Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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vota solemnia (s. Hinschius a. a. O.). Daneben 
stehen die Bruderschaften (sodalitates), Ver- 
einigungen für bestimmte kirchliche Zwecke 
ohne feste Regel und gemeinsames Leben 
(s. Hinschius a. a. O. S. 448). Die Kongrega- 
tionen sind im allgemeinen die jüngeren Ver- 
eine, sie haben aber als die beweglichere der 
Reuzeit entsprechende Form an Zahl und Be- 
deutung die alten Orden überflügelt. Ihre 
Organisation ist vielfach derjenigen der letztern 
ähnlich und beeinflußt durch diesenige der 
Jesuiten (s. Hinschius, Die Orden und Kongre- 
gationen 1874, 50 ff.). Die meisten Orden 
und Kongregationen widmen sich praktischen 
Zwecken (Seelsorge, Krankenpflege, Erziehung, 
Unterricht, Werke der Dächstenliebe) und haben 
damit einen großen Einfluß auf die Bevölke- 
rung. Ihre Leitung liegt teils in den Händen 
auswärtiger geistlicher Oberer, teils sind sie 
der bischöflichen Aufsicht unterworfen. So 
mußte es in den Zeiten des Konflikts zwischen 
Staat und Bischöfen bzw. der römischen RKurie 
wahrscheinlich werden, daß diese Genossen- 
schaften als eine besonders wirksame Waffe 
im Kampfe benutzt werden würden. 
II. Gesetz vom 31. Mai 1875. Aus diesen 
Beweggründen ging, nachdem bereits durch das 
Jesuitengesetz vom 4. Juli 1872 (Rösl. 253) 
der Jesuitenorden von dem Gebiete des Deut- 
schen Reiches ausgeschlossen war (s. Jesuiten) 
das G. vom 31. Mai 1875, betr. die Orden 
und ordensähnlichen Kongregationen der kath. 
Kirche (GS. 217), hervor (s. Drucks. des AbgH. 
1875 Ar. 305, Mot. S. 5 ff.), welches nach 
seiner Entstehung von vornherein als ein 
nur für die Zeiten des Kampfes berechnetes 
gedacht war. Dasselbe schloß alle Orden 
und ordensähnlichen Kongregationen der kath. 
Kirche von der preuß. Monarchie aus, unter- 
sagte die Errichtung neuer AMiederlassungen 
(d. h. jede Vereinigung mehrerer zu gemein- 
samem Leben nach einer bestimmten Regel, 
gleichviel welchen Zwecken sonst die Anstalt 
dient), löste die bestehenden Alederlassungen 
auf und ließ nur solche Aiederlassungen einst- 
weilen fortbestehen, welche sich ausschließlich der 
Krankenpflege widmeten. Das Vermögen der 
aufgelösten Niederlassungen wurde vom Staat 
in Verwahrung und Verwaltung genommen, 
die fortbestehenden Aiederlassungen der Aussicht 
des Staates unterworfen (58 1—4). 
III. Aeuere Entwicklung (Gesetze von 
1880, 1886, 1887). Nach Beendigung des 
Kulturkampfes (s. Kirchenpolitische Ge- 
setze) mußte das Ordensgesetz einer Revision 
unterzogen werden. Zunächst wurde den be- 
stehenden Genossenschaften, welche sich aus- 
schließlich der Krankenpflege widmen, ge- 
stattet, neue Aiederlassungen zu errichten. Der 
Krankenpflege wurde dabei gleichgestellt die 
Pflege und Unterweisung von Blinden, Tauben, 
Stummen und Idioten, sowie von gefallenen 
Frauenspersonen. Ferner wurde den bezüg- 
lichen weiblichen Genossenschaften erlaubt, die 
Pflege und Unterweisung von noch nicht schul- 
pflichtigen Kindern als Aebentätigkeit zu 
übernehmen (G. vom 14. Juli 1880 — G6 
285 — Art. 6). Die Befugnis zu dieser Aeben— 
tätigkeit wurde weiter ausgedehnt auf die 
  
Katzen — Kauffahrteischiffe. 
