Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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Bestimmungen gelten für Prinzipale und 
andlungsgehilfen und Lehrlinge nach HGB. 
§ 74, 76 mit der Maßgabe, daß die Be- 
schränkung auf einen längeren Zeitraum als 
auf drei Hahre nach Beendigung des Dienst- 
verhältnisses nicht erstreckt werden darf. Ferner 
können hier Ansprüche aus der K. nicht geltend 
gemacht werden, wenn der Prinzipal durch 
vertragswidriges Verhalten dem Handlungs- 
gehilfen oder Tlehrling Anlaß zur Kündigung 
gibt, oder wenn der Prinzipal das Dienstver- 
ältnis kündigt, es sei denn, daß für die 
ündigung ein erheblich von ihm nicht zu 
vertretender Anlaß vorliegt, oder daß er 
während der Dauer des Konkurrenzverbots 
dem Handlungsgehilfen oder -lehrling das 
zuletzt bezogene Gehalt fortbezahlt. Hat der 
Handlungsgehilfe und Tlehrling für den Fall 
der Verletzung des Konkurrenzverbotes eine 
Bertragsstrafe versprochen, so kann nur diese, 
nicht auch Erfüllung oder Schadensersatz ver- 
langt werden. Entgegenstehende Vereinba- 
rungen sind nichtig (POB. 8§ 75). Streitig- 
keiten aus der K. entscheiden bei gewerblichen 
Unternehmern und Betriebsbeamten die öffent- 
lichen Gerichte (GeweEbGS. § 3 Abs. 2), bei 
Prinzipalen und Handlungsgehilfen oder -lehr- 
lingen die Kaufmannsgerichte (ESim GSG. vom 
6. Juli 1904 — Rl. 266 — §5 5 Ziff. 6). 
S. auch Aktiengesellschaften III, 1 und 
wegen der offenen Handelsgesellschaften H#. 
112. 
Konkurs. I. Unter dem K. versteht man 
die Vermögenslage jemandes, bei der er 
außerstande ist, alle seine Gläubiger voll zu 
befriedigen, dies durch gerichtlichen Ausspruch 
festgestellt worden ist und zugleich die ver- 
hältnismäßige Befriedigung der Gläubiger 
unter gerichtlicher Mitwirkung angeordnet 
wird. Es handelt sich dabei um eine Voll- 
strechung, die sich aber von jeder anderen durch 
die Allgemeinheit ihres Umfanges unterscheidet. 
Die Eesamtvollstrechung beim K. schließt jede 
weitere Einzelvollstreckung aus. Das Konkurs- 
recht zerfällt in das formelle, das Konkurs- 
verfahren oder den Konkursprozeß, welches 
das Verfahren behufs der gemeinschaftlichen 
Befriedigung der Gläubiger aus dem ihnen 
haftenden Schuldvermögen regelt, und in das 
materielle, welches die Wirkungen des K. auf 
die privatrechtliche Stellung des im K. be- 
findlichen Schuldners, des Gemeinschuldners, 
und auf seine privatrechtlichen Beziehungen 
zu den Gläubigern sowie zu dritten Personen 
bestimmt. Zu seiner jetzigen Gestaltung ist 
das Konkursrecht im wesentlichen auf den 
Grundlagen des römischen und älteren deut- 
schen Rechtes und beeinflußt durch die spani- 
sche Jurisprudenz von der gemeinrechtlichen 
Praxis am Ende des 17. Jahrh. ausgebildet 
und sodann unter Anlehnung an den Napo- 
leonischen Code de commerce weiter ent- 
wickelt worden. Letzteres geschah namentlich 
durch die PrKO. vom 8. Mai 1855 (GS. 321), 
welche aus dem franz. Verfahren die Bestel- 
lung eines richterlichen Kommissars, die Unter- 
scheidung zwischen einstweiligen und definiti- 
ven Verwaltern, die Beseitigung der Präklu- 
sion, die Zulässigkeit von Abschlagsverteilungen 
  
Konhkurs. 
