Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Kontingentierung der Steuern — Kontokorrentverkehr. 
Fläche bei landwirtschaftlichen Brennereien) 
sind auf Antrag, unter Umständen auch von 
Amts wegen, zum Kontingent neu zu veran- 
lagen. Hier ist der Kontingentsfuß in einem 
bestimmten Verfahren nach dem Umfang ihrer 
Betriebseinrichtungen unter Berüchsichtigung 
der beackerten oder sonst landwirtschaftlich ge- 
nutzten Fläche und der gesamten wirtschaft- 
lichen Verhältnisse sowie des Betriebsumfanges 
anderer kontingentierter Brennereien unter 
Zuziehung einer Sachverständigenkommission 
zu ermitteln. Hierbei dürfen gleichfalls ge- 
wisse Höchstmengen, in der Regel 80000 1, für 
die seit 1902/03 entstandenen Brennereien 
50 000 1, für Materialbrennereien 8000 1 nicht 
überschritten werden (§§ 7—26 a. a. O.). Aus 
dem Kontingentsfuß wird sodann das Kon- 
tingent selbst in der Weise berechnet, daß 
zunächst sämtliche Kontingentsfüße zusammen- 
gerechnet und mit dem Gesamtkontingent (s. d.) 
verglichen und danach die Kontingentsfüße 
entsprechend herabgesetzt oder erhöht werden 
(58 27, 28 a. a. O.). Landwirtschaftliche und 
Materialbrennereien, die jährlich nicht mehr 
als 10 hl reinen Alkohols erzeugen, dürfen 
ihr gesamtes Erzeugnis zum niedrigeren Ab- 
gabesatze herstellen (§ 2 Abs.7 des bezeichneten 
G.). Das Kontingent darf nicht aus einem 
Betriebsjahr in das andere übernommen 
werden (eine Ausnahme für kleine Material- 
brennereien s. im § 2 Abs. 8 a. a. O.). Es 
bleibt während der Kontingentsperiode seiner 
Höhe nach unverändert, doch treten die oben- 
erwähnten Abzüge wegen Betriebswechsels schon 
mit dem nächsten Betriebsjahr ein (8 2 Abs. 5 
a. a. O.; KO. 88 31—33). 
Kontingentierung der Steuern ist diejenige 
Art der Steuerverteilung, bei der zunächst die 
aufzubringende Steuersumme festgestellt und 
dann diese nach dem Verhältnis der Bemes- 
sungsgrundlagen auf die einzelnen Pflichtigen 
verteilt wird, so daß sich die von der Steuer- 
einheit als Steuer zu entrichtende Quote erst 
durch die Division der Steuersumme durch 
die Summe der Steuereinheiten ergibt. Den 
Gegensatz zu diesem auch „Repartitionssystem“ 
genannten ist das Quotitätssystem, bei dem. 
die von der Steuereinheit zu entrichtende 
Quote festgelegt ist und sich daher umgekehrt 
die Steuersumme aus dem Produbt der Steuer- 
einheiten und der Steuerquoten ergibt, wäh- 
rend man unter „Quotisierung“ der Steuer 
gerade die Einrichtung versteht, daß die Höhe 
des zu erhebenden Steuersatzes in jeder Etats- 
periode durch das Etatsgesetz festgesteilt wird. 
Die Steuersumme kann bei der Kontingentie- 
rung ein für allemal oder für jede Beranlagung 
festgestellt werdemn; ersteres ist in Preußen der 
Fall bei der Grundsteuer, letzteres bei der 
Gewerbesteuer der Klassen II—IV, während 
Einkommensteuer, Gebäudesteuer und Ge- 
werbesteuer der Klasse 1 Quotitätssteuern sind. 
S. im übrigen die Artikel über die einzelnen 
Steuern. 
Kontingentschein. Die Einrichtung der K. 
