Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

944 
den für ihn in dieser Eigenschaft ernannten 
Stellvertreter. Der kgl. Kommissarius ist 
die Mittelsperson bei allen Verhandlungen 
der Staatsbehörden mit dem Landtage und 
befugt in Person oder durch abgeordnete 
Vertreter den Sitzungen des K. sowohl wie 
der Landeskommissionen beizuwohnen. Der 
K. wählt einen Vorsitzenden und einen Stell- 
vertreter aus seiner Mlitte; beide bedürfen der 
Bestätigung des Königs. Er ist im allgemei- 
nen berufen, über die Einführung, Abände- 
rung oder Aufhebung von Gesetzen, welche die 
Hohenzollernschen Lande ausschließlich betreffen, 
sein Gutachten abzugeben und über die An- 
gelegenheiten des Landeskommunalverbandes 
nach näherer Vorschrift des Gesetzes sowie über 
diesenigen Gegenstände zu beraten und zu be- 
schließen, die ihm zu diesem Behufe durch Ge- 
setz oder kgl. Verordnung überwiesen werden. 
Im einzelnen sind seine Befugnisse in allen 
wesentlichen Punkten die gleichen wie diesjeni- 
gen der Provinziallandtage in den alten Pro- 
vinzen (s. Provinziallandtage). 
II. Nach § 1 Prov O. für Hessen-Aassau vom 
8. Juni 1885 (GS. 247) bildet die Prov. 
Hessen-Aassau zwar einen mit den Rechten 
einer Korporation ausgestatteten Kommunal-= 
verband zur Selbstverwaltung seiner Ange- 
legenheiten. Innerhalb derselben sind jedoch 
entsprechend der historischen Bergangenheit der 
zu einer Provinz vereinigten Landesteile die 
kommunalständischen Verbände in den Reg.= 
Bez. Kassel und Wiesbaden, unter Einverlei- 
bung des früheren Stadtkreises Frankfurt a. M. 
in den Kkommunalständischen Verband des Reg.= 
Bez. Wiesbaden, als besondere Kommunalver= 
bände (Bezirksverbände) zur Selbstverwaltung 
ihrer Angelegenheiten bestehen geblieben. Die 
Bezirksverbände werden durch die Bezirks- 
versammlungen (Kommunallandtage) vertreten. 
Diese bestehen nach § 7 a. a. O. aus Abge- 
ordneten der Land= und Stadtkreise der Re- 
gierungsbezirke. Nach § 8 ebendas. werden 
zu den Bezirksversammlungen für jeden Kreis 
mit weniger als 20000 Einw. ein Abgeord- 
neter, für seden Kreis mit 20000—40000 Einw. 
zwei Abgeordnete, für jeden Kreis mit 40000 
bis 60000 Einw. drei Abgeordnete gewählt. 
Für jede weitere Zahlenreihe von 1—20000 
inw. tritt ein Abgeordneter hin zu. Der Stadt- 
kreis Frankfurt a. M. erhält diejenige Anzahl 
von Abgeordneten, die sich nach dem Verhält- 
nis seiner Bevölkerungsziffer zu der Gesamt- 
ziffer der Bevölkerung der übrigen Kreise des 
BReg.-Bez. Wiesbaden ergibt. Der K. wird vom 
Könige alle drei Jahre wenigstens einmal be- 
rufen, außerdem aber so oft es die Geschäfte 
erfordern. Im übrigen gelten für die K. der 
beiden Bezirksverbände im wesentlichen die- 
selben Vorschriften, welche in den anderen Pro- 
vinzen auf die Provinziallandtage Anwendung 
finden (/. Provinziallandtage). Jedoch 
sind die R. über Gesetzentwürfe nicht zu hören. 
III. Wegen der K. der kommunalstän- 
dischen Verbände (. d. 
ommunalständische Verbände. In den 
östl. Provinzen der preuß. MAlonarchie bestan- 
den früher zum Teil besondere, von den Pro- 
vinzialverbänden verschiedene k. V. Der 8§ 128 
  
Kommunalständische Verbände — Kommunalverbände. 
