Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Ansiedelungen in Westpreußen und Posen. 
haben die Genehmigungsbehörden in allen 
Fällen, wo es nicht von vornherein zweifellos 
ist, daß die Verhältnisse der Gemeinde-, Kirchen- 
und Schulverbände von der A. unberührt blei— 
ben, den Vorständen dieser Verbände von dem 
Antrage auf A. mit dem Eröffnen Kenntnis zu 
geben, daß etwaige Anträge auf Festsetzung 
besonderer Leistungen des Antragstellers für 
diese Zwecke binnen 21 Tagen bei der General-s 
behörde anzubringen sind. Die Generalbehörde 
hat übrigens auch von Amts wegen die Inter- 
essen dieser Verbände wahrzunehmen und ist 
an deren Anträge nicht gebunden. 
Wird die Ansiedelungsgenehmigung versagt 
oder nicht schlechthin erteilt, oder werden Ein- 
sprüche aus §8 15, 15 a, 16 des G. zurüchgewiesen, 
so ist der mit Gründen zu versehende Bescheid 
den Beteiligten zu eröffnen. Dagegen ist binnen 
zwei Wochen Antrag auf mündliche Verhand- 
lung im Verwaltungsstreitverfahren (gegen den 
Bescheid der Ortspolizeibehörde in Stadtkreisen 
Klage beim Bezirksausschuß) zulässig, insoweit 
sedoch der Bescheid Festsetzungen besonderer 
Leistungen des Antragstellers nach §§ 17, 17a 
enthält, nur Beschwerde an den Bezirksausschuß 
und von da an den Provinzialrat. Die Be- 
schwerde steht auch dem Vorsitzenden des Kreis- 
ausschusses zu (§ 18p). 
Wegen Versagung der Bescheinigung des 
Regierungspräsidenten im Falle des §5 13b 
findet nur die Beschwerde an den Oberpräsi- 
enten statt, welcher endgültig entscheidet (§ 13b 
5. Besondere Vorschriften betreffs der 
Generalkommissionen. Bei A., die durch 
Rentengutsbildung unter Vermittlung der 
Generalkommission erfolgen, ist diese die Ge- 
nehmigungsbehörde (Art. III des G.). Die mate- 
riellen Voraussetzungen für die Erteilung der 
Ansiedelungsgenehmigung sind dieselben wie 
oben, das Verfahren hat einige Abweichungen. 
Vür die Festsetzung der Leistungen des Unter- 
nehmers für Gemeinde-, Kirchen= und Schul- 
zwechke ist der Kreisausschuß (in Stadtkreisen 
die Ortspolizeibehörde), nicht die Generalkom- 
mission, als Genehmigungsbehörde zuständig 
E 17), letzterer ist dagegen die Festsetzung der für 
öffentliche Anlagen erforderlichen Leistungen 
übertragen (8§ 17a). Bis zur gesetzlichen Aeu- 
ordnung der Einrichtung und des Verfahrens 
der Auseinandersetzungsbehörden findet nach 
das dort geordnete Verfahren statt: Vor- 
bescheid mit Gründen an die Beteiligten durch 
en Spezialkommissar, dagegen Klage beim 
ezirksausschuß, wobei das öffentliche Inter- 
esse von der Generalkommission als Partei 
wahrzunehmen; gegen den von der General- 
kommission zu erlassenden Bescheid aus § 17a 
nur Beschwerde an den Wi. 
. Die A. in den neuen Provinzen. 
ie in sich wesentlich gleichartigen Gesetze für 
annover, Schleswig-Holstein, Hessen-Aassau 
(ogl. oben) halten an dem Unterschiede von „An- 
liedelung, und „Kolonie“" fest. Genehmigungs- 
behörde ist für Ansiedelungen die Ortspolizei- 
(Gebörde, in Heslen-Malsau jedoch der Landrat 
in Stadttreisen die rtspolizeibehörde); für 
olonien der Kreisausschuß, in Stadttreisen 
ßg.e Ortspolizeibehörde. Aber schon für die 
  
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Einzelansiedelung ist nach der positiven Vor- 
schrift der Gesetze die Genehmigung zu ver- 
sagen, „wenn und solange die Gemeinde-, 
Kirchen= und Schulverhältnisse der A. nicht in 
einer dem öffentlichen Interesse und den ört- 
lichen Verhältnissen entsprechenden Weise ge- 
ordnet sind“, eine Vorschrift, die wesentlich 
schärfer ist als die im § 17 des G. von 1904 
. 0.). 
