Kontraktbruch (gewerblicher).
Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, Ersatz
des nachgewiesenen Schadens und Zahlung
einer etwa vereinbarten Vertragsstrafe ver-
langen. Auf Gehilfen in Apotheken und in
Handelsgeschäften finden die Bestimmungen
der GewO. keine Anwendung (5§5 154 Abf. 1).
II. Lehrlinge. Verläßt der Lehrling un-
befugt die Lehre, so kann der Lehrherr den
Anspruch auf Rüchkehr des Lehrlings nur
geltend machen, wenn der Lehrvertrag (s. d.)
schriftlich geschlossen ist. Die Polizeibehörde
ktann, wenn der Lehrvertrag schriftlich abge-
schlossen ist, auf Antrag des Lehrherrn den
Lehrling anhalten, so lange in der Lehre zu
verbleiben, als durch gerichtliches Urteil das
Lehrverhältnis nicht für aufgelöst erklärt ist,
oder dem Lehrlinge durch einstweilige Ver-
fügung eines Gerichts gestattet ist, der Lehre
fern zu bleiben. Der Antrag ist nur zulässig,
wenn er binnen einer Woche nach dem Aus-
tritte des Lehrlings gestellt ist. Im Fall
unbegründeter Weigerung der Rückkehr hat
die Polizeibehörde den Lehrling zwangsweise
zurückführen zu lassen oder durch Androhung
von Geldstrafe bis zu 50 M. oder Haft
bis zu fünf Tagen zur Rückkehr anzuhalten
(GewO. 8§ 1274). Löst der Lehrherr in diesem
Falle das Lehrverhältnis auf, so kann er
eine Entschädigung nur verlangen, wenn der
Lehrvertrag schriftlich abgeschlossen ist (Gew O.
§ 127 f. iese ist, wenn in dem Lehrver-
trage nicht ein geringerer Betrag ausbedun-
gen ist, auf einen Betrag festzusetzen, welcher
für jeden auf den Tag des Vertragsbruchs
folgenden Tag der Lehrzeit, höchstens aber
für sechs Monate bis auf die Hälfte des
in dem Gewerbe des Lehrherrn den Ge-
sellen oder Gehilfen ortsüblich gezahlten
Lohnes sich belaufen darf. Für die Zahlung
der Entschädigung sind als Selbstschuldner
mitverhaftet der Vater des Lehrlings, sofern
er die Sorge für die Person des Lehrlings
hat, sowie derjenige Arbeitgeber, welcher den
Lehrling zum Verlassen der Lehre verleitet
oder welcher ihn in Arbeit genommen hat,
obwohl er wußte, daß der Lehrling zur Fort-
setzung eines Lehrverhältnisses noch verpflichtet
war (GewO. § 1278). Der Lehrling hat im
Falle des K. des Arbeitgebers nur Anspruch
auf Entschädigung, wenn der Lehrvertrag
schriftlich abgeschlossen ist (GewO. 8 127).
Voraussetzung ist aber weiter, daß entweder
die Höhe der Entschädigung im Vertrage fest-
gesetzt oder daß ein nachweisbarer Schaden ein-
getreten ist. Der Lehrling kann auch auf Er-
füllung des Vertrags klagen (BE#B. 88 323 ff.).
Der Anspruch auf Entschädigung erlischt so-
wohl für den Lehrherrn als auch für den
Lehrling, wenn er nicht innerhalb vier Wochen
nach Auflösung des Lehrverhältnisses im Wege
der Klage oder Einrede geltend gemacht wird.
Auf Lehrlinge in Apotheken und in Handels-
geschäften finden die Vorschriften der Gew.
keine Anwendung (8 154 Abs. 1).
III. Betriebsbeamte, Werkmeister,
Techniker. Verläßt ein Betriebsbeamter
usw. rechtswidrig die Arbeit, so stehen dem
Arbeitgeber dieselben Ansprüche wie gegen
Gehilfen, Gesellen oder Fabrikarbeitern zu
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Berwaltung.
