Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Kirchenbehörden — Kirchengemeinden. 
darf aber für megrert Kinder 400 M. jährlich 
nicht übersteigen (§8 17, 18). 
4. Aufbringung des Ruhegehalts und 
des Witwen= und Waisengeldes. Die 
Verpflichtung zur Zahlung des Ruhegehalts 
und des Gnadengeldes, sowie des Witwen- 
und Waisengeldes liegt dem für den Bereich 
der Landeskirche gebildeten landeskirch- 
lichen Fonds für Organisten, Kantoren und 
RKüster ob (§ 21). Die Verwaltung des Fonds 
erfolgt durch den Ev. Oberkirchenrat (§ 22). 
Die Interessen des Fonds werden von einem, 
von dem Eov. Obertkirchenrat ernannten 
Kassenanwalt vertreten (88 23, 24). Die 
Einnahmen des Fonds bestehen nach § 26 aus 
1. den Beiträgen der ruhegehaltsberechtigten 
Organisten, Kantoren und Küster (§ 27), 2. 
den Zinsen der Uberschußabgaben der Rirchen- 
kassen (§ 28), 3. den Beiträgen der ver- 
pflichteten Kirchengemeinden (8 29 ff.). Der 
Stellenvertrag (zu 1) beläuft sich, wenn das 
Einkommen unter 1600 Ml. beträgt, auf 
1,5% , wenn es höher ist, aber unter 2400 M. 
bleibt, auf 2% und bei noch höherem Ein- 
kommen auf 2,5% des durch 20 teilbaren 
Gesamtbetrages, während die Kirchenkassen 
(zu 2), soweit deren etatsmäßige Solleinnahme 
die etatsmäßige Sollausgabe um mehr als 
ein Drittel der letzteren und wenigstens um 
300 M. jährlich übersteigt, sechs Monate nach 
dem Schlusse jedes Rechnungsjahres 10% 
des jährlichen Uberschusses der Solleinnahme 
an den landeskirchlichen Fonds abzugeben 
haben. Zur Aufbringung der Beiträge der 
irchengemeinden (zu 3) ist unbeschadet des 
Diensteinkommens des Organisten, Kantors 
oder Rüsters ein etwaiges über dasselbe 
hinausgehendes Stelleneinkommen in erster 
Linie heranzuziehen (§ 30). Das Dienstein- 
kommen der Kirchenbeamten selbst darf hierzu 
nur mit Genehmigung des Konsistoriums 
herangezogen werden. Eopentuell haben die 
Kirchenkassen einzutreten, bzw. ist die Gemeinde 
im Wege der Umlage heranzuziehen. Das zu- 
gehörige Staatsgesetz vom 7. Juli 1900 (GS. 
279) trifft Bestimmung über die Vertretung 
des Fonds, den BRechtsweg und das Verwal- 
tungszwangsverfahren. 
Kirchenbehörden sind die nach den kirchen- 
rechtlichen, bzw. staatsrechtlichen Ordnungen zur 
Leitung und Verwaltung, kirchlicher Ange- 
legenheiten unter eigener Verantwortung einge- 
setzten kirchlichen Organe, insbesondere auch die 
Kirchenvorstände. Dieselben haben die Eigen- 
schaft öffentlicher Behörden, die von ihnen aus- 
gestellten Urkunden haben daher öffentlichen 
Glauben und bedürfen Reine anderweite amt- 
liche Beglaubigung (s. auch Ziff. 33 der rev. 
Instr. z. 86 SO. vom 25. Jan. 1882 — KHc# 
BBl. 1). Den Kirchenbehörden kommt infolge- 
dessen auch der Schutz der §§ 114, 196 Bs. 
zu. Uber die Frage, ob der Ev. Oberkirchenrat 
und die Konsistorien als Staats= oder Kirchen- 
behörden anzusehen sind, s. Evangelische 
Landestkirche II. 
Kirchenbücher dienten ehemals auch als 
Zioilstanderegister (A#R. II, 11 § 481). 
iese Funktion derselben ist durch das PSt. 
vom 9. März 1874 §§ 19, 39 ff., 56 und das 
  
  
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Beichsgesetz vom 6. Febr. 18758823, 56 ff. beseitigt. 
