen sein. Die Tag- 
schichten und Nachtschichten müssen wöchentlich 
wechseln. Endlich kann für gewisse Fabri- 
kationszweige, soweit die Natur des Betriebes 
oder die Rüchsicht auf die Arbeiter es erwünscht 
erscheinen lassen, die Abkürzung oder der Weg- 
fall der für j. A. vorgeschriebenen Pausen ge- 
stattet werden. Hierbei dürfen die j. A. nicht 
länger als sechs Stunden beschäftigt werden, 
wenn zwischen den Arbeitsstunden nicht eine 
oder mehrere Pausen von zusammen mindestens 
einstündiger Dauer gewährt werden. Auf 
Grund dieser Bestimmungen sind für Zichorien- 
fabriken (s. Zichorie), Glashütten (s. d.), Roh- 
zuckerfabriken (s. d.), Walz= und Hammer- 
werke (s. Hammerwerte), Hechelräume 
(I. d.), Steinkohlenbergwerke (s. Bergwerke), 
Ziegeleien (s. d.) vom BR. Vorschriften erlassen. 
Auch in den Beschlüssen des BR. über die 
  
Jugendliche Arbeiter. 
Einrichtung und den Betrieb von Anlagen 
zur Anfertigung von Zigarren (s. d.), Alkali- 
chromaten (l. d.), zur Vulkanisierung von 
Gummiwaren ((. d. sowie zur Herstellung 
elektrischer Akkumulatoren (s. d.) aus Blei 
oder Bleiverbindungen von Anlagen, in 
denen Thomasschlache gemahlen oder Thomas- 
schlachenmehl gelagert wird (s. Thomas- 
schlache), von Zinkhütten (s. d.), von Anlagen 
zur Herstellung von Bleifarben und anderen 
Bleiprodukten (s. Bleifarben= und Blei- 
zucker= usw. Fabriken), von Boßhaar- 
spinnereien (s. d.), von Bleihütten (s. d.) sind 
über die Beschäftigung j. A. Vorschriften ent- 
halten. Das gleiche gilt von dem Beschlusse, 
betr. die Beschäftigung von Gehilfen und 
Lehrlingen in Gast= und Schankwirtschaften 
(s. d.). Bestimmungen über die Beschäftigung 
j. A. enthält auch das Reichsgesetz, betr. die 
Anfertigung von Zündhölzern, vom 13. Mai 
1884 (s. Zündhölzer). 
VI. Strafbestimmungen. Die Unter- 
lassung des Aushanges und der schriftlichen 
Anzeige wird nach GewO. § 149 Abs. Ziff. 7 
bestraft. Im übrigen werden Verstöße gegen 
die gesetzlichen und die vom BR. erlassenen 
Vorschriften über die Beschäftigung j. A. ins- 
besondere auch der Uberschreitung der gestat- 
teten Ausnahmen nach GewO. 8§ 146 Abf. 1 
Ziff. 2 bestraft. Für die strafrechtliche Ver- 
antwortlichkeit des Arbeitgebers sind folgende 
Entscheidungen des Rö#. von Bedeutung: 
Unter „Beschäftigung in Fabriken“ ist jede 
dem Zwecke des Fabribbetriebs dienende 
Tätigkheit zu verstehen, insbesondere die Her- 
beischaffung von Arbeitsmaterial, das Heran- 
holen von Aahrungsmitteln, welche von den 
Arbeitern in der Fabrik verzehrt werden, und 
auch das in den merkantilen Betrieb der 
Fabrik fallende Austragen von Rechnungen 
usw. (Ro St. 10, 433; 16, 305). Die Herbei- 
schaffung des Materials ist indes nicht gleich- 
wertig mit der Herstellung desselben. Diese 
kann ohne eine weitere organische Verbindung 
mit der Fabrik in den Kreis der für die Her- 
stellung des Fabrikats selbst erforderlichen 
Arbeiten nicht hineingezogen werden. Das 
Pflücken der Erbsen für eine Konservenfabrik, 
das ohne weitere organische Verbindung mit 
dem auf Herstellung von Konserven gerichteten 
Fabrikbetriebe steht, ist Reine Beschäftigung 
in der Fabrik (Rt. 22, 313). Arbeiter im 
Freien, die am Formtisch vorläufig fertig 
gestellte Tonmasse zum Trochnen auf die sog. 
Bahn schaffen, also nicht in gesundheitsgefähr- 
licher Aähe der Ringöfen einer Ziegelei be- 
schäftigt werden, gelten als in der Ziegelei 
beschäftigt (Re#St. 9, 264). Der Fabribkbetrieb 
beschränkt sich nicht auf die eigentliche Her- 
stellung des Arbeitsprodukts, sondern umfaßt 
auch andere Arbeiten, sofern sie dem Zwecke 
des Fabrikbetriebes dienen. Arbeiterinnen, 
die in der Expedition einer Zeitung damit 
beschäftigt werden, die fertigen Zeitungsexem- 
plare zum Zwecke der Versendung unter 
Kreuzband zu legen, sind Fabrikarbeiterinnen 
(RoSt. 33, 348; s. auch O. 41, 336). Der 
Fabrikherr, welcher j. A. unzulässigerweise 
beschäftigt, Kkann sich nicht darauf berufen,
	        
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