Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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Amtsbezirkes gebotenen Schranken innezu— 
halten (Konsulatsgesetz § 1). Voraussetzung 
für die Ausübung der Tätigkeit als Konsul 
ist die ausdrückliche Zustimmung des betref- 
fenden Staates in bezug auf die Person des 
Konsuls und den Ort, wo er seinen amtlichen 
Wohnsitz nimmt (sog. Exequatur). Das Maß 
und der Umfang der konsularischen Tätig- 
keit selbst ist mit zahlreichen außerdeutschen 
Staaten vertragsmäßig geregelt (Zusammen- 
stellung von Dr. v. Poschinger 1892, v. Decker- 
scher Verlag). 
II. Nach Art. 4 Ziff. 7 RV. unterliegt die 
Organisation eines gemeinsamen Schutzes des 
deutschen Handels im Auslande, der deutschen 
Schiffahrt und ihrer Flagge zur See und 
Anordnung einer gemeinsamen konsularischen 
Vertretung der Aufsicht und Gesetzgebung des 
Reiches, erstere wird nach Art. 56 Abs. 1 von 
dem Kaiser ausgeübt. Nach Art. 56 Abs. 2 
dürfen im Amtsbezirk der deutschen Konsuln 
neue Landeskonsulate nicht errichtet wer- 
den. Die gleichfalls vorgesehene Aufhebung der 
älteren Landeskonsulate im Auslande ist in- 
zwischen überall erfolgt. Zur Ausführung der 
Bestimmungen der MV. sind ergangen das G., 
betr. die Organisation der Bundeskonsulate, 
sowie die Amtsrechte und Pflichten der Bun- 
deskonsuln, vom 8. Nov. 1867 (Böl. 137) 
logl. hierzu EGBGB. Art. 38] und das G. 
über die Konsulargerichtsbarkeit in der jetzt 
gültigen Fassung vom 7. April 1900 (REl. 
213) [s. Konsulargerichtsbarkeitl. Die 
Amtsstellung der Konsuln wird ferner be- 
rührt durch die Seemannsordnung vom 2. Juni 
1902 (REl. 175) (s. § 5] und durch das 
G., betr. die Eheschließung und die Be- 
urkundung des Personenstandes von Bun- 
desangehörigen im Auslande, vom 4. Mai 1870 
(Bö#l. 599) logl. zu demselben EGBGB. 
Art. 401. Zu dem Konsulatsgesetze vom 8. Nov. 
1867 ist, nachdem dasselbe zum Reichsgesetze 
erklärt worden war, die allg. Dienstinstr. für 
die Konsuln des Deutschen Reiches vom 6. Juni 
1871 mit Nachtrag vom 22. Febr. 1873 (Laband, 
Staatsrecht des Deutschen Reichs 3, 10) von 
dem Asl. erlassen worden. 
III. Die Anstellung der Konsuln erfolgt 
nach Vernehmung des Bundesratsausschusses 
für Handel und Verkehr durch den Kaiser (RB. 
Art. 56 Abs. 1; V. vom 23. Nov. 1874 — B6- 
Bl. 135 — § 2). Ihrer äußeren Stellung nach 
sind die Konsuln in Generalkonsuln, Konsuln 
und Bizekonsuln geschieden (Konsulatsgesetz 
§ 2). Von den Generalkonsulaten, deren Ge- 
schäfte zum Teil mit Stellen diplomatischen 
Charakters verbunden sind, ressortieren die im 
Bezirhe der ersteren befindlichen Konsulate. 
Die Bizekonfuln sind teils selbständig, teils sind 
sie Generalkonsuln oder Konsuln zugeordnet. 
Ihrem Berufe nach zerfallen die Konsuln in 
Berufskonsuln (consules missi) und Wahl- 
konsuln (consules electi). Die Berufskonsuln 
unterstehen dem Reichsbeamtengesetz und 
müssen eine bestimmte Vorbildung besitzen. 