(früher Berechtigungsscheine genannt) hängt 
mit dem Bestehen eines niedrigeren und eines 
höheren Verbrauchsabgabesatzes für Brannt- 
wein und mit der dadurch notwendig gewor- 
  
  
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denen Zuweisung eines Kontingentes an die 
Brennereien (s. Kontingentierung der 
Branntweinsteuer) zusammen. Während 
nämlich der niedriger versteuerte (50er) Brannt- 
wein in der Hauptsache für den menschlichen 
Genuß bestimmt ist, eignet sich der höher be- 
lastete (70er) Branntwein nur zur Ausfuhr 
oder gewerblichen Verwendung, weil hier Er- 
laß der Abgabe eintritt (s. Steuerfreiheit 
des Branntweins). Da nun die Brennerei-= 
besitzer naturgemäß zunächst ihr Kontingent 
abbrennen und erst nach dessen Erledigung 
70er Branntwein herstellen, so würde zuzeiten 
Uberfluß an 50er und Mangel an 70er Brannt- 
wein herrschen. Um zu bewirken, daß jeder- 
zeit beide Arten von Branntwein vorhanden 
sind, ließ der BR. bereits im Jahre 1888 zu, 
daß der Brennereibesitzer schon vor Erledigung 
des Kontingentes Branntwein zum Satze von 
70 Pf. für das Liter abfertigen, diesen aber 
auf das Kontingent in Anrechnung bringen 
lassen kann. Uber den ihm hiernach zuviel 
zur Last geschriebenen Betrag von 20 Pf. für 
das Liter erhält er einen K. Der Betrag, 
über welchen dieser lautet, Kann auf nicht ge- 
stundete, sowie (mit gewissen Einschränhungen) 
auf gestundete Branntweinsteuer aller Art 
in Zahlung gegeben werden (88 153— 160 
BrennO.; vgl. Branntweinbesteuerung H.). 
Auch ist es dem Brennereibesitzer gestattet, für 
das ganze Betriebsjahr unwiderruflich die 
Abfertigung zu 70 statt zu 50 Pf. für das 
Liter mit der Wirkung zu beantragen, daß 
der Kontingentswert des erzeugten Brannt- 
weins gegen die von ihm zu entrichtende, nicht 
gestundete Maischbottich= und Brennsteuer auf- 
gerechnet wird. Hier werden K. am Schlusse 
des Betriebsjahres und nur insoweit ausge- 
stellt, als der Kontingentswert des erzeugten 
Branntweins nicht aufgerechnet worden ist 
(BrennO. 88 153, 160 a). verlieren mit 
Ablauf eines Jahres ihre Gültigkeit; im Falle 
ihres Berlustes ist nicht ein gerichtliches Auf- 
gebotsverfahren, sondern in geeigneten Fällen 
nur Whmalige Ausfertigung zulässig (8 158 
a. a. O.). 
Kontokorrentverkehr (conto corrente —lau- 
fende Rechnung) ist dersenige Geschäftsverkehr, 
bei welchem zwischen den Parteien nicht jedes 
einzelne Geschäft durch Zahlung reguliert 
wird, sondern die sich aus den einzelnen Ge- 
schäften ergebenden Forderungen in eine fort- 
laufende Rechnung eingetragen werden, die 
Forderungen des die Rechnung Führenden als 
„Soll“, die der anderen Seite als „Haben“, 
und nur periodisch aus dem „Soll“ und 
„Haben“ das Endergebnis, „Saldo“ festgestellt 
wird; entweder erfolgt dann die Ausgleichung 
des Saldo oder nur ein Anerkenntnis des 
die einzelnen Posten und das Saldo des 
Kontokorrentbuchs nachweisenden, der Gegen- 
seite übersandten Rechnungsauszugs durch diese 
unter Fortsetung des Kontokorrentverhält- 
nisses. Der K. kann zinslos erfolgen; in der 
Regel aber werden für die Soll= und Haben- 
posten Zinsen berechnet, entweder zu einem 
festen Satze oder wechselnd jse nach dem Stande 
des Diskontosatzes. Die Zinsberechnung er- 
folgt unter Benutzung von „Zinszahlen".
	        
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