Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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der Anmeldepflicht vorsätzlich oder fahrlässiger- 
weise nicht genügen, haben alle Beiträge nach- 
zuzahlen und alle Aufwendungen, welche eine 
Gemeindekrankenversicherung oder eine Orts- 
Krankenkasse auf Grund gesetzlicher oder sta- 
tutarischer Borschrift in einem vor der An- 
meldung durch die nicht gemeldete Person ver- 
anlaßten Unterstützungsfalle gemacht hat, zu 
erstatten. Dazu gehört auch das Sterbegeld. 
Streitigkeiten über Erstattungsansprüche ent- 
scheidet nach RVG. 8§ 58 Abs. 1 die Ausfsichts- 
behörde, gegen deren Entscheidung. binnen vier 
Wochen nach der Zustellung die Rlage im or- 
dentlichent Rechtswege zulässig ist (& VG. § 50 
Abs. 2; § 52 Abs. 1). Wer die An-= und Ab- 
meldung versäumt, kann nach RVE. § 81 auch 
mit Geldstrafe bis zu 20 M. bestraft werden. 
Die Aufsichtsbehörde und der Regierungspräsi- 
dent (in Berlin der Oberpräsident) können 
nach KV. § 49 Abs. 5 für alle Gemeinde- 
krankenversicherungen und Ortskrankenkassen 
ihres Bezirks oder einzelne Teile desselben 
eine gemeinsame Meldestelle errichten. Wegen 
des Verfahrens bei der Errichtung und der 
Obliegenheiten der Meldestellen s. AusfAnw. 
z. R VB. vom 10. Juli 1892 Ziff. 55—58 (Ml. 
301). Bei Betriebs-(Fabrik-), Bau= und In- 
nungskrankenkassen bestimmt über die An- 
und Abmeldung das Statut; eine Erstattungs- 
pflicht der die Anmeldung versäumenden Ar- 
beitgeber besteht nicht, da § 50 keine Anwen- 
dung findet. Wegen der Mieldepflicht der 
Hilfskassen s. d. IV. 
VI. Beiträge, Eintrittsgelder. Die 
Beiträge zur K. entfallen bei versicherungs- 
pflichtigen Personen zu zwei Dritteln auf diese, 
zu einem Drittel auf ihre Arbeitgeber (s. d.). 
Eintrittsgelder und Zusatzbeiträge für Fami- 
lienunterstützung belasten nur die Bersicherten. 
(&8V. 8§ 51, 65 Abs. 1, § 72 Abs. 3). Bei- 
träge mit Ausnahme der Zusatzbeiträge, sowie 
die Eintrittsgelder haben die Arbeitgeber ein- 
zuzahlen, und zwar die Beiträge, sofern nicht 
ein anderes durch Gemeindebeschluß bestimmt 
ist, an die Gemeindekrankenversicherung 
wöchentlich im voraus, an die Krankenkassen zu 
den statutarisch festgesetzten Zahlungsterminen, 
das Eintrittgeld mit dem ersten fälligen Bei- 
trag. Scheidet der Versicherte aus der Be- 
schäftigung während der Zahlungsperiode aus, 
so ist der Beitrag für den entsprechenden Zeit- 
teil zurückzuerstatten (KVG. 88 52, 52b). Auf 
Antrag der Gemeindekrankenversicherung oder 
Krankenkasse kann die Aufsichtsbehörde wider- 
ruflich anordnen, daß zahlungsunfähige Arbeit- 
geber, die mit Abführung der Beiträge im 
Rüchstande geblieben sind, nur den auf sie 
selbst als Arbeitgeber entfallenden Teil der 
Beiträge, welche für die von ihnen beschäf- 
tigten versicherungspflichtigen Personen zur Ge- 
meindekrankenversicherung oder Krankenkasse 
zu entrichten sind, einzuzahlen haben. Die An- 
ordnung erstrecht sich auch auf die Einzahlung 
der Beiträge für die Invalidenversicherung 
(Inv VG. § 142 Abs. 4)0. Gegen die Anord- 
nung steht binnen zwei Wochen die Beschwerde 
an den Regierungspräsidenten (in Berlin an 
den Oberpräsidenten) offen. Diese Arbeitgeber 
haben die Anordnung durch dauernden Aus- 
  
Krankenversicherung. 
