Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Anlieger — Anmeldung, steuerliche. 
Anlieger. I. Anliegerverpflichtungen 
und -rechte in bezug auf den Wegebau. 
Unter primitiveren Verhältnissen des Wege- 
wesens war ehedem vielfach die Tatsache, daß 
ein Weg ein Grundstück berührte, der einzige 
Bechtsgrund für die Unterhaltungspflicht des 
Eigentümers. Mit einem entwickelteren Ver- 
kehr ist diese Begründung der Wegebaulast 
nicht verträglich. Er verlangt bei höheren 
Anforderungen an den Zustand der Wege 
leistungsfähige Träger der Wegebaulast. Das 
sind abgesehen vom Staate im wesentlichen 
nur die weiteren und engeren Kommunal-= 
verbände. So ist der A. als öffentlichrecht- 
licher Träger der Wegebaulast fast ganz aus 
der Gesetzgebung verschwunden. Vgl. aus der 
neuesten Zeit §§ 14 ff. der Wegeordnung für 
Westpreußen vom 27. Sept. 1905 (GS. 357) in 
Verb. mit § 5 des Wegereglements für West- 
preußen und die Aetzedistrintte vom 4. Mai 
1796. Aur in Pommern und in dem unter 
dem westpreuß. Wegereglement stehenden Teile 
der Prov. Posen ruht de jure die Wege- 
baulast noch auf dem Grundbesitz. Die Ver- 
teilung der kommunalen Wegebaulast der Ge- 
meinden auf die A. als solche wird in den 
neueren Gesetzen verboten, um nicht auf diesem 
Wege die Unzuträglichkeiten der Anlieger- 
unterhaltung mittelbar beizubehalten. So 
§ 19 der Wegeordnung für Sachsen vom 
11. Juli 1891 (GS. 316) und § 17 Abs. 2 der 
Wegeordnung für Westpreußen. 
Im übrigen können die A. mannigfache 
öffentlichrechtliche Verpflichtungen in Be- 
ziehung auf den Wegebau haben. So z. B.: 
1. Die Reinigung. Sie liegt vielfach den 
A. observanzmäßig ob (OV. 23, 378; 29, 438). 
2. Die Anlegung und Unterhaltung 
von Fußwegen zur Seite der Fahrstraßen. § 38 
der Wegeordnung für Sachsen und § 18 der 
Wegeordnung für Westpreußen, welche die 
ortsstatutarische Begründung dieser Verpflich- 
tung der A. auch bei Bürgersteigen zuläßt. 
3. Die Unterhaltung der Seitengräben 
an Land= und Heerstraßen. Sie liegt im Gel- 
tungsbereich des ostpreuß. Provinzialrechts von 
801 nach Zusatz 226 § 5 daselbst dem A. 
ob. Diese Verpflichtung ist durch § 46 der 
egeordnung für Westpreußen für die unter 
ostpreuß. Provinzialrecht stehenden Teile dieser 
rovinz aufrechterhalten. Auch das schlesw.= 
holst. Wegerecht kennt für die ANebenland- 
straßen und Aebenwege eine Reinigungs- 
pflicht der A. unter der Voraussetzung, daß 
die Seitengräben zugleich „zur Befriedigung 
der anliegenden Felder“, d. h. für deren Ent- 
wässerung unentbehrlich sind (88 159, 221 
Abs. 1 der Wegeverordnung für die 5eroa 
tümer Schleswig und Holstein vom 1. Mlärz 
1842 — Samml. der V. 191; O. 38, 245). 
4. Die Verpflichtung zur Anpflanzung 
von Bäumen auf ihren Grundstücken in ge- 
wisser Entfernung von den Wegen. 
Wer A. ist, ist Tatfrage. 
