Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Konsulargerichtsbarkeit — Konsuln und Konsulatwesen. 
wissen Präklusivtermine zum Umtausch ein- 
gereichten Schuldverschreibungen nach Be- 
stimmung des FMl. Prämien gewährt, deren 
Gesamtbetrag 1% der bis zum Präklusiv-- 
termine für die Einlieferung älterer Schuld- 
verschreibungen auszugebenden Konsols nicht 
übersteigen durfte. Der Umtausch wurde durch 
G. vom 10. Dez. 1871 (GS. 609) am 15. Jan. 
1872 geschlossen. Der nicht umgetauschte Rest 
der zur Konsolidation bestimmten Anleihen 
wurde bis zum Jahre 1895796 allmählich ge- 
tilgt. Ebenso wurden die nicht in die Kon- 
solidation einbezogenen älteren Schuldtitel 
nach und nach getilgt, so daß von solchen 
älteren Schulden am 31. März 1904 nur noch 
vorhanden waren 109054785 *# übernommene 
Eisenbahn= und 3275007,91 M. alte hann. 
Schulden. Die nach dem Erlaß des Konsoli- 
dationsgesetzes aufgenommenen Anleihen sind 
stets mit der konsolidierten Staatsanleihe ver- 
einigt worden, bilden also ihr zugewachsene 
Bestandteile derselben. Seit 1890 gibt es 
aber hinsichtlich des Zinsfußes zwei Arten 
konsolidierter Staatsanleihe, 3½= und 3proz., 
und 1890—1896 gab es 4-, 3½/ und 3proz. 
(ogl. Konvertierung oder Konverssonz 
Konsulargerichtsbarkeit ist die Jurisdiktion, 
welche ein Staat durch eigene Beamte (Ge- 
sandte, KRonsuln usw.) in einem fremden Staate 
Üüber bestimmte Kategorien von Personen in 
gleicher Weise ausübt, als wenn sich letztere 
innerhalb seines Gebiets befänden. Die Be- 
stimmungen über die deutsche K. sind enthalten 
im § 22 des Konsulatsgesetzes vom 8. Aov. 1867 
(BEl. 137) sowie dem G. über die K. vom 
10. Juli 1879 (REBl. 197), an dessen Stelle 
das am 1. Jan. 1901 in Kraft getretene (V. vom 
25. Okt. 1900 — REl. 999) G. vom 7. April 
1900 (RE#l. 213) getreten ist. Zu diesem Ge- 
setze ist ergangen die Anordnung des R. vom 
27. Okt. 1900 (ZBl. 574). Die K. wird aus- 
geübt in den Ländern, in denen ihre Aus- 
übung durch Herkommen oder durch Staats- 
verträge gestattet ist, z. B. in China, Korea, 
Marokko, Persien, Rumänien, Schiffer- (Sa- 
moa) und Tonga-Inseln, Serbien, Sansibar, 
Siam und der Türkei, sowie Agypten (wegen des 
letzteren s. Kais. V. vom 6. Jan. 1901 — RGBl. 