Berufskonsul kann nur werden (Kon- 
sulatsgesetz vom 8. Aov. 1867 §§ 7, 8), wer 
entweder die zur juristischen Laufbahn er- 
forderliche erste Prüfung bestanden hat und 
  
Konsuln und Konsulatwesen. 
außerdem mindestens drei Jahre im inneren 
Dienst oder in der Advokatur und min- 
destens zwei Jahre im Konsulatsdienst des 
Reiches oder eines Bundesstaates beschäftigt 
gewesen ist oder aber eine besondere Prü- 
fung für die Bekleidung des Amtes eines 
Berufskonsuls bestanden hat. Die Bestim- 
mungen über diese Prüfung sind am 28. Febr. 
1873 vom BRél. erlassen worden (abgedruckt bei 
Koenig, Handbuch des deutschen Konsulat- 
wesens 6. Aufl. S. 55). Die Prüfung, bei 
welcher als Prüfungsfächer außer Konsulat- 
wesen, Geschichte, Geographie und Sta- 
tistik, Jurisprudenz, Staats= und Völkerrecht, 
Nationalökonomie und Handelswissenschaft 
die Sprachen eine besondere Rolle spielen, 
zerfällt in eine, in der Anfertigung von zwei 
Probearbeiten bestehende schriftliche und eine 
mündliche. Letztere kann erlassen werden, 
wenn nach dem Bildungsgange des Bewer- 
bers in Verbindung mit dem Ausfall der 
schriftlichen Arbeiten seine Befähigung für den 
Konsulatsdienst außer Zweifel gestellt erscheint. 
In der Praxis werden zu Berufskonsuln 
hauptsächlich zum höheren Justiz= oder Ver- 
waltungsdienst befähigte Bewerber nach einer 
Vorbereitungszeit im Auswärtigen Amte ver- 
wendet. Zu Wahlkonsuln sollen vorzugs- 
weise Kaufleute ernannt werden, welchen das 
Reichsindigenat zusteht (§ 9). Die Wahlkon- 
suln erhalten keine Besoldung, beziehen aber 
die nach dem Konsulartarif zu erhebenden Ge- 
bühren für sich (§ 10). Ihre Anstellung ist 
jederzeit ohne Entschädigung widerruflich. Die 
Konsuln können mit Genehmigung des M. 
in ihrem Amtsbezirke Privatbevollmächtigte 
(Konsularagenten) bestellen, welchen indessen 
die selbständige Ausübung der den Konsuln 
beigelegten Rechte nicht zukommt (§ 11). Das 
Deutsche Reich zählt gegenwärtig (Handbuch 
für das Deutsche Reich von 1900) einschließ- 
lich der Konsularagenten 772 Konsularämter, 
darunter 146 Berufskonsulate (von diesen 
8 Generalkonsulate, 101 Konsulate und 6 Vize- 
konsulate), sowie 626 Wahlkonsulate und 
Konsulatsagenten. 
IV. Zu den Amtspflichten der Konsuln 
gehört zunächst die Führung einer Matrikel 
über die in ihren Amtsbezirken wohnenden 
und zu diesem Behufe bei ihnen angemeldeten 
Reichsangehörigen. Die Eintragung in die 
Matrikel bewirkt die Erhaltung des heimat- 
lichen Staatsbürgerrechts für den Eingetrage- 
nen (Konsulatsgesetz § 12). Die Konsuln kön- 
nen ferner durch den RR. zur Bornahme bür- 
gerlich gültiger Eheschließungen, sowie zur 
Beurkundung von Geburten, Heiraten 
und Sterbefällen von Reichsangehörigen 
ihres Amtsbezirks ermächtigt werden (Kon- 
sulatsgesetz § 13; G. vom 4. Mai 1870 — BE- 
Bl. 599 — § 1). Sie sind zur Legalisation von 
in ihrem Amtsbezirke ausgestellten oder beglau- 
bigten Urkunden befugt (Konsulatsgesetz § 14; 
G. vom 1. Mai 1878 — Röl. 89— 85 2) ihre 
über amtliche Handlungen und bei Ausübung 
ihres Amtes wahrgenommene Tatsachen unter 
Siegel und Unterschrift ausgestellten Zeug- 
nisse haben Beweiskraft öffentlicher Urkun- 
den (8 15); innerhalb ihres Amtsbezirkes
	        
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