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dem Vormundschaftsgericht ausgestelltes sog.
Armutszeugnis; vgl. Armenrecht in der
Rechtspflege III. In Disziplinarsachen auf
Entfernung aus dem Amte findet die Erhebung
eines Pauschguantums nicht statt.
Kostenpauschguantum. Nach § 106 L V.
kommt an KRosten (Gebühren) für das Ver-
waltungsstreitverfahren regelmäßig ein
Pauschguantum zur Hebung (s. Kosten II
und Kostenfreiheit 1), über dessen Berech-
nung das Zirk. und der Tarif vom 27. Febr.
1884 (M Bl. 30) sowie die Vf. und der Tarif
vom 8. Dez. 1905 (HMIBl. 338) die näheren Be-
stimmungen treffen. Danach wird das Pausch-
quantum nach dem Wertedes Streitgegenstanden
berechnet, der in dem Endurteile (LV. 8S 103),
dem Festsetzungsbeschlusse (§ 108) oder erforder-
lichenfalls in einem besonderen Beschlusse von
dem Gerichte, welches in der Sache selbst zu
entscheiden hat, festgesetzt ist und sich durch
den Kapitalswert des Streitobsekts und die
rüchständigen Autzungen, soweit sich der ur-
sprüngliche oder veränderte Antrag darauf
richtet oder die Autzungen von Amts wegen
zuerkannt werden (s. Streitgegenstand),
bei wiederkehrenden Autzungen oder Leistungen
nach dem 12½-bzw. 25 fachen Betrage des Wertes
des einjährigen Bezugs bestimmt. Das Pausch-
quantum ist beim OV. noch einmal so boch
wie sonst und stuft sich bei jenem bis zu einem
Höchstbetrage von 100 M., sonst von 40 M.
ab. Seine Sätze ermäßigen sich ähnlich wie
die der Zivilprozesse (s. KRosten II) auf die
Hälfte, wenn und soweit die Entscheidung auf
Anerkenntnis erfolgt oder die Sache durch
Vergleich oder durch Zurüchnahme der Klage,
des Antrags auf mündliche Verhandlung oder
des Rechtsmittels ihre Erledigung findet, und
erhöht sich um die Hälfte, wenn und soweit
eine Beweisaufnahme angeordnet ist und statt-
gefunden hat. Bei einem zeiner Schätzung
nach Gelde fähigen Streitobjekte wird dessen
Wert auf 50—5000 Al. angenommen. Als in
dieser Weise unschätzbar sind nur solche Streit-
objekte anzusehen, welche überhaupt keinen
vermögensrechtlichen Inhalt haben oder deren
Geldwert dermaßen unbestimmt ist, daß er sich
auch nicht durch sachverständiges Ermessen ab-
schätzen läßt. Die Verpflichtung zur Unter-
stützung eines Hilfsbedürftigen sowie die Er-
laubnis zum Betriebe eines Gewerbes, die
Entziehung der Erlaubnis oder die Unter-
sagung des Gewerbebetriebs können im all-
gemeinen für unschätzbar nicht angesehen wer-
den, vielmehr wird in diesen Fällen der Wert
des Streitgegenstandes unter Zugrundelegung
des Jahreswerts gemäß Nr. VII des Tarifs
vom 27. Febr. 1884 zu berechnen sein (vgl.
O6. 37, 335 und Pr VBl. 23, 550, sowie Af.
vom 30. Mai 1904 — MBl. 142).
Kostenüberschläge bezwechen die Ermitt-
lung des ungefähren Kostenaufwands für
A-eu= und Unterhaltungsbauten. Sie sind bei
den staatlichen Hochbauten der allgemeinen
Bauverwaltung mit den Vorentwürfen auf-
zustellen und zur Prüfung vorzulegen (Dienst-
anw. für die Lokalbaubeamten der Staats-
hochbauverwaltung vom 1. Dez. 1898 8§ 117 ff.).