3 — und die darin angezogenen Gesetze und 
Verordnungen sowie V. vom 4. Febr. 1904 
— RGBl. 61). Sie kann durch kais. Ver- 
ordnung mit Zustimmung des Bundesrats für 
bestimmte Gebiete und in Ansehung bestimmter 
Rechtsverhältnisse außer Abung gesetzt werden 
G 1 des G. vom 7. April 1900). Die Konfu- 
largerichtebezirke werden von dem Reichs- 
kanzler nach Vernehmung des Bundesrats- 
ausschusses für Handel und Verkehr bestimmt 
(§ 4). Gerichtsbehörden sind die Kon- 
suln, wenn sie dazu von dem Reichskanzler 
ermächtigt und nicht neben ihnen oder an ihrer 
Stelle andere Personen mit der Gerichtsbar- 
keit betraut sind; die aus dem Konsul als 
Vorsitzenden und zwei Beisitzern bestehenden 
Konsulargerichte und das Reichsgericht 
(§§ 6—14). Der K. sind unterworfen die 
Reichsangehörigen und die sog. Schutzge- 
nossen im engeren Sinne, d. h. diejenigen 
Ausländer, welche entweder vertragsmäßig 
  
955 
unter den Schutz des Deutschen Reiches ge- 
stellt sind (Osterreicher, Schweizer, Luxem- 
burger, sofern ein eigener Konsularbeamter 
— bei Luxemburg auch ein niederländischer — 
nicht am Orte ist, und die betreffenden Indi- 
viduen es beantragen), oder solche Ausländer, 
welche, ohne ein Anrecht auf den deutschen 
Schutz zu besitzen, denselben vergünstigungs- 
weise erhalten haben lsog. de facto Unter- 
tanen] (Instr. des RK. vom 1. Mai 1872 § 3 
und Anordn. vom 27. Okt. 1900 — ZBl. 574); 
ferner Handelsgesellschaften, eingetragene Ge- 
nossenschaften und juristische Personen, welche 
im Reiche oder in einem Schutzgebiete ihren Sitz 
haben, juristische Personen auch dann, wenn 
ihnen durch den Bundesrat oder nach den bis- 
herigen Vorschriften durch einen Bundesstaat 
die Rechtsfähigkeit verliehen worden ist, sowie 
offene Handelsgesellschaften und Kommandit- 
gesellschaften, welche im Konsulargerichtsbezirke 
ihren Sitz haben, wenn die persönlich haften- 
den Gesellschafter sämtlich Deutsche sind (G. vom 
7. April 1900 § 2). In materieller Bezie- 
hung haben für die der K. unterworfenen 
Personen im allgemeinen und vorbehalltlich 
der Spezialvorschriften die dem bürgerlichen 
Rechte angehörenden Vorschriften der Reichs- 
gesetze und der daneben innerhalb Preußens 
im Geltungsbereich des Allg. Landrechts (s. d.) 
in Kraft stehenden allgemeinen Gesetze, ein- 
schließlich der Vorschriften der bezeichneten Ge- 
setze über das Verfahren und die Kosten in 
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in Konkurs- 
sachen und in den Angelegenheiten der freiwilli- 
gen Gerichtsbarkeit, und die dem Strafrecht 
angehörenden Vorschriften der Reichsgesetze, 
einschließlich der Vorschriften dieser Gesetze 
über das Verfahren und die Kosten in Straf- 
sachen Geltung (§§ 19—76). Das Konsular- 
gerichtsbarkeitsgesetz, durch welches die Militär- 
gerichtsbarkeit nicht berührt wird (8§3 des G.), 
findet auch in den Schutzgebieten Anwendung 
(Schutzgebietsgesetz vom 10. Sept. 1900 S§ 2 u. 3). 
onsuln und Konsulatwesen. I. Das Kon- 
sulatwesen in seiner jetzigen Gestalt ist moder- 
nen Ursprungs; es verdankt seine Ausbildung 
der stetig zunehmenden Ausbreitung des inter- 
nationalen Verkehrs. Die RKonsuln sind, wie 
die Gesandten (s. d.), Vertreter des Beiches im 
Auslande. Während indessen jenen in erster 
Linie die unmittelbare Pflege der allgemeinen 
völkerrechtlichen Beziehungen des Reiches zu 
den fremden Staaten anvertraut ist, liegt den 
Konsuln im besonderen der Schutz von Handel 
und Seeschiffahrt im Auslande und die Für- 
sorge für die Reichsangehörigen in ihren Amts- 
bezirken ob. Sie sind, wie dies § 1 des Kon- 
sulatsgesetzes vom 8. Nov. 1867 (BGBl. 137) 
ausspricht, berufen, die Interessen des Reichs, 
namentlich in bezug auf Handel, Verkehr und 
Schiffahrt tunlichst zu schützen und zu fördern, 
die Beobachtung der Staatsverträge zu über- 
wachen und den Angehörigen der Bundes- 
staaten, sowie anderer befreundeter Staaten in 
ihren Angelegenheiten Rat und Beistand zu ge- 
währen. Zur Durchführung dieser Aufgaben 
sind den Konsuln ausgedehnte Befugnisse 
beigelegt; bei Ausübung derselben haben sie 
die durch die Gesetze und Gewohnheiten ihres
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.