Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Kanalisierung von Flüssen — Kantinen. 
Kanalisierung von Flüssen. Ist die für 
eine wirtschaftliche Ausnutzung notwendige 
Tiefe und Breite des Fahrwassers wegen der 
geringen Wassermenge bei verhältnismäßig 
großem Gefälle auf dem Wege der Regulie- 
rung der Flüsse (s. Regulierung von 
Flüssen) nicht zu erreichen, so bleibt 
nur eine Kanalisierung vemrmittelst 
Einbau von Wehren (feste Wehre, Nadel- 
wehre, Trommelwehre) und von Schleusen 
übrig. An neueren Unternehmungen dieser 
Art sind zu nennen: obere AMetze 1882, untere 
Brahe 1879 und 1905, Main von Frankfurt 
abwärts 1886 und 1897, Fulda von Kassel 
bis Münden 1895, Unterspree 1890 und 1897, 
Emsstrecke Dingen-Papenburg (sog. Dortmund- 
Ems-Kanal), obere Oder von Kosel bis -eißen- 
mündung (G. vom 6. Juni 1888 — G. 238). 
In Wasserstraßengesetz (s. d. U) wird die 
analisierung von Strechen der Aetze und der 
Oder vorgesehen. Wegen der gegenwärtigen 
Ausdehnung der Wasserstraßen und deren 
wirtschaftlichen Bedeutung s. Schiffahrts-= 
Ranäle unter II, 1. 
Kandidaten des höheren Schulamts f. 
Gymnasiallehrer, Vorbildung usw. II; 
K. des Predigtamts s. Geistliche (An- 
stellung ufw.) II. 
Kaninchen (wilde). Die wilden K. gehör- 
ten bis zum Erlaß des Wildschadengesetzes 
vom 11. Juli 1891 (s. Wildschaden) in 
den diesem Gesetz unterworfenen Landes- 
teilen (d. i. dem preuß. Staate ausschließ- 
lich der Prov. Hannover und des ehemaligen 
Kürfürstentums Hessen) größtenteils zu den 
jagdbaren Tieren (s. Jagdbarkeit); aber 
auch dort, wo sie nicht jagdbar waren, also 
dem freien Tierfang unterlagen, befaßte sich 
die Jagdgesetzgebung mit ihnen. § 23 Abs. 2 des 
Jagdpolizeigesetzes vom 7. März 1850 (V. für 
das ehemalige Herzogtum Nassau § 25 Abs. 2; 
Lauenburgisches Jagdpolizeigesetz vom 17. Juli 
1872 § 26 Abs. 2) bestimmt, daß, wenn die K. 
sich bis zu einer der Feld-und Gartenkulturschäd- 
lichen Menge vermehren, der Landrat befugt ist, 
auf Antrag der beschädigten Grundbesitzer den 
Jagdpächter zum Abschuß der K. aufzufordern, 
und wenn dieser die Grundstücke nicht genügend 
schützt, dem Grundbesitzer selbst die Erlaubnis 
zu erteilen, die K. auf jede erlaubte Weise zu 
fangen, namentlich auch mit Anwendung des 
Schießgewehrs zu töten. Das Wildschaden- 
gesetz vom 11. Juli 1891 § 15 unterwarf all- 
emein die wilden K. dem freien Tierfang 
mit Ausschluß des Fangens mit Schlingen) 
und beseitigte somit für seinen Geltungsbereich 
ihre Jagdbarkeit, gleichwohl blieb die vorher 
angezogene Bestimmung des § 23 Abs. 2 
des Jagdpolizeigesetzes bestehen (OVG#. vom 
25. Jan. 1904, OVG. 45, 334). Dieses hat eine 
sehr große prabtische Bedeutung. Wenn auch 
der Grundbesitzer nunmehr befugt ist, die 
K. auf seinem Grundstück zu fangen und sich 
anzueignen, so kann er doch, falls letzteres 
zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk ge- 
hört, nach § 368 Ziff. 10 StGB. (-. Jagd- 
vergehen) bestraft werden, wenn er ohne 
Genehmigung des Jagdberechtigten oder ohne 
sonstige Befugnis auf seinem Grundstückh 
  
