Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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den Verbrauch von Fleisch, Getreide, Mehl, 
Backwerk, Kartoffeln und Brennstoffen dürfen 
sogar Steuern nicht neu eingeführt oder erhöht 
werden und auch die bieher erhobenen müssen, 
abgesehen von denen auf Kartoffeln und Brenn- 
stoffe, gemäß § 13 des ZollTG. vom 25. Dez. 
1902 bis zum 1. April 1910 aufgehoben wer- 
den. Auch die durch Art. 1 u. II.§ 7 des Zoll- 
vereinigungsvertrages vom 8. Juli 1867 
(Besl. 81) gezogenen Schranken mußte das 
KAG. als Landesgesetz aufrechterhalten. Hier- 
nach dürfen ausländische Erzeugnisse, die einem 
Zoll von 3 M. für 100 Kilogramm unterliegen, 
keiner Kommunalsteuer unterworfen werden, 
von inländischen nur folgende zur örtlichen 
Konsumtion bestimmte Gegenstände: Bier, 
Essig, Malz, Obstwein, Marktviktualien, Fou- 
rage und, nach den sich aus Vorstehendem er- 
gebenden Beschränkungen, soweit sie vor Erlaß 
des KAG. bestanden, Brennmaterialien, sowie 
— bis zum 1. April 1910 — Gegenstände der 
Mahl= und Schlachtsteuer; die Biersteuer darf 
für in die Gemeinde eingeführtes Bier 65 Ff. 
für 1 hl, für in der Gemeinde gebrautes 50 % 
der Brausteuer nicht überschreiten (ogl. Bier 1, 
während Weinsteuern nur in den „Wein- 
ländern“ eingeführt werden dürfen, zu denen 
von Preußen nur die ehemals nass., bayer. 
und großh. hess. Landesteile gehören. Brannt- 
weinsteuern aber dürfen seit Abschluß des 
gedachten Vertrags überhaupt nicht mehr 
eingeführt werden, weil die reichsgesetzliche 
Branntweinsteuer den in dem Vertrage für 
Staats= und RKommunalsteuer zusammen vor- 
esehenen Maximalsatz von 30 M. für die 
hm 50 prozentigen Alkohol erreicht. Hin- 
egen können die Gemeinden Hunde= und 
Austvarhkeitssteuern (s. d.) und ähnliche, durch 
besondere, nicht steuerliche Bücksichten ge- 
botene Steuern erheben, selbst wenn ein 
Steuerbedarf gar nicht vorhanden ist. Die 
Einführung indirekter Steuern erfolgt wie 
diesenige besonderer direkter durch Steuer- 
ordnung. Vereinbarungen zwischen Gemeinde 
und Beteiligten über Pauschalierung sind zu- 
lässig KAGS. 8§5 2, 13—19; AusfAnw. Art. 9—12; 
vogl. außer den vorstehend zitierten auch den 
Artikel Umsatzsteuer). 4. Zuschüsse der 
Betriebsgemeinden an die Arbeiter- 
wohnsitzgemeinden. Gemeinden, denen 
durch einen nicht in ihr, sondern ausschließlich 
in anderen Gemeinden (Gutsbezirken) statt- 
findenden und daher ihr gegenüber nicht steuer- 
pflichtigen Berg-, Hütten-, Salzwerks-, Fabrik-= 
oder Eisenbahnbetrieb nachweislich Volksschul- 
oder Armenlasten erwachsen, welche im Ber- 
hältnis zu den ohne diese Betriebe notwendigen 
derartigen Lasten einen erheblichen Umfang 
erreichen und zu einer Uberbürdung der Steuer- 
pflichtigen führen würden, können von der 
Betriebsgemeinde einen Zuschuß verlangen. 