Im Bereiche der Wasserbauverwaltung sind
Kostenpauschgquantum — Kraftfahrzeuge.
alljährlich über die zum regelmäßigen Betriebe
und zur gewöhnlichen Unterhaltung erforder-
lichen Summen K. anzufertigen und, sofern
es sich um Ausgaben von 30000 M. und darüber
handelt, dem Ministerium zur Kenntnisnahme
vorzulegen (Allg Bf. für die Wasserbauverwal-
tung Nr. 5 vom 13. Juli 1897, Abschn. XXII.
Kraftfahrzeuge. I. Unter K. oder Auto-
mobilen versteht man die durch elementare
Triebkraft (Dampf, Elektrizität, Explosion leicht
vergasbarer Stoffe, wie Benzin, Spiritus usw.)
bewegten, für den Verkehr auf öffentlichen
Wegen bestimmten, an Schienengeleise nicht
gebundenen Fuhrwerke. Sie stellen auf dem
Gebiete des Verkehrswesens die neueste Stufe
der technischen Entwickhlung der Verkehrs-
mittel dar. Wie das Fahrrad hat das K. sich
in den Gemeingebrauch der öffentlichen Wege
eingegliedert, abgesehen von denjenigen Typen,
die vermöge ihrer besonderen Eigenschaften,
namentlich wegen ihres hohen Eigengewichts,
wie Straßenlokomotiven (s. d.) und an-
dere Vorspannmaschinen, aus den für den Ge-
meingebrauch der öffentlichen Wege gezogenen
Grenzen herausfallen. Für die Praxis ist
ferner der Unterschied zwischen Kraftwagen
und Krafträdern von Bedeutung. Beide
sind K. im obigen Sinne, unterliegen aber
in mehrfacher Beziehung: Kennzeichnung,
Beleuchtung usw., verschiedenen Grundsätzen
vom Standpunkte der polizeilichen Behand-
lung. Die Grenze ist flüssig und unterliegt
im einzelnen Falle der tatsächlichen Feststellung.
II. Die Rechtsverhältnisse der K. sind
bisher gesetzlich nicht geregelt. Soweit ihre
Verwendung im gewöhnlichen Verkehr in Be-
tracht kommt, liegt dafür, abgesehen von den
unten erwähnten besonderen Beziehungen, ein
Grund auch nicht vor. Nachdem diese kraft
der tatsächlichen Entwicklung zu einem Teile
des Gemeingebrauchs der öffentlichen Wege
einmal geworden ist, haben die für ihn maß-
gebenden Grundsätze lediglich auf das K. An-
wendung zu finden, vorbehaltlich selbstver-
ständlich der besonderen Regelung der mit der
Eigenart des neuen Verkehrsmittels im Ver-
hältnis zum sonstigen Verkehr zusammen-
hängenden Fragen. Da jedoch diese fast durch-
weg auf Gesichtspunkten beruhen, die auch
bezüglich des gewöhnlichen Fuhrwerks her-
vortreten und für dieses bereits entweder zum
Gegenstande besonderer gesetzlicher oder poli-
zeilicher Anordnungen gemacht sind, z. B. Ge-
schwindigheit, Bezeichnung, Beleuchtung usw.,
oder anderweit eine allgemeine Regelung er-
fahren haben, wie die Verwendung von Dampf-
kesseln, Azetylen oder explosiblen Flüssigkeiten
ufw., so erwies sich für diese Seite der Sache
der Weg der Gesetzgebung nicht als zweck-
mäßig. Man hat vielmehr mit Recht die Be-
ziehungen des K. zum öffentlichen Verkehr
vorbehaltlich der gesetzlichen Regelung einzelner
besonderer Fragen, wie der Haftpflicht für
Personen= und Sachschäden und der strafrecht-
lichen Seite, in der beweglicheren Form der
Polizeiverordnung behandelt. Diese Polizei-
verordnungen mußten, um der Eigenart des
an den Verkehr in örtlich beschränkten Grenzen
nicht gebundenen, vielmehr geradezu für die