Ubernahme der Pflege und Leitung in Waisen- 
anstalten, Armen= und Pfründenhäusern, Ret- 
tungsanstalten, Asylen und Schutzanstalten 
für sittlich gefährdete Personen, Arbeiter- 
kolonien, Verpflegungsanstalten, Arbeiter- 
herbergen, Mägdehäuser, sowie auf die Uber- 
nahme der Leitung und Unterweisung in 
Haushaltungsschulen und Handarbeitsschulen 
für Kinder in nicht mehr schulpflichtigem 
Alter (G. vom 21. Mai 1886 — GES. 147 — 
Art. 13). In umfassender Weise sind sodann 
wieder zugelassen diesenigen Orden und 
ordensähnlichen Kongregationen, welche sich: 
a) der Aushilfe in der Seelsorge; b) der Ubung 
der christlichen Aächstenliebe; ch dem Unter- 
richte und der Erziehung in höheren Mlädchen- 
schulen und gleichartiger Erziehungsanstalten 
widmen; qh solche sind, deren Mitglieder ein 
beschauliches Leben führen. Den bestehenden, 
sowie den wieder zuzulassenden Orden und 
Kongregationen ist die Ausbildung von Mis- 
sionaren für den Dienst im Auslande, sowie 
zu diesem Behufe die Errichtung von Nieder- 
lassungen gestattet. Die wieder zugelassenen 
Orden und Kongregationen sind in bezug auf 
N-iederlassungen und auf Staatsaussicht wie 
diesenigen zu behandeln, welche bestehen ge- 
blieben sind. Das Vermögen wird den wieder 
zugelassenen Orden uff. ausgeliefert, sobald 
sie Korporationsrechte erhalten haben und sich 
verpflichten, die Mitglieder der aufgelösten 
#iederlassungen zu unterhalten (G. vom 
29. April 1887 — GS. 127 — Art. V). Eine 
Anzahl von Aiederlassungen haben Korpora- 
tionsrechte erhalten (G. vom 22. Mai 1888 — 
GS. 113). Da der Begriff der „christlichen 
Aächstenliebe“ ein sehr weitgehender ist, so 
sind damit grundsätzlich die meisten Orden und 
Kongregationen wieder zugelassen, die besondere 
Aufzählung in Art. 13 des G. vom 21. Mai 
1886 (s. oben) ist daher überholt. Beschränkt 
zugelassen sind nur diejenigen, welche sich dem 
Unterricht und der Erziehung widmen, näm- 
lich nur für höhere Mädchenschulen und gleich- 
artige Erziehungsanstalten. Darunter sind 
Lehrerinnenseminare nicht zu verstehen (1l.Z Bl. 
1892, 861; s. E. v. Bremen, Preuß. Volks- 
schule 1905, 735). 
Katzen s. Hunde und RKatzen (wildernde). 
Kauffahrteischiffe sind zum Erwerbe durch 
die Seefahrt bestimmte Schiffe (G. vom 
22. Juni 1899 (Flaggengesetz) — REl. 319 — 
§ 1. Es gehören dazu auch Lotsen-, Hochsee- 
fischerei-, Bergungs= und Schleppfahrzeuge, 
mit Ausnahme der staatlichen Lotsen= und 
Schleppfahrzeuge. Die Gewässer, die als 
See anzusehen sind, sind durch RBek. vom 
10. Nov. 1899 (#1 380) § 1 bezeichnet (s. See- 
fahrt). Die K. sind berechtigt, die Reichs- 
flagge zu führen, wenn sie im ausschließlichen 
Eigentume von BReichsangehörigen stehen . 
Handelsflagge] (laggengesetz §§ 2, 3). 
Die zur Führung der Reichsflagge befugten 
K. werden in Schiffsregister (l. d.) ein- 
etragen. Uber die Eintragung wird ein 
chiffszertifikat (s. Schiffsregister) aus- 
gestellt. Erlangt ein im Auslande befind- 
liches Schiff durch Ubergang in das Eigentum 
eines Reichsangehörigen das Recht zur Füh-
	        
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