Bei dessen Bemessung kommen einerseits die 
Mehrausgaben, andererseits die Vorteile der 
Gemeinde aus dem Betriebe in Betracht; 
keinesfalls darf der Zuschuß die Hälfte der 
direkten Steuerleistungen des Betriebes an 
die Betriebsgemeinde übersteigen. Liegt der 
Betrieb in einem Gutsbezirk, so richtet sich 
der Anspruch gegen den Unternehmer und 
  
Kommunalabgabengesetz. 
darf 100 % der staatlich veranlagten Gewerbe- 
steuer nicht übersteigen. Mangels gütlicher 
Einigung erfolgt die Entscheidung im Ver- 
waltungsbeschlußverfahren, gegen die Antrag 
auf Entscheidung im Streitverfahren zulässig 
ist K A###. § 53; AusfAnw. Art. 38; O## . 33 
S. 175, 186; 34 S. 119, 124; 35 S. 129, 131; 
37, 141; 43, 132; augenblicklich unterliegt ein 
Initiativantrag, welcher eine Erweiterung des 
8 KAG. bezweckt, der Beratung des Land— 
tags). 
B. Die direkten Gemeindesteuern 
68 2062, 54 -67) bestehen in Realsteuern 
vom Grundbesitz und Gewerbebetrieb und in 
Einkommensteuer (vgl. Gemeindegrund- 
steuer, Gemeindegewerbesteuer, Ge— 
meindeeinkommensteuer). 1. Bei Ver- 
teilung des direkten Steuerbedarfs 
auf diese Steuerarten soll neben dem Grund- 
satz der Besteuerung nach der Leistungsfähig- 
keit derjenige der Besteuerung nach dem Inter- 
esse zur Geltung kommen, indem die Kosten 
von Gemeindeveranstaltungen, welche den 
Grundbesitzern oder Gewerbetreibenden be- 
sondere Vorteile bieten oder von ihnen ver- 
ursacht sind, insoweit und soweit die Aus- 
Hleichung nicht schon durch Gebühren und 
eiträge erfolgt, durch Realsteuern gedeckt 
werden sollen. Daneben soll die Entlastung 
der Einkommensteuer von übermäßigen Zu- 
schlägen erzielt und die durch Außerhebung- 
setzung der staatlichen Realsteuern bewirkte 
Entlastung des Grundbesitzes und Gewerbe- 
betriebs berüchsichtigt werden. Von den drei 
sich zur Erreichung dieses Zieles bietenden 
Wegen, nämlich Festlegung bestimmter Be- 
lastungsverhältnisse zwischen Einkommensteuer 
einerseits und Realsteuern andererseits, Be- 
eichnung der durch Realsteuern zu deckenden 
usgabekategorien, und Auflegung bestimmter 
Quoten des direkten Steuerbedarfs auf die 
Realsteuern, wählt das K&A. eine Kombi- 
nation der beiden ersten. An Realsteuern soll 
in der Regel mindestens der gleiche und höch- 
stens ein um die Hälfte höherer Prozentsatz 
des staatlichen Veranlagungssolls wie von 
dem — der Gemeindebesteuerung unterliegen- 
den — Veranlagungssoll der Einkommensteuer 
aufgebracht werden; übersteigen aber die Real- 
steuern nicht 100 /o, so kann die Einkommen- 
steuer völlig freigelassen oder niedriger als 
mit 2/8 des Prozentsatzes der Realsteuern be- 
lastet werden; umgekehrt kann der über 150% 
beider Steuerarten hinausgehende direkte 
Steuerbedarf dergestalt verteilt werden, daß 
für jedes über 150 hinausgehende Prozent 
Realsteuern 2 % Einkommensteuer erhoben 
werden, und über 200 0% soll die Belastung 
der Realsteuern in der Regel nicht hinaus- 
gehen. Hiernach ergeben sich folgende Span- 
nungsverhältnisse: bei Realsteuerbelastung (R) 
bis 100 % beträgt die Einkommensteuer- 
belastung (E) 0 bis R; ist R höher als 100, 
aber nicht höher als 150, so kann sich E be- 
wegen zwischen 2/3 R und R; ist R höher als 
150, aber nicht höher als 200, so kann E be- 
tragen 2/3 R bis 150 + (R—150) 2; hat endlich 
R 200 erreicht, so kann der Besamte hierdurch 
nicht gedechte Bedarf durch E gedeckt werden.
	        
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