Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

878 Juristische 
dern auf Zwang beruht. Das BGB. befaßt 
sich grundsätzlich bloß mit den Rechtsverhält— 
nissen der j. P. des Privatrechts. Eine Aus- 
nahme macht es nur bei der Haftung (s. V; 
abgesehen hiervon gelten also für die j. P. 
des öffentlichen Rechts die bisherigen Vor— 
schriften fort, welche im einzelnen sehr verschie— 
den sind. Die j. P. des Privatrechts regelt 
das BGB. auch nicht sämtlich, so nament— 
lich nicht die handelsrechtlichen (s. Handels- 
gesellschaften). J. P. des preuß. öffent- 
lichen Rechtes sind besonders der Staat, in 
seinen privatrechtlichen Beziehungen regel- 
mäßig als Fiskus bezeichnet und nicht zu den 
Körperschaften des öffentlichen Rechtes ge- 
rechnet (BGB. 8 89; AG. z. BGB. vom 
20. Sept. 1899 — GS. 177 — Art. 5 §2; s. Fis- 
kus), die Provinzen, Kreise und Gemein- 
den —nicht dagegen die selbständigen Guts- 
bezirke, die Regierungsbezirke und die Amts- 
bezirte —, die behufs gemeinsamer Wahr- 
nehmung RKkommunaler Angelegenheiten gebil- 
deten Verbände, denen die Bechte öffentlicher 
Körperschaften beigelegt worden sind (L. 
vom 3. Juli 1891 § 129 Abs. 2), die kom- 
munalständischen Verbände, eine Reihe von 
Verbänden, welche der Landeskultur dienen, 
wie die Deichverbände, die öffentlichen Wasser- 
genossenschaften, die Waldgenossenschaften usw., 
dem Bereiche des Handels und Gewerbes 
oder des Bildungswesens angehören, wie die 
Handelskammern, die Universitäten, die unter 
ALR. II, 12 8§§ 54 ff. fallenden Gymnasien 
und höheren Schulen und die Schulfozietäten, 
oder im Gebiete des religiösen Kultus liegen, 
wie die Kirchengemeinden, die röm.-Rkath. Bis- 
tümer, Domkapitel, Klöster, Stifter und Orden 
sowie manche Körperschaften der bloß gedul- 
deten Religionsgesellschaften, wie die Gemein- 
den der Herrenhuter und böhm. Brüder, der 
Altlutheraner, Baptisten und Mennoniten; 
auch die Synagogengemeinden haben juri- 
stische Persönlichtleit. Staatsvermögen erhält 
nicht ohne weiteres dadurch, daß es durch 
Kabinettsorder für bestimmte Zwecke dauernd 
festgelegt wird, juristische Persönlichkeit (OV.G. 
46, 20). Offentlichrechtliche j. P. nach Reichs- 
recht sind die Reichsbank (Bankgesetz vom 
14. März 1895 RGEBl. 177 § 12), 
die Nnnungen, Handwerkskammern, Orts- 
usw. Krankenkassen, Berufsgenossenschaften — 
nicht auch deren Sektionen — Versicherungs- 
anstalten usw. Die privatrechtlichen j. P. 
sind entweder Stiftungen oder Vereine. Zu 
den letzteren gehören z. B. die Aktiengesell- 
schaften, die Kommanditgesellschaften auf Ak- 
tien — nicht die offenen Handelsgesellschaften 
und die Kommanditgesellschaften —, die Er- 
werbs= und Wirtschaftsgenossenschaften und 
die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 
sowie alle Vereine, deren Zweck nicht auf 
einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ge- 
richtet ist und die in das Vereinsregister des 
zuständigen Amtsgerichts eingetragen sind, 
oder deren Zweck auf einen wirtschaftlichen 
Geschäftsbetrieb gerichtet ist, die aber durch 
staatliche Verleihung Rechtsfähigkeit erlangt 
baben (l. Verleihung der Rechtsfähig- 
keit). 
  