Diesen Verpflichtungen stehen besondere 
Rechte der A. nur in beschränktem Umfange 
gegenüber. Ihr Recht auf den Gemeingebrauch 
der öffentlichen Wege ist kein anderes als das 
es Publikums überhaupt (OVG. 32, 213 
  
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sowie 39, 230) mit dem selbstverständlichen, 
wegepolizeilich zu schützenden Sonderinteresse 
an der Benutzung des Weges nicht nur zum 
Durchgangs-, sondern auch zum Anwohner- 
verkehr (OVE. 36, 232). Auch haben die A. 
kein Recht, nach Belieben Zuwegungen von 
öffentlichen Wegen nach ihren Grundstüchen 
anzulegen. Sie bedürfen vielmehr dazu außer 
der Genehmigung der Wegepolizeibehörde der 
Zustimmung des Wegeeigentümers, und soweit 
eine Erschwerung der Unterhaltungslast die 
Folge ist, auch des Unterhaltungspflichtigen. 
Im übrigen stehen ihnen nur an den Bürger- 
steigen gewisse Autzungsrechte und im Falle 
der Veränderung von Wegen gewisse An- 
sprüche zu. In ersterer Beziehung sind sie im 
Geltungsbereich des ALR. nach I, 8 8§§ 81, 78 
dieses G. berechtigt, den Bürgersteig, soweit 
sie das Steinpflaster zu unterhalten haben, 
mit der Maßgabe zu nutzen, daß dadurch die 
Straßen und öffentlichen Plätze nicht verengt, 
verunreinigt oder sonst verunstaltet werden. 
Der Umfang des Autzungsrechts kann nach 
§ 82 a. a. O. durch Polizeiverordnung geordnet 
werden. Das Mähere vgl. bei Germershausen, 
Wegerecht, 2. Aufl., 1, 94 ff. Bei Verände- 
rungen der Höhenlage öffentlicher Wege können 
die A. verlangen, daß etwa bestehende nach- 
barrechtliche Bestimmungen, insbesondere Be. 
§§ 907, 909 und AL#K. I, 8 5§ 185—186, be- 
achtet werden. Geschieht dies nicht, so haben 
sie Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 823 
B. Uber die Ansprüche des A. für Schäden, 
die er durch die Veränderung erleidet, obschon 
die nachbarrechtlichen Vorschriften beachtet sind, 
haben die Auffassungen in der Missenschaft 
und Judikatur geschwankt. Das Mähere pvgl. 
bei Germershausen 1, 102 ff u. R Z. 44, 282, 
wo das Recht des A. auf Entschädigung bei 
Veränderung öffentlicher städtischer Straßen 
bejaht wird, sowohl für den Fall der völligen 
Aufhebung der Verbindung zwischen Straße 
und Haus, als auch für den Fall ihrer dauernden 
erheblichen Erschwerung. Aicht zu verwechseln 
mit den wegebaulichen Verpflichtungen der A. 
sind die Beschränkungen des Grundeigentums 
im Interesse des Wegebaues. S. Anschuß- 
prinzip, Baumpflanzungen, Bürger- 
steige, Fußwege, Wegebaulast I. Wege- 
teile (entbehrliche). 
II. Anliegerverpflichtungen in bezug auf den 
Uferbau an öffentlichen Flüssen s. Flüsse 
(öffentliche) unter V. 
Anliegerbeiträge bei städtischen Straßen 
s. Straßenherstellungskosten (Anlieger- 
beiträge). 
Anmeldeämter, Anmeldeposten, Anmelde- 
stellen (für die Statistik des Waren- 
verkehrs mit dem Auslande)g) fs. Waren- 
verkehr mit dem Auslande I. 
Anmeldung, steuerliche, ist I. im Ge- 
biete der direkten Steuern vorgeschrieben: 
A. im Einkommen= und Ergänzungs- 
steuerinteresse im Falle der Wohnsitzver- 
änderung während des Steuerjahrs; sie hat 
bei dem Gemeinde (Guts= vorstande des An- 
zugsorts binnen 14 Tagen nach Anzug unter 
Ausweis über die erfolgte Einkommen= und 
Ergänzungssteuerveranlagung zu erfolgen; hat
	        
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