und die Entscheidung der Streitpunkte in ein- 
zelnen Prozessen übernahm und in ähnlicher 
Weise, freilich mit mehrfachen prinzipiellen 
Unterschieden, auch den K. der Richtkaufleute 
regelte, während das franz. Recht gegen solche 
nur ein gewöhnliches Exekutionsverfahren 
zuläßt, dem sich wieder andere GEläubiger 
anschließen hdönnen. Ein G. vom 12. MAärz 
1869 (GS. 465) änderte bloß einige Bestim- 
mungen der Konkursordnung. Letztere wurde 
für Bayern (G. vom 25. April 1869), Oster- 
reich-Ungarn (G. vom 9. Jan. 1869) und Däne- 
mark (G. vom 25. März 1872) nachgebildet 
und ist dann die Grundlage der seit dem 
1. Okt. 1879 für das Deutsche Reich geltenden 
Konkursordnung vom 10. Febr. 1877 nebst 
EG. von demselben Tage (RGEBl. 351) ge- 
worden. Diese erfuhr durch das G. vom 9. Mai 
1894 (RBl. 439) über das Absonderungsrecht 
des Vermieters eine Anderung. Alle durch 
das BE. notwendig gewordenen Anderungen 
wurden in dem G., betr. Abänderungen der 
Konkursordnung, vom 17. Mai 1898 (Rel. 
230) und dem EG. hierzu von demselben Tage 
(Rol. 248) zusammengefaßt und dann der 
Text der so geänderten Konkursordnung am 
20. Mai 1898 anderweit bekanntgemacht (Röl. 
S. 369, 612). Diese neue Fassung ist am 1. Jan. 
1900 in Kraft getreten. Eine Anderung des 
E. z. &O. hat das Beichshypothekenbank-= 
gesetz vom 12. Juli 1899 (Rl. 375) gebracht. 
II. Die KO. zerfällt in drei Bücher, von 
denen das erste das materielle Konkursrecht 
und das zweite das Konkursverfahren be- 
handelt, das dritte aber Strafbestimmungen 
enthält. Abgesehen von einzelnen Abweichun- 
gen bei den letzteren wird Rein Unterschied 
zwischen dem K. über das Vermögen eines 
Kaufmanns und dem über das Vermögen 
eines A-ichtkaufmanns gemacht. Das mate- 
rielle Konkursrecht geht von der Gleichberechti- 
gung der Gläubiger auf Befriedigung aus 
dem gesamten, einer Zwangsvollstrechung unter- 
liegenden Vermögen des Gemeinschuldners, 
welches ihm zur Zeit der Eröffnung des Ver- 
fahrens gehört (Konkursmasse), aus und macht 
davon nur bei fünf Klassen von Forderungen 
eine Ausnahme, die ein Vorzugsrecht vor an- 
deren Konkursforderungen haben. Die Ehe- 
frau des Gemeinschuldners hat kein Vorrecht. 
Das nach der Konkurseröffnung erworbene 
Vermögen des Gemeinschuldners gehört nicht 
zur Konkursmasse. Behufs deren Verwerkung 
im gemeinsamen Interesse der Gläubiger wird 
ein Verwalter bestellt. Der Gemeinschuldner 
bleibt jedoch Eigentümer der Konkursmasse 
und handlungsfähig. Von den früheren Nach- 
teilen des KR. für Ehre und Freiheit ist außer 
der Pflicht, zu einer Entfernung vom Wohn- 
orte die Erlaubnis des Gerichts einzuholen, 
sowie der Möglichkeit einer Vorführung und 
Verhaftung und der Beschlagnahme der Post- 
und Telegraphensendungen nichts mehr ge- 
blieben; vgl. jedoch unten IV. Die rechtliche 
Stellung des Konkursverwalters (Vertreter des 
Gemeinschuldners, der einzelnen Gläubiger, 
der Gläubigerschaft als solcher, selbständiges 
Organ der Rechtsordnung usw.) ist sehr streitig. 
Der Konkursverwalter hat Anspruch auf Er-
	        
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