Personen. 
III. Aufsicht usw. Die j. P., welche in 
Preußen ihren Sitz haben, unterliegen der 
staatlichen Aufsicht. Aufsichtsbehörden sind, 
soweit nicht besondere Vorschriften ein anderes 
bestimmen, was vielfach der Fall ist, die 
Regierungen oder der Regierungspräsident, 
an Stelle des letzteren im Stadtkreise Berlin 
teils der Oberpräsident, teils der Polizei- 
präsident (LVG. § 42; V. vom 26. Jan. 
1881 — G. 14), in höherer Instanz teils der 
Md J., teils der Mdg A. Die eingetragenen 
Vereine unterstehen, soweit nicht das BGB. 
dem als Registerbehörde fungierenden Amts- 
grricht in gewissen, mit der Eintragung des 
ereins zusammenhängenden Beziehungen 
(§§ 72, 73, 78) Aufsichtsbefugnisse zuweist, der 
Aufsicht des Regierungspräsidenten (Vf. vom 
1. April 1902 — UMl. 69). Abgesehen von den 
Bestimmungen über das öffentlichrechtliche 
Aufsichtsrecht, welche noch gelten, weil das 
BB. das öffentliche Recht nicht regelt, und 
von den sonstigen öffentliches Recht enthalten- 
den, aus demselben Grunde unberührt ge- 
bliebenen Bestimmungen gilt der 6. Titel des 
II. Teiles des ALR. nur noch insoweit, als er 
die privatrechtlichen Vereine betrifft, welche 
vor dem 1. Jan. 1900 durch staatliche Ver- 
leihung Rechtsfähigkeit erlangt haben (Ec- 
BE. Art. 163; AG. z. BE. vom 20. Sept. 
1899 — GS. 177 — Art. 89 100 ). 
IV. Erwerbsbeschränkungen. Abge- 
sehen von freigebigen Zuwendungen (s. Zu- 
wendungen an juristische Personen) sind 
die j. P., auch diejenigen des öffentlichen 
Rechtes, noch im entgeltlichen Erwerbe von 
Grundstücken beschränkt. Die Bestimmungen 
hierüber sind auf Grund der Art. 86—88 ES#- 
BGB. im Art. 7 AG. z. BGB. vom 20. Sept. 
1899 enthalten; vgl. hierzu die unter III an- 
gezogene Vf. vom 1. April 1902. Grundstücke 
sind dabei nur die eigentlichen einfachen oder zu 
einem Grundbesitze zusammengesetzten Grund- 
stüche oder Bruchteile von solchen sowie das 
Erbbaurecht (BSB. § 1017 Abs. 1), nicht auch 
die selbständigen Gerechtigkeiten, welche sonst 
im allgemeinen den Grundstücken gleich be- 
handelt werden, und nicht die im Schiffs- 
register eingetragenen Schiffe. Unter dem Er- 
werb ist nur der von Eigentum, nicht von 
sonstigen dinglichen Rechten zu verstehen. Art 
und Grund desselben sind aber gleichgültig, 
so daß die Beschränkungen auch beim Erwerbe 
durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsver- 
fahren gelten. Jedoch gehört wohl ein Er- 
werb, der sich ohne jedes Zutun des Erwerbers 
vollzieht, wie der eines verlassenen Flußbetts, 
nicht hierher. Der Art. 7 bezieht sich auch auf 
kirchliche Korporationen, so daß diese zum Er- 
werbe von Grundstücken im Werte von nur 
5000 M. oder weniger nicht der Genehmi— 
ung der staatlichen Aufsichtsbehörde bedürfen 
. 26 A 257); dagegen bedarf zum Erwerb 
eines Grundstücks im Werte von mehr als 
5000 M. eine Kirchengemeinde der Genehmi- 
gung der staatlichen Aufsichtsbehörden auch 
dann, wenn der Erwerb durch Zuwendung 
von Todes wegen erfolgt und die Zuwendung, 
weil ihr Gegenstandswert 5000 M. nicht über- 
steigt, ohne landesherrliche Genehmigung
	        
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