Eine Berücksichtigung der erforderlich wer- 
denden öffentlichen Anlagen findet nicht 
bei der Einzelansiedelung, sondern nur bei der 
Koloniebildung statt, und zwar derart, daß 
mit dem Antrage auf Genehmigung ein Plan 
vorzulegen ist, in welchem diese Anlagen dar- 
zulegen, die künftige Unterhaltungspflicht fest- 
ustellen und nachzuweisen ist, daß die nötigen 
ittel zur ordnungsmäßigen Ausführung 
und dauernden Unterhaltung vorhanden 
nd. 
IV. Für eine richtige Handhabung der ge- 
setzlichen Bestimmungen ist, wie auch die Ausf- 
Anw. mehrfach hervorhebt, die genaue Würdi- 
gung der Verhältnisse des Einzelfalles durchaus 
erforderlich. Denn die Unterbindung wirt- 
schaftlich nützlicher Ansiedelungsunternehmun- 
en würde ebenso bedenklich sein, wie die 
Hulassung leistungsunfähiger, ungesunder Bil- 
dungen. Für die Stellung der Behörden wird 
vielfach der Gesichtspunkt in Betracht Kommen, 
ob der Unternehmer auch nach Durchführung 
der A. mit dem Wohl und Wehe der Ansiedler 
dauernd verbunden bleibt, wie das z. B. beie 
der A. eigener Arbeiter in leistungefähigen 
industriellen oder landwirtschaftlichen Groß- 
betrieben der Regel nach der Fall sein wird. 
Die größte Schwierigkeit liegt in der richtigen 
Bemessung der Leistungen für öffentliche Zwecke. 
Für gewerbliche Arbeiterkolonien hatte sich in 
manchen Gegenden die Ubung herausgebildet, 
für jede Stelle eine bestimmte Geldsumme nach 
erfahrungsgemäßen Durchschnittssätzen zu er- 
fordern; gegen ein derartiges Verfahren findet 
in geeigneten Fällen auch die Ausf Anw. nach 
Ziff. 8 nichts zu erinnern. 
Ansiedelungen in Westpreußen und 
Posen. I. Durch das G., betr. die Beförde- 
rung deutscher A. in den Prov. Westpreußen 
und Posen, vom 26. April 1886 (G S. 131), 
ergänzt und abgeändert durch die G. vom 
20. April 1898 (GS. 63) und vom 1. Juli 1902 
(GS. 234), ist der Staatsregierung ein Fonds 
von insgesamt 350 Mill. M. zur Verfügung 
gestellt worden, um der unter Verdrängung 
der vorhandenen deutschen Elemente sich voll- 
ziehenden Ausbreitung der polnischen Natio- 
nalität in den beiden genannten Provinzen 
durch A. deutscher Bauern und Arbeiter ent- 
gegenzuwirken. Zu diesem Zwecke sollen vom 
Staate Grundstücke Räuflich erworben und 
neue Stellen kleineren und mittleren Um- 
fangs, ausnahmsweise auch größere Restgüter 
(G. vom 20. April 1898), sei es aus angekauften, 
sei es aus sonstigen dem Staate gehörenden 
Grundstüchen, gebildet werden. Die dadurch 
entstehenden Kosten sowie die Kosten für die 
erstmalige Regelung der Gemeinde-, NKirchen- 
und Schulverhältnisse der neugebildeten Stellen 
sind aus den zur Verfügung gestellten Mitteln
	        
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