Kommunalabgabengesetz.
Von diesen Regeln hann aber aus besondern
Gründen zugunsten sowohl der einen wie der
andern Steuerart abgewichen werden; dabei
ist davon auszugehen, daß überwiegend den
Realsteuerpflichtigen zum Vorteil gereichende,
nicht bereits durch Gebühren, Beiträge oder
Mehrbelastung (s. u.) gedechte Gemeindeauf-
wendungen, wie insbesondere für Verkehrs-
wege, Ent= und Bewässerung, durch Real-
steuern gedecht werden. Aber auch bei regel-
mäßiger Verteilung soll nicht willkürlich eines
der vom & . zugelassenen Belastungsverhält-
nisse gewählt, sondern dieser Gesichtspunkt be-
rüchsichtigt werden, so zwar, daß in der Regel
Aufwendungen, welche allen Gemeindeangehö-
rigen zugute Kommen oder durch sie veranlaßt
werden, vorzugsweise — nicht ausschließlich —
durch Einkommensteuer, solche, die ganz über-
wiegend im Interesse der Grundbesitzer und
Gewerbetreibenden liegen, lediglich durch Real-
steuern, Aufwendungen im allgemeinen Inter-
esse, an denen aber daneben Grundbesitz und
Gewerbe ein besonderes Interesse haben, nach
billigem Ermessen durch Heranziehung beider
Steuerarten gedecht werden. Der nach diesen
Grundsätzen den Realsteuern zur Last fallende
Teil des Steuerbedarfs (Realsteuerbedarf) ist
in der Regel auf Liegenschaften, Gebäude und
Gewerbe so unterzuverteilen, daß die drei
Realsteuern mit dem gleichen Prozentsatz des
staatlichen Veranlagungssolls belastet werden;
genießt jedoch der unbebaute oder bebaute
Grundbesitz oder der Gewerbebetrieb von den
Gemeindeveranstaltungen besondere Vorteile
oder verursacht er der Gemeinde besondere
Kosten, so ist er, wenn die Ausgleichung nicht
durch Gebühren usw. erfolgt, entsprechend höher
zu belasten, aber in der Regel nicht über das
Doppelte hinaus. Auf die Bauplatz= und Be-
triebssteuer (s. d.) finden die Verteilungsregeln
keine Anwendung; ihr Aufkommen vermindert
vorweg den direkten Steuerbedarf. Uber die
Steuerverteilung hat die Gemeinde bis zum
1. Juli des Rechnungsjahres zu beschließen,
widrigenfalls das Belastungsverhältnis von
3:2 zwischen Realsteuern und Einkommen-
steuer oder ein von der Aufsichtsbehörde an-
geordnetes anderes, innerhalb der Verteilungs-
regeln liegendes, eintritt (§8 54—59; Ausf-
Anw. Art. 39, 40). Um dem Grundsatze der
Interessebelastung Rechnung zu tragen, läßt
das KA. auch Mehr= und Minderbela-
stungen — aber keine ausschließliche Be-
lastung (O. 42, 46) — einzelner Teile des
Gemeindebezirks oder einzelner Klassen von
Gemeindeangehörigen bei der Steuervertei-
lung zu, sofern diese Bezirksteile und Klassen
an einzelnen Gemeindeveranstaltungen in be-
sonders hohem oder besonders geringem Maße
interessiert sind und nicht zum Ausgleich Ge-
bühren oder Beiträge erhoben werden; dabei
ist der Mettobedarf für Herstellung und Unter-
haltung in Betracht zu ziehen 8 20; Ausf-
Anw. Art. 13).
2. Die einzelnen direkten Gemeinde-
steuern. Die Realsteuern können von den
Gemeinden entweder auf Grund autonomer
Steuerordnungen in Form besonderer Ge-
meindesteuern oder in Gestalt von Prozenten
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der staatlich veranlagten Grund-, Gebäude-
und Gewerbesteuer erhoben werden; dagegen
sind besondere Gemeindeeinkommensteuern nur
ausnahmsweise zulässig: in der Regel sind
Zuschläge zur Staatseinkommensteuer zu er-
heben. Vgl. Gemeindeeinkommensteuer,
Gemeindegewerbesteuer, Gemeinde-
grundsteuer; wegen der formellen Vor-
schriften s. unter D. Die Ergänzungs-
à egr unterliegt Gemeindezuschlägen nicht
C. Neben den Steuern können die Gemein—
den von den Real- und Einkommensteuer—
pflichtigen Aaturaldienste Gand- und
Spanndienste) fordern (vgl. hierüber Natu-
raldienste).
D. Formelle Vorschriften. 1. Besondere
indirekte oder direktte Gemeindesteuern müssen
durch von der Gemeinde beschlossene Steuer-
ordnung eingeführt werden, welche der Ge-
nehmigung des Bez A., gegenüber Landgemein-
den des Kr A. unter Zustimmung des MdÖ9.
und des FM. bedarf; die Zustimmungsbefug-
nis ist von den Miinistern hinsichtlich direkter
Steuer für die Städte bis zu 10 000 Einw.,
hinsichtlich indirenbter mit gewissen Maßgaben
auch für größere Städte auf die Oberpräsi-
denten, für Landgemeinden in gleicher Aus-
dehnung auf die Regierungspräsidenten über-
tragen (§8 18, 23, 77; Erl. vom 3. Dez. 1900
— 1. 1901, 7 — und vom 21. Okt. 1903
— MBl. 241). Wegen der Beschwerde gegen
den über die Genehmigung befindenden Be.
schluß gilt das im Artikel Genehmigung
steuerlicher Gemeindebeschlüsse Be-
merkte.
2. Die Veranlagung direkter Gemeinde-
steuern erfolgt durch den Gemeindevorstand
oder einen besonderen Steuerausschuß der Ge-
meinde. Staats= und Behörden anderer Ge-
meinden haben ihm über die Besteuerungs-
merkmale Auskunft zu erteilen. Auch kann
durch die Steuerordnung dem Steuerpflichtigen
die Verpflichtung auferlegt werden, auf Ver-
langen Auskunft über ihm bestimmt bezeich-
nete Tatsachen zu erteilen. Die Veranlagung
der Gemeindeeinkommensteuer muß alljährlich,
die der Realsteuern kann auf Grund einer
Bestimmung der Steuerordnung auch für
mehrere Jahre erfolgen (68 61—64; Ausf Anw.
Art. 42).
3. Die Steuerpflichtigen werden von der
Veranlagung benachrichtigt a) bei Erhebung
von Prozenten der staatlich veranlagten Real-
steuern und von Einkommensteuerzuschlägen,
sofern die staatlich veranlagte Steuer die un-
veränderte Grundlage für die Gemeindesteuer
bildet, durch öffentliche Bekanntmachung der
zu erhebenden Prozentsätze, sonst durch beson-
dere Zuschrift; b) bei besonderen Gemeinde-
steuern die in der Gemeinde wohnhaften
physischen Personen durch Offenlegung der
Heberolle (s. Heberollen bei Steuern) oder
Zuschrift, im übrigen stets durch Zuschrift;
c) bei Zugängen im Laufe des JFahres stets
durch Zuschrift (§ 65; AusfAnw. Art. 43).
4. Rechtsmittel gegen die Heranziehung
zu Gebühren, Beiträgen, Steuern und Natu-
raldiensten sind der Einspruch und gegen den