Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Kirchhöfe — Kirchliches Etats-, Kassen= und Rechnungswesen. 
berührt (§ 82), hat aber mit der Beseitigung 
des bürgerlichen Zwanges zur Taufe und 
Trauung den ev. Kirchen Anlaß gegeben, die 
Beobachtung dieser und anderer kirchlicher 
Verpflichtungen besonders zu ordnen. Für die 
altländischen Provinzen ist das Kirch G., 
betr. die Berletzung Rirchlicher Pflichten 
in bezug auf Taufe, Konfirmation und Trau- 
ung, vom 30. Juli 1880 (CQKöBBl. 116; Instr. zu 
demselben vom 23. Aug. 1880, a. a. O. 119) er- 
gangen. a) Aus demselben ist folgendes hervor- 
zuheben: Kirchenglieder, welche die Taufe 
eines unter ihrer Gewalt stehenden Kindes 
verweigern oder beharrlich versäumen (d. h. 
ungeachtet seelsorgerischer Einwirkung und 
schriftlicher Aufforderung — §8 1—3), sollen 
der Fähigkeit, ein kRirchliches Amt zu be- 
kleiden, des kirchlichen Wahlrechts, sowie des 
Rechts der Taufpatenschaft verlustig erklärt 
werden (§ 4). Der Verlust der genannten 
Rechte trifft auch solche Kirchenglieder, welche 
in Verachtung der kirchlichen Ordnung ent- 
weder ein evangelisches, unter ihrer Gewalt 
stehendes Kind beharrlich der Vorbereitung 
für die Konfirmation entziehen, bzw. in die 
Konfirmation desselben nicht einwilligen, oder 
verweigern, für ein von ihnen geschlossenes Ehe- 
bündnis die Trauung nachzusuchen (§ 5 Abf. 1). 
Ferner ist ein Kirchenglied, welches sich ver- 
pflichtet, seine sämtlichen Kinder der religiösen 
Erziehung in einer nichtevangelischen Reli- 
gionsgesellschaft zu überlassen, der Fähigkeit, 
ein kirchliches Amt zu bekleiden, sowie des 
kirchlichen Wahlrechts, in schweren Fällen 
auch des Rechts der Taufpatenschaft verlustig 
zu erklären (§ 6). Ein Kirchenglied, welches 
eine Ehe schließt, der die Trauung aus kirch- 
lichen Gründen nach Maßgabe der Vorschrif- 
ten der Trauungsordnung versagt werden 
muß, ist der Rirchlichen Wählbarkeit verlustig 
zu erklären, in schweren Fällen auch des 
Wahlrechts, sowie des Rechts der Taufpaten- 
schaft (§ 7). Kirchenglieder, welche von den 
nach diesen Vorschriften zulässigen Maßregeln 
der K. betroffen worden, sind vom heiligen 
Abendmahl zurückzuweisen, wenn dieselben als 
unfähig angesehen werden müssen, die Gnaden- 
gabe im Segen und ohne Argernis der Gemeinde 
zu empfangen (s. auch Abendmahl). Dies 
ist anzunehmen bei beharrlicher Verabsäumung 
der Taufe (§ 4), in den übrigen Fällen (88 5 
bis 7) insbesondere dann, wenn die Unter- 
lassung der kRirchlichen Pflicht sich durch öffent- 
liche Reden oder Handlungen als Verachtung 
des Wortes Gottes kennzeichnet (§ 12). Un- 
getaufte sind nicht als Kirchenglieder anzu- 
sehen und können deshalb weder zur Konfir- 
mation, noch zur Ausübung der den Kirchen- 
liedern zustehenden Rechte zugelassen werden. 
Doch ist es gestattet, ihnen die Teilnahme an 
der kirchlichen Unterweisung zu gewähren 
(6 13). 
K u welche im keirchlich unmündigen Alter 
ungetauft gestorben sind, die Bestattung auf 
dem khirchlichen Friedhof nicht versagt werden. 
Jedoch können die geistliche Begleitung und 
die kirchlichen Ehren bei der Beerdigung solcher 
Kinder, welche durch Schuld der Eltern un- 
getauft geblieben sind, seitens der Angehöri- 
Evangelischen Eltern soll für solche d 
  
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den nicht beansprucht werden (§ 14). Die 
nterlassung der Trauung seitens der Eltern 
ist hein Grund, den Kindern die Taufe zu 
versagen (§ 15). b) Die zuständigen Organe 
für die Fassung der Beschlüsse über die Ent- 
ziehung Rirchlicher Rechte sind der Gemeinde- 
kirchenrat (KGS###. 8 14), bzw. in Rheinland- 
Westfalen das Presbyterium (Bhein. westf. 
Kirch O. §§ 14, 120); bei eingelegter Berufung 
die Kreissynode oder ihr Vorstand (88 53, 55, 
bzw. § 120 a. a. O.). Das Mussichterrcht der 
vorgesetzten Kirchenbehörden (KGS. 8§ 47 
und Rhein.-westf. KirchO. § 148) gegenüber 
Beschlüssen kirchlicher Organe, welche mit 
bestimmten Vorschriften des G. vom 30. Juli 
1880 in Widerspruch stehen, erfährt durch die 
Bestimmungen desselben heine Veränderung 
(Kirch G. 8 16). 
III. Betreffs der neuen Provinzen s. für 
Schleswig-Holstein Kirchch. vom 31. Mai 
1880, betr. die Verletzung kRirchlicher Pflichten 
in bcu g auf die Taufe (KGVBl. 48), und 
KirchG6. vom 25. Mai 1880, betr. die kirch- 
liche Trauung (KGVBl. 40); für die ev.-luth. 
Kirche in Hannover KirchG. vom 5. April 
1895, betr. die Ordnung der Kindertaufe 
(GS. 147), und Kirchcb. vom 5. April 1895, 
betr. die Ordnung der Konfirmation (ÖS. 
148); für den Konsistorialbeziri Wiesbaden 
Kirch6., betr. die Verletzung kirchlicher 
Pflichten (Taufe, Christenlehre, Trauung), vom 
10. Dez. 1884 (Kirchl. ABl. 87); für den Kon- 
sistorialbezirt Kassel Kirche. vom 11. Juni 
1890 (Kirchl. ABl. 31); für den Konsistorial- 
bezirt Frankfurt a. M. 860O. vom 
27. Sept. 1892 § 12 Ziff. 1 (GS. 428). 
S. auch Trauung. 
Kirchhöfe s. Begräbnisplätze. 
Kirchliche Gemeindeorgane s. Gemeinde- 
kirchenrat und Kirchengemeindever- 
tretung, Katholische Kirchengemeinden. 
Kirchliche Gesetzgebung s. Kirchengesfetze. 
Kirchliche Gesetz= und Verordnungsblätter, 
auch Rirchliche Amtsblätter Henannt. sind die 
zur Bekanntmachung der Kirchengesetze und 
der Verordnungen der kirchlichen Oberbehörden 
bestimmten Blätter; s. Kirchengesetze und 
Publikationsorgane. 
Kirchliche (geistliche) Obere sind die mit 
der Leitungsgewalt Gurisdictio) und Beauf- 
sichtigung der Kirche und ihrer Elieder be- 
trauten Behörden. In der kath. Kirche sind 
dies die Bischöfe, in der evangelischen die 
Konsistorien, sowie der Ev. Oberkirchen- 
rat, bzw. der Minister der geistlichen 
Angelegenheiten (s. Bischöfe und Evan- 
gelische Landeskirche II, U#. 
Kirchliche Bwwlichtungen s. Kirchenzucht. 
Kirchliche Wahlen s. Gemeindeukirchen- 
rat und RKirchengemeindevertretung, 
Katholische Kirchengemeinden, Syno- 
en. 
Kirchliches Etats-, Kassen= und Rechnungs- 
wesen ist in den ev. Landeskirchen geordnet 
durch die neueren Kirchengemeinde= und 
Synodalordnungen, insbesondere ist die Mit- 
wirkung der Gemeindevertretung ge- 
regelt (s. u. a. KHG#S#O. vom 10. Sept. 1873 
§ 31 Ziff. 9 und Vermögensverwaltungsord-
	        
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