hang der von ihnen beschäftigten Personen 
bekanntzumachen und bei jeder Lohnzahlung 
darauf hinzuweisen (K. 8 52 a). Zieht der 
Arbeitgeber trotzdem die Beiträge vom Lohn 
ab, so wird er nach KVG. § 82b mit Gefängnis 
bestraft, neben dem auch Geldstrafe bis 3000 M. 
ertannt werden kann. Die Einzahlung der 
Beiträge bildet keine Voraussetzung für die 
Gewährung der Krankenunterstützung, anderer- 
seits hat die Beitragspflicht nicht zur Vor- 
aussetzung, daß im konkreten Falle tatsächlich 
Unterstützung gewährt worden ist (Rz. 56 
S. 36, 346). Die Versicherten sind verpflichtet, 
die Eintrittsgelder und Beiträge, letztere nach 
Abzug des auf den Arbeitgeber entfallenden 
Drittels, bei den Lohnzahlungen sich einbe- 
halten zu lassen. Die Abzüge für Beiträge 
sind auf die Lohnzahlungsperioden, auf welche 
sie entfallen, gleichmäßig zu verteilen. Sind 
Abzüge für eine Lohnzahlungsperiode unter- 
blieben, so dürfen sie nur noch bei der Lohn- 
zahlung für die nächstfolgende Lohnzahlungs- 
periode nachgeholt werden, sofern nicht über 
die Versicherungspflicht wegen Widerspruchs 
des Versicherten zunächst entschieden werden. 
mußte oder die Hilfskasse das Ausscheiden 
aus der Hilfskasse oder das Einrücken in 
eine niedrige Lohnklasse gar nicht oder zu spät 
gemeldet hat. Jahlungeunfähige Arbeitgeber, 
gegen die eine Anordnung wegen Einzahlung 
der Beiträge durch die Versicherten selbst noch 
nicht erlassen ist, haben den Betrag, Lohn- 
abzüge unmittelbar im Anschluß an den Ab- 
zug ohne jede Verzögerung (ogl. RSt. 29, 
265) an die Rasse abzuführen (KVS. 8 53). 
Streitigkeiten zwischen dem Arbeitgeber und 
Versicherten über die Berechnung und Anrech- 
nung des Eintrittsgeldes und der Beiträge 
werden durch die Gewerbegerichte (s. d.), 
zwischen Kaufleuten und Kandlungsgehilsen 
oder -lehrlingen durch die Kaufmannsgerichte 
(s. d.) entschieden. S. auch Freie Innungen, 
Innungsschiedsgerichte, Gemeindevor- 
steher (Mitwirkung bei Entscheidg. gew. 
Streitigk.). Im Falle der Erwerbsunfähig- 
keit werden für die Dauer der Krankenunter- 
stützung Beiträge nicht entrichtet (KVC. § 54a). 
Der Anspruch auf Beiträge und Eintrittsgelder 
verjährt in einem Jahre nach Ablauf des 
Kalenderjahres, in dem er entstanden ist. 
Rüchständige Beiträge und Eintrittsgelder 
werden durch den Gemeindevorstand im Ver- 
waltungszwangsverfahren (s. d.) beigetrieben 
(KVe. 8 55; Erl. vom 25. Febr. 1904 — HWBl. 
77); sie haben das Vorzugsrecht im Konkurse 
(s. d.). Vor Einleitung des Beitreibungsver- 
fahrens kann ein besonderes Mahnverfahren 
vorgesehen werden. Die Festsetzung der Mehr- 
gebühr bedarf der Genehmigung der Aufchte- 
behörde (& WG. § 55 Abs. 3; AusfAnw. z. 8V. 
vom 10. Juli 1892 Ziff. 11 — MBl. 301). 
VII. Verhältnis zur Unfallversiche- 
rung. Auch bei Unfällen haben die Träger 
der K. nach Ablauf der 13. Woche die Unter- 
sützung weiter zu gewähren, sie können aber 
durch Uberweisung von drei Monatsbeträgen 
der Renten — ogl. OB. vom 25. Febr. 1904 
(Pr BBl. 25, 544) — von den Trägern der 
Unfallversicherung Ersatz verlangen. Haben 
 
	        
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