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Voraussetzung auch die Mutter befugt, an—
gemessene Zuchtmittel gegen das Kind an-
uwenden, also auch es körperlich zu züchtigen.
ies darf aber nicht zu Mißhandlungen oder
Körperverletzungen ausarten, anderenfalls hat
das Vormundschaftsgericht das Kind unter
Anwendung der §§ 1666, 1680 BEö. zu
schützen, auch kann Bestrafung nach 88§ 232,
223, 230 Abs. 2 SteB. eintreten. Eine all-
gemeine Ubertragung des elterlichen Rüch
tigungsrechts auf andere ist unstatthaft (R-
St. 33, 32). Ist die Anrufung der Eltern
nicht möglich, Konnte aber angenommen wer-
den, daß im Sinne der Eltern gehandelt
werde, so wird ein Dritter für befugt zu er-
achten sein, der Ungezogenheit eines Kindes
durch eine sofortige Zuetigung entgegenzu-
treten. Es wird ferner angenommen, daß auch
dann, wenn der Vater seine Pflicht, das Züch-
tigungsrecht auszuüben, vernachlässigt, in ge-
eigneten Fällen derjenige, gegen welchen oder
gegen dessen Angehörige Ungezogenheiten be-
gangen werden, in Stellvertretung des Vaters
zu der diesem obliegenden Züchtigung schreiten
kann (DJ3. 10, Sp. 752). Als Ausfluß des ihm
zustehenden Erziehungsrechts und zur Durch-
führung der Erziehung hat auch der Vormund
über sein Mündel — desgleichen ein Pfleger, dem
das Erziehungsrecht zusteht, über den Pflegebe-
fohlenen — ein Zuchtrecht und damit die Be-
fugnis zu hörperlicher Züchtigung gleich den
Eltern (BGB. 8 1800). Ebenso ist der Lehr-
ling der väterlichen Zucht des Lehrherrn unter-
worfen, und dieses Recht der väterlichen Zucht
umfaßt auch die Befugnis zur k. 3Z. selbst
gegenüber älteren Lehrlingen. Ubermäßige
und unanständige Züchtigungen, sowie jede
die Gesundheit des Lehrlings gefährdende Be-
andlung sind noch ausdrücklich verboten
Gewp. 127a). Ein Mißbrauch des Rechts
der väterlichen Zucht rechtfertigt die vorzeitige
Lösung des Lehrverhältnisses (GewO. 127b
Abs. 3 Ziff. 2), sowie die Bestrafung nach
§ 148 Ziff. 9 GewO. Dem Gesinde gegenüber
steht dem Dienstberechtigten ein Züchtigungs-
recht nicht zu (EEBG. Art. 95 Abs. 3), wo-
mit die eine k. Z. der Dienstboten im gewissen
Umfange zulassenden Bestimmungen der frühe-
ren Gesindeordnungen, so die im § 77 der
Gesindeordnung vom 8. Nov. 1810, nicht auf-
gehoben sind (Allg Bf. vom 11. Aug. 1898
— UMG. 201; vogl. Gesindeordnungen).
Uber das Recht zur k. Z. in Schulen s. Schul-
zucht. Als wirkliche Strafe (Prügelstrafe) ist
die k. Z. bereits durch den AE. vom 6. Mai
1848 (G S. 123) abgeschafft worden. Dagegen
darf sie als Disziplinarmittel in den Zucht-
häusern, ferner in den Gefängnissen der Justiz-
verwaltung gegen Personen unter 14 Jahren
(Gefängnisordnung vom 21. Dez. 1898 —
Illl Bl. 292 — § 58 Abs. 5), nicht aber mehr
in Arbeitshäusern und Besserungsanstalten (Vfl.
vom 12. April 1873 — M.Bl. 124) angewendet
werden. Vgl. auch BVagabunden.
Körperschaftsrechte s. Juristische Perso-
nen und Verleihung der Rechtsfähigkeit.
Korporationen s. Juristische Personen.