(Berggesetz 8 86).
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(s. unter 0). Auch haftet ihm der Arbeitgeber,
der den Betriebsbeamten zum K. verleitet
oder in Dienst nimmt oder im Dienste behält,
obwohl er ihn als kontraktbrüchig kennt. Der
Arbeitgeber hat aber nicht das Recht, zur
Sicherung seiner Ansprüche einen Teil des
Lohns bei den Lohnzahlungen einzubehalten
(Gew O. 8§ 133e). Der Betriebsbeamte usw.
hat beim K. des Arbeitgebers dieselben An-
sprüche wie der Geselle.
IV. Handlungsgehilfen und Hand-
lungslehrlinge. Einem Handlungsgehilfen,
der während einer den Umständen nach er-
heblichen Zeit unbefugt seinen Dienst verläßt,
kann der Prinzipal ohne Einbehaltung einer
Kündigungsfrist kündigen. Ebenso ist der
Handlungsgehilfe ohne Einhaltung der Kün-
digungsfrist zur Kündigung berechtigt, wenn
der Prinzipal seinen Verpflichtungen nicht
nachkommt. In beiden Fällen RBann Ersatz
des durch die Aufhebung des Dienstverhält-
nisses entstehenden Schadens verlangt werden
(H9GB. 870 Abs. 2, 8§ 71, 72). Ansprüche wegen
unbefugten Austritts aus der Lehre Rann der
Lehrherr nur geltend machen, wenn der Lehr-
vertrag schriftlich abgeschlossen ist (HÖ#B. 8§ 79).
V. Arbeiter und Betriebsbeamte in
Bergwerken, Salinen, Aufbereitungs-=
anstalten und unterirdisch betriebenen
Gruben. Für die Ansprüche des Bergwerks-
besitzers und der Bergarbeiter in den Fällen
des K. sind die Vorschriften des BEB. maß-
gebend. Es hönnen auch Vertragsstrafen und
die Verwirkung rückhständiger Lohnbeträge
vereinbart werden. Jedoch darf eine Ver-
wirkung des Lohns nicht über den Betrag
des durchschnittlichen Wochenlohns hinaus
ausbedungen werden (Berggesetz § 80 Abs. 2).
Dem Bergwerksbesitzer haftet der andere
Bergwerksbesitzer für den entstandenen Scha-
den mit, der einen Bergmann zum K. ver-
leitet oder annimmt oder behält, obwohl er
weiß, daß der Bergmann kontraktbrüchig ist
Lohneinbehaltungen sind
dem Bergwerksbesitzer in demselben Umfange
wie dem Arbeitgeber gewerblicher Gehilfen (s.
unter 1l) gestattet (GewO. 88 119a Abs. 1,
154a Abs. 1). Einen Entschädigungsanspruch
ohne Rücksicht auf den entstandenen Schaden
(s. unter 1) hat weder der Bergwerksbesitzer
noch der Bergarbeiter. S. auch Bergarbeiter.
Beim K. der Betriebsbeamten regeln sich die
gegenseitigen Ansprüche nach den allgemeinen
Vorschriften des BG#B. und den Vereinbarun-
gen des Vertrags. Es besteht auch hier eine
Haftpflicht des Bergwerksbesitzers, der den
Betriebsbeamten zum 8K. verleitet oder den
kontraktbrüchigen Betriebsbeamten in Dienst
nimmt oder im Dienst behält.
VI. Streitigkeiten wegen Zahlung der
Entschädigung oder wegen Schadensersatz oder
wegen Zahlung der Vertragsstrafe oder der
verwirkten Lohnbeträge sowie über die Fort-
setzung des Arbeitsverhältnisses entscheiden in
den Fällen IlII die Gewerbegerichte (s. d.), in
den Fällen unter V die Berggewerbegerichte (s.
Gewerbegerichte VIIh, in den Fällen unter
IV die Kaufmannsgerichte (s. d.). Gehört der
Arbeitgeber einer Innung an, so ist bei Strei-
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