Prov O. vom 29. Juni 1875 hat die Verwal- 
tung dieser Verbände, soweit sie die Fürsorge 
für Landarme, Geisteskranke, Taubstumme, 
Blinde und Idioten betrifft, auf die Provin= 
zialvertretungen übertragen, die erforderliche 
Regelung mangels eines Ubereinkommens 
zwischen den beteiligten Vetretungen khgl. Ver- 
ordnung vorbehalten und bestimmt, daß im 
übrigen die Umbildung bzw. Aufhebung der 
k. V. durch besondere Gesetze erfolge. Gemäß 
dieser Vorschrift sind die G., betr. die Auf- 
hebung der k. V. in der Prov. Pommern bzw. 
des k. V. der Neumark, vom 18. bzw. 19. Joan. 
1881 (GS. S. 7, 10), sowie das G. vom 22. Wai 
1902, betr. die Aufhebung des k. V. der Kur- 
mark (GS. 149), ergangen. Das letztere ent- 
hält im § 2 und dessen Anlage besondere Be- 
stimmungen über die Unterhaltung der Ritter- 
akademie zu Brandenburg. Es bestehen hier- 
nach in den östl. Provinzen zurzeit noch die 
k. V. der Aiederlausitz (Prov. Brandenburg), 
der Oberlausitz (Prov. Schlesien) und der Alt- 
mark (Prov. Sachsen). Zum Ressort dieser 
Verbände gehört im wesentlichen die Verwal- 
tung von Spar= und Hilfskassen, von Kredit- 
instituten, Krankenhäusern und einigen Stif- 
tungen. Ihre Vertretung erfolgt durch die 
Kommunallandtage. In der Prov. Hannover 
hat die V. vom 22. Sept. 1867, betr. die Pro- 
vinziallandschaften im Gebiete des vormaligen 
Königr. Hannover (G#. 1635), die alten Pro- 
vinziallandschaften unter der Benennung 
„Landschaft“ für die Wahrnehmung kommu- 
naler Angelegenheiten der Landschaftsbezirke 
als besondere Korporationen unter Ausfsicht 
der Staatsregierung bestehen lassen. Es ist 
ihnen demgemäß das Recht zur Verwaltung 
und Vertretung des landschaftlichen Vermö- 
gens, landschaftlicher Stiftungen, Institute und 
Anlagen, sowie die bisherige Befugnis ver- 
blieben, den Landschaftsbezirt unter Geneh- 
migung der Staatsregierung mit Beiträgen 
und Leistungen für Landschaftszwecke zu be- 
lasten. Es bestehen hiernach in Hannover 
sieben Landschaften, nämlich: 1. für die Für- 
stentümer Kalenberg, Göttingen und Gruben- 
hagen; 2. für das Fürstentum Lüneburg; 3. für 
die Grafschaften Hoya-Diepholz; 4. für das 
Herzogtum Bremen und Verden; 5. für das 
ürstentum Osnabrück; 6. für das Fürstentum 
stfriesland; 7. für das Fürstentum Hildesheim. 
ommunalverbände sind öffentliche Körper- 
schaften, welche die Bewohner eines bestimmt 
abgegrenzten Teils des Staatsgebietes um- 
fassen (Gebietskörperschaften) und für ihr Ge- 
biet sowohl die Wahrnehmung gewisser obrig- 
keitlicher Angelegenheiten als auch die Wohl- 
fahrtspflege in wirtschaftlicher, geistiger und 
sittlicher Hiniicht in Form der Eelbstwerwal= 
tung zur Aufgabe haben. Sie sind hin- 
sichtlich ihres Bestandes und des Umfanges 
ihrer Aufgaben, Rechte und Pflichten von der 
Staatsgewalt abhängig, mögen sie auch nach 
ihrer geschichtlichen Entstehung bisweilen älter 
sein als der Staat. Der Kreis ihrer obrig- 
keitlichen (politischen) Rechte und Pflichten ist 
durch die staatliche Gelegebung bestimmt, 
während auf dem Gebiete der Wohlfahrts- 
pflege ihnen zwar die Verpflichtung zur Er-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.