Soweit die Bücher für die frühere Zeit noch 
zur Beurkundung des Personenstandes dienen, 
ist den Staatsbehörden die Leitung ver- 
blieben (s. G. vom 3. Juni 1876 — GS. 125 — 
Art. 23 Ziff. 4 und die analogen Staats- 
gesetze für die übrigen Kirchen unter Evan- 
elische Landeskirche lll).. Für die spätere 
Seit, vom 1. Okt. 1874 ab, steht die Auf- 
sicht den Kirchenbehörden zu (AKabd. 
vom 6. Akärz 1875 Allg. Kirchenblatt 
f. d. ev. Deutschland S. 585). Für die Füh- 
rung sind noch heute im allgemeinen die 
alten Vorschriften maßgebend (s. u. a. für die 
evr.-luth. Kirche in Hannover Bek. vom 1. Sept. 
1875 und vom 2. März 1894 — Kirchl. Al. 
17, für den Konsistorialbezirt Frankfurt a. M. 
Bek. vom 24. Juli 1900 — Kirchl. ABl. 34 — 
und 22. Juli 1901 — Kirchl. ABl. 14), doch 
wird ein Duplikat vielfach nicht mehr geführt. 
Möglichst gebührenfrei sind Zeugnisse aus 
denselben zu erteilen, die im innerkirchlichen In- 
teresse wünschenswert sind (über Trauzeugnisse 
s. Kl. f. d. ö. Pr. 1891 S. 5). Stempelfrei 
sind nach dem Stempelsteuertarif Ar. 77b zum 
G. vom 31. Juli 1895 (GS. 413) Zeugnisse der 
Geistlichen in bezug auf kirchliche Handlungen 
(Taufen usw.). Soweit die K. noch als Standes- 
register dienen, bestimmt sich die Gebühren- 
und Stempelfreiheit der Zeugnisse nach den 
für diese geltenden Vorschriften (s. Personen- 
standsregister). 
Kirchendiener sind die weltlichen Kirchen- 
beamten (s. d.). Wegen ihrer Lichtwählbar- 
keit zu Gemeindeverordneten s. Gemeinde- 
wahlen (Landg.) II, sowie zu Stadtverord- 
neten s. Stadtverordnetenwahlen Ulj s. 
auch Krei sausschüsse. 
Kirchenfabrik, fabrica ecclesiae, ist der 
zur Unterhaltung der kRirchlichen Gebäude be- 
stimmte Fonds. Seine Verwaltung richtet 
sich nach dem G., betr. die Vermögensverwal- 
tung in den kath. Kirchengemeinden, vom 
20. Juni 1875 (s. § 3 Ziff. 1 das. und Katho- 
lische Kirchengemeinden) und nach den 
ev. Kirchengemeinde= und Synodalordnungen 
(s. Hemeindekirchenrat und Kirchenge- 
meindevertretung). S. auch wegen der 
Lasten des Fonds RKirchen= und Pfarr- 
gebäude. 
Kirchenfuhren. Besondere Fuhrleistungen 
kommen vor bei VBisitationen, Pfarrvakanzen, 
in der Gnadenzeit, bei Anstellungen, bei Be- 
förderung des Geistlichen zur Filialkirche. Die 
Aufbringung ist provinziell und örtlich be- 
sonders geregelt, s. auch Superintendenten, 
Kirchenvisitation. Die Fuhrkosten für 
die Superintendenten liegen auch bei zu- 
reichendem Kirchenvermögen den Eingepfarrten 
ob (Str A. 89, 134), s. auch für Schleswig- 
Holstein: Chalybüns, Samml. 1902 S. 183, 
178, 181, 288, 433. 
Kirchengebäude s. Kirchen= und Pfarr- 
gebäude. 
Kirchengebet (allgemeines) s. Agende. 
Kirchengemeinde= und Synodalordnung in 
den neun älteren Provinzen f. Evange- 
lische Landeskirche I, II. « 
Kirchengemeinden sind die innerhalb eines
	        
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