Korpszahlungsstellen, d. h. die Zahlungs-
stellen für die Ausgaben der Mitlitärverwal-
Körperschaftsrechte — Korrektionelle Nachhaft.
tung im Bereiche des Armeekorps, sind in
Preußen die Regierungshauptkassen am
Sitze der Generalkommandos, die sich ihrer-
seits zu den Zahlungen nach außerhalb der
Spezialkassen usw. bedienen (ogl. Regie-
rungshauptkassen). Das Reich erstattet
an Preußen die Dienstbezüge der zur Be-
sorgung der Geschäfte der K. bestimmten Kassen-
beamten und zahlt außerdem einen angemesse-
nen Beitrag zu den sächlichen Kosten der be-
lasteten Regierungshauptkassen.
Korrektionelle Nachhaft. Gegen die wegen
Arbeitsscheu, qualifizierter Bettelei, Land-
streichens, Obdachslosigkeit, gewerbsmäßiger
Unzucht, Zuhälterei und Trunksucht (s. diese
Artikel, sowie wegen der Zuhälter Kup-
pelei Il), sowie noch einiger anderer Uber-
tretungen mit Haft Verurteilten kann bei
ihrer Verurteilung zugleich erkannt werden,
daß sie nach verbüßter Strafe der Landes-
polizeibehörde zu überweisen seien. Hierdurch
erhält diese Behörde die Befugnis — nicht
die Pflicht, so daß namentlich bei voraussicht-
licher Erfolglosigkeit von der Alaßregel Ab-
stand genommen, ferner der Beschluß über sie
ausgesetzt werden Kann — die aus der Haft Ent-
lassenen bis zu zwei Jahren entweder in ein
Arbeitshaus unterzubringen oder zu gemein-
nützigen Arbeiten zu verwenden. Im Falle
einer Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Un-
zucht kann die Landespolizeibehörde die Be-
treffenden statt in ein Arbeitshaus in eine
Besserungs= oder Erziehungsanstalt oder in
ein Asyl unterbringen; ihre Unterbringung
in ein Arbeitshaus ist unzulässig, falls die
verurteilte Person zur Zeit der Verurteilung
das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Ist gegen einen Ausländer auf Uberweisung
an die Landespolizeibehörde erkannt, so
kann neben oder an Stelle der Unterbrin-
gung Verweisung aus dem Reichsgebiete
ohne zeitliche Beschränkung eintreten (St B.
§8 181 a, 362). Die Uberweisung an die
Landespolizeibehörde ist zwar eine durch
Zwang zur Arbeit dem Zwecke der Besse-
rung dienende Aebenstrafe (s. Strafen IV),
die auf Grund der Uberweisung angeordnete
og. k. A. oder Detention als solche hat aber
nicht die Eigenschaft einer Kriminalstrafe (Vf.
vom 18. Juli 1902 — M.hB1. 157). Ihre Dauer
innerhalb der gesetzlich zugelassenen Grenze
setzt im einzelnen Falle die Landespolizei-
behörde, in Preußen also der Regierungs-
präsident fest. Wegen der Festsetzung der k.
N. und des bei der Entlassung der Korrigen-
den zu beobachtenden Verfahrens s. Zirk. und
Anw. vom 22. Okt. 1885 (Mhl. 237) und be-
sonders noch BBeschl. vom 26. Juni 1889
(Pr BBl. 22, 586), sowie Vf. vom 14. Jan.-
1898 (JMl. 24), vom 14. März 1898 (MBl.
67), vom 6. und 26. Febr. 1904 (MBl. 60);
wegen Aussetzung der Vachhaft s. die Erl.
vom 14. Nov. 1898 und 25. Juni 1901 (MBl.
1901, 198), sowie vom 20. Aug. und 5. Sept. 1905
(Ml. 135); wegen der Vollstrechung der Vach-
haft an sugendlichen Korrigenden s. die Vf. vom
18. Mlai 1905 (M Bl. 88). Hiervon bestimmt der
BWBBeschl. vom 26. Juni 1889, dessen Inhalt ziem-
lich vollständig mit demsenigen der Anw. vom