  
  
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außerhalb des öffentlichen, zum gemeinen Ge- 
brauch bestimmten Weges, auch ohne zu 
jagen, zur Jagd ausgerüstet betroffen wird. 
Falls der Jagdberechtigte dem Grundeigen- 
tümer nicht die Genehmigung erteilt, das 
Grundstück zur Jagd ausgerüstet (d. h. mit 
dem Gewehr oder mit sonstigen, zum Fang 
jagdbarer Tiere geeigneten Geräten versehen) 
zu betreten, so kann die Befugnis hierzu durch 
den Landrat verliehen werden. Die Unter- 
stellung der K. unter den freien Tierfang hat 
die Folge gehabt, daß nunmehr jeder sich ihrer 
bemächtigten durfte, wodurch in manchen Gegen- 
den eine unerwünschte Uberschwemmung der 
Grundstücke mit Kaninchenjägern, welche den 
in““ ohne Rüchsicht auf die Schonung der 
eldfrüchte ausübten, eintrat. Diesem Un- 
wesen, dem gegenüber das Recht des Eigen- 
tümers, das Betreten leiner Grundstüche zu 
verbieten, oft wirkungslos blieb, ist an vielen 
Orten durch Polizeiverordnungen entgegen- 
getreten worden, welche das Betreten fremder 
Grundstücke zum Zweck des Fangs wilder K. 
von der Zustimmung des Jayqdberechtigten 
und des Grundstüchseigentümers abhängig 
machte; zugleich ergänzten diese Verordnungen 
das Wildschadengesetz insofern, als sie die in 
letzterem übergangene Strafeandrohung für 
das Fangen von K. in Schlingen nachholten. 
In der Prov. Hannover gehörten die K. zu 
den jagdbaren Tieren, es stand jedoch jedem 
Grundeigentümer die Befugnis zu, sie in den 
mit seinen Wobngebänden zusammenhängen- 
den Höfen und Gärten bei Tage vermittelst 
der Schußwaffe unter Beobachtung der polizei- 
lichen Vorschriften zu erlegen (Hann. Jagd- 
ordnung vom 11. Mlärz 1859 § 3 Ziff. 2). Der 
durch K. angerichtete Wildschaden war zu er- 
setzen (Wildschadengesetz vom 21. Juli 1848 
§ 1). Auch im ehemaligen ZRurfürstentum 
Hessen waren die K. jagdbar; der von ihnen 
angerichtete Wildschaden war zu ersetzen (Wild- 
schadengesetz vom 26. Jan. 1854 § 1 und Jagd- 
gesetz vom 7. Sept. 1865 § 34). Das Wild- 
schongesetz vom 14. Juli 1904 hat die Jagd- 
barkeit der wilden K. allgemein, also auch 
für die Prov. Hannover und das ehemalige 
Kurfürstentum Hessen aufgehoben sie unter- 
stehen somit dem freien Tierfang, jedoch ist 
das Aufstellen von Schlingen, in denen sich 
agdbare Tiere oder K. fangen hönnen, ver- 
boten (§ 4). Das Gesetz geht also weiter wie 
das Wildschadengesetz vom 11. Juli 1891, in- 
dem es nicht nur das Fangen in Schlingen, 
sondern schon das Aufstellen von Schlingen 
verbietet und auch für die Ubertretung dieses 
Inne eine Strafe androht (6 15 Abs. 1 
iff. 2). 
Kantinen sind Schanbwirtschaften (s. d.) 
und Handlungen mit Branntwein oder Spiri- 
tus und mit Lebensbedürfnissen in Kasernen, 
Fabriken, Massenquartieren, bei Tiefbauten 
usw. Als Schankbwirtschaften fallen sie unter 
GerwO. § 33 und bedürfen daher der Erlaub- 
nis, da die Zugänglichkeit der Wirtschafts- 
räume für jeden Dritten nicht die Voraus- 
setzung des Begriffs der Schanbwirtschaft ist 
(RE. vom 7./14. Juni 1888, vom 14./21. Febr. 
1889 — Pr VBl. 10 S. 38, 471; OV. 10, 254).
	        
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