930 Kleine Fahrt — Kleinhandel mit
6. Der Staat verlangt ebenso, wie die meisten
Provinzen, das Recht einer Kontrolle über
den Bau und den Betrieb der zu unter—
stützenden K. Bei der Ausübung der ent—
sprechenden Rechte sind nicht sowohl einseitige
fiskalische Vorteile, als vielmehr die wirt—
schaftlichen Interessen der K. ausschlaggebend,
welche durch die staatliche Maßnahme gestützt
und gefördert werden sollen.
Kleine Fahrt ist die Fahrt in der Ostsee,
in der Nordsee bis zu 610 nördlicher Breite
und im Englischen Kanal, soweit diese Fahrt
die Grenzen der Küstenfahrt (s. d.) überschreitet
(R#Bek. vom 16. Juni 1905 — REsl. 247
— S§1c). Der Begriff ist wichtig für die Ab-
grenzung der Befugnisse der Seeschiffer und
Seesteuerleute.
Kleinhandel mit Bier, Branntwein oder
Spiritus ist jeder Betrieb, der anders als in
Mengen (Gebinden oder Flaschen) von min-
destens einem halben Anker (17,175 U statt-
findet. In der Prov. Schleswig-pHolstein
gilt als Höchstgrenze die Alenge von 91, in
der Prov. Hannover nach GewO. vom 1. Aug.
1847 8 39 ein Stübchen (3,894 1), in den
vormals landgräfl. hess. Landesteilen nach
Art. 7 des G. vom 27. Aug. 1852 die Menge
von 20 Moaß (39,668 1) und in den Hohenzoll.
Landen nach § 1 des G. vom 17. Mai 1856
die Menge von einer Maß (1,8370 1) — Ausf-
Anw. z. GewO. vom 1. Al-ai 1904 — HMi.
123 — Ziff. 45. Die hier getroffene Begriffs-
bestimmung ist auch für die Strafgerichte
maßgebend (KG#eJ. 29, 65). Besonderen Be-
schränkungen ist der K. mit Branntwein oder
Spiritus und in geringerem Umfange (s. U)
der K. mit Bier unterworfen. K. mit Wein
bedarf keiner Erlaubnis (Erl. vom 18. Okt.
1873 — AlBl. 303). Das gleiche gilt für die
übrigen geistigen Getränke (s. d.).
I. K. mit Branntwein oder Spiritus.
Branntweine sind Flüssigkeiten, die in der
Hauptsache aus dem mittels Destillation von
gegorenen Stoffen ausgeschiedenen Weingeist
(Alkohol) bestehen, während die sonstigen
geistigen Getränke (Bier, Wein, Obstwein usw.)
zwar ebenfalls Alkohol, aber nur solchen ent-
halten, welcher auf dem natürlichen Wege der
Gärung entstanden ist (OV#. 11, 322; RGJ.
7, 210; 17, 332). Im Gegensatze zu Spiritus
ist Branntwein ein Genußmittel (KGJ. 14,
305; Erl. vom 18. Okt. 1873 — M. Bl. 303).
Der Betrieb bedarf nach GewO. 8§ 33 der Er-
laubnis, jedoch mit Ausnahme des K. mit
denaturiertem Spiritus (A# ek. vom 27. Febr.
1896 — 3ZBl. 67; s. unter I). Diese Erlaub-=
nis, die nach Mlaßgabe der für die Schank-
wirtschaft (s. d.) bestehenden Vorschriften erteilt,
versagt oder entzogen wird, müssen auch alle
Vereine selbst dann nachsuchen, wenn der K.
auf den Kreis der Mitglieder beschränkt ist.
Ausgenommen sind die militärischen Kasinos
und RKantinen, deren Betrieb auf den Kreis
der Mitglieder beschränkt ist (GewO. 88 33
Abs. 5, 6; Erl. vom 27. Dez. 1896 — All.
1897, 12; AusfAnw. z. Gew O. Ziff. 46). Ein
Konsumverein, der einen offenen Laden hält,
betreibt K. mit Branntwein, wenn er infolge
Verabredung von Vereinsmitgliedern eine
Bier, Branntwein oder Spiritus.
gröbere Quantität Branntwein zur sofortigen
erteilung in Flaschen zu einem Liter an die
Teilnehmer der Verabredung zuläßt (KGJ.
19, 253). Die Erlaubnis darf nur bei Nach-
weis eines vorhandenen Bedürfnisses (s. auch
Schankwirtschaft) erteilt werden (Gew.
§ 33 Abs. Za; A#abO. vom 7. Febr. 1835 —
GS. 18 — und vom 21. Juni 1844 — GCS. 214;
Bek. vom 23. Nov. 1879 — AM.. 1880, 17;
Ausf Anw. 4 Gew. Ziff. 45). Sie kann auf
bestimmte Getränke und Formen der Verab-
reichung (in versiegelten Flaschen usw.) be-
schränkt werden, wenn sie beantragt wird
(OV. 3, 260; OV#. vom 11. Nov. 1882 —
Pr VWBl. 4, 78). Die Erlaubnis zum K. mit
Branntwein berechtigt nicht zum Betriebe der
Schankwirtschaft, wohl aber diese zum K. mit
Branntwein (Erl. vom 25. Mai 1885 — Mil. 24.
Der K. mit Spiritus im Aebengewerbe ohne
gleichzeitiges Feilhalten von Branntwein ist
konzessionspflichtig (Erl. vom 28. Mai 1886
— Al. 221). Versteigerungen von Brannt-
wein oder Spiritus in kleinen M###ngen ((.
unter I) bedürfen der Erlaubnis, wenn der
Verkauf auf seiten des Auftraggebers des
Versteigerere gewerbsmäßig erfolgt. Auf
Zwangsversteigerungen bezieht sich dies nicht
(Erl. vom 16. Febr. 1893 — l. 69). Eine
Polizeiverordnung, die jeden kreditweisen
Verkauf von Branntwein verbietet, ist un-
gültig (OVG. 32, 287). Das Aufbewahren
von Spirituosen in Geschäftsräumen, deren
Inhaber die Erlaubnis zum Betriebe des K.
nicht besitzt, Kann durch Polizeiverordnung
verboten werden (KGJ. 8, 148). Zur Unter-
drückung des Branntweinhandels unter den
Aordseefischern auf hoher See ist ein
internationaler Vertrag vom 10. NAov. 1887
u. 14. Febr. 1893 geschlossen, zu dessen Aus-
führung das G. vom 4. März 1894 (REl. 151)
ergangen ist. Uber Anträge auf Erteilung
der Konzession zum Verkaufe von Mundvorrat
und anderer zum Gebrauche dienender Gegen-
stände, abgesehen von spirituosen Getränken,
an Fischer sowie über die Zurüchnahme der Kon-
zession beschließt der Landrat, in Stadtkreisen
die Ortspolizeibehörde (Allerh V. vom 20. Aug.
1894 — Gö. 161). Den Branntweinklein-
händlern ist durch Polizeiverordnung das Ver-
abreichen von geistigen Getränken (s. d.) an
Trunkenbolde und der Ausschank von Brannt-
wein und nicht denaturiertem Spiritus an
Personen unter 16 Jahren verboten (Erl. vom
18. Nov. 1902 — HMBl. 412 — nebst Entwurf
einer Polizeiverordnung). Der K. mit Brannt-
wein unterliegt einer besonderen Betriebssteuer
(s. d. und für die Hohenzoll. Lande Wirt-
schaftsabgaben) nach GewöStc„b. vom
24. Juni 1891 (GS. 205) 8§ 59—69. Uber die
Stempelpflichtigkeit der Erlaubniserteilungen
zum Betriebe des K. mit Branntwein s. Ge-
nehmigungen (Stempelpflicht) c.
Für den Handel mit vollständig
denaturiertem Branntwein r Steuer-
freiheit des Branntweins IIc) bedarf es
nur einer Anmeldung bei der Steuerhebestelle
(s. Hebestellen) und der Ortspolizeibe--
hörde und der Erteilung einer Bescheinigung
durch erstere, die